Inlandsnachfrage bewegt Agrarwirtschaft
Landwirtschaft
Jahresbilanz von BVA und DVT
Der Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft (BVA) und der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) blicken optimistisch auf das politische Berlin. Julia Klöckner hatte zum Amtsantritt im Agrarressort ein klares Bekenntnis zur modernen Landwirtschaft abgegeben. Der Agrarhandel und die Futterindustrie können sich auf das Wesentliche ihrer Arbeit konzentrieren, sind aber nicht frei von Sorgen.
Das Wetter
Zur Pressekonferenz am Dienstag hatte sich Berlin in ein weißes Kleid gewandet. Schon die Aussaat der Winterkulturen war von Nässe geprägt und bis zu 30 Prozent der Fläche in Schleswig-Holstein konnte gar nicht mehr bearbeitet werden. In Niedersachsen stecken noch immer Kartoffeln in Felder, die Landwirte angesichts der unbefahrbaren Felder noch immer nicht bergen können. Norddeutschland hat keine ordentliche Winterfrucht in die Äcker gekriegt und hat bei den aktuellen frostigen Temperaturen wohl auch schon Probleme mit der Sommeraussaat. Die Nachfrage nach Sommersaatgut steigt, die Firmen werden den Bedarf aber decken können, beruhigt Arnim Rohwer vom BVA. Allerdings wird auch Saatgut mit geringerer Keimfähigkeit in den Handel gebracht werden müssen. Die entsprechenden Anträge laufen bereits. Für die Ernte 2018 rechnet der BVA mit einer „bestenfalls durchschnittlichen Getreideernte“. Dennoch bleiben die Preise niedrig. Denn die Schätzungen gehen zu Erntebeginn noch immer von vollen Lägern aus.
Die Preise
Daher erwartet der BVA keine neuen Preisimpulse für die nächsten Monate. Einzig die Mischfutterindustrie sorgt für Nachfrage und regt die Preise an. Das Exportgeschäft hingegen bleibt zurück. Während die heimischen Mühlen auf schlechtere Qualitäten mit Preisabschlägen reagieren können, setzt der Export eindeutige Qualitäten voraus. Die Erfüllung entscheidet, ob die Ware abgesetzt werden kann. Die Unternehmen versuchen zwar entsprechende Exportpartien zusammenzusetzen. Das aber gelingt nur, wenn die Landwirte sich auch von ihrer Ware trennen wollen. Oft halten sie die letzte Ernte in Erwartung steigender Preise im Lager fest.
Der Export schwächelt aber auch wegen des hohen Eurokurses und der starken Konkurrenz der Schwarzmeerländer. In der Ukraine, Russland und in Kasachstan sind die Arbeitskosten, Logistik und Umschlag wesentlich preiswerter als in Europa. Importländer bekommen Weizen bis zu 25 Euro je Tonne günstiger. Die Länder intensivieren ihre Exporte und Kasachstan baut seine Infrastruktur aus [1]. Europa und die deutschen Getreideexporteure werden mit diesen Wettbewerbern leben müssen. „Damit müssen wir umgehen“, erklärte Rohwer. Die Märkte aber aufgeben ist nicht Sache der Händler. BVA-Präsident Rainer Schuler sieht auf Grund der steigenden Weltbevölkerung weiter wachsenden Bedarf an europäischem Getreide. 180 Getreideimportländern stehen lediglich 12 Exportländer gegenüber. „Das darf nicht unbeachtet bleiben.“
Mischfuttermarkt stabil
294.000 Tonnen Melassefutter und 248.000 Tonnen sonstiges Mischfutter. Mit diesen Jahreszahlen Kennzahlen startete die Mischfutterindustrie 1918 in seine Verbandsgeschichte. Schon 1953 wurden mehr als drei Millionen Tonnen produziert und mit 24,1 Millionen Tonnen Mischfutter konnte Jens Lahde, Präsident des DVT, für 2017 ein Plus gegenüber dem Vorjahr vermelden. Im letzten Jahr hat die Futterwirtschaft 7,3 Milliarden Euro umgesetzt. Hinter dieser Entwicklung steht das konsequente Streben nach qualitativen Futtermitteln, die heute zu einer nachhaltigen und artgerechten Tierhaltung essentiell geworden sind. Erfreulich sei vor allem, dass trotz Rückgang der Milchviehbestände selbst in den Kuhställen ein Absatzplus verzeichnet werden konnte. Die Tierzahlen stehen im direkten Zusammenhang mit der Futterwirtschaft. Die pessimistischen Prognosen für 2017 sind jedoch nicht eingetroffen. Doch wie es 2018 mit erstmals weniger als 4,2 Millionen Milchkühen weitergeht? „Da sind wir gespannt“, so Lahde.
Sorgen hält auch der Schweinemarkt bereit. Bei Ausbruch der afrikanischen Schweinepest rechnet Lahde auch mit einem Einbruch beim Verkauf von Schweinefutter. Selbst wenn das Virus zuerst bei Wildschweinen auftreten wird. Die Vorsorgemaßnahmen beobachtet Lahde mit skeptischem Blick.
Anforderungen an das Tierwohl
„Nachhaltigkeit ist das Grundprinzip unserer Arbeit“, verspricht Dr. Hermann-Josef Baaken, Sprecher der DVT-Geschäftsführung. Nur die ausreichende und nachhaltige Versorgung der Nutztiere mit Futter hält sie gesund und leistungsstark. Eine Mangelernährung, selbst eine partielle mit nur einem oder weniger Nährstoffe, verstoße gegen das Tierschutzgesetz. Daher sind globale Lieferketten für die Rohstoffversorgung genauso wichtig wie die heimische Futtererzeugung mit Koppelprodukten aus der Biodiesel und Bioethanolproduktion. Mit „optiKuh“ und „inno-Pig“ werden die Zusammenhänge zwischen Futteraufnahme, Gesundheit und Stoffwechsel erforscht und in die Praxis umgesetzt. Mineralstoffe und Enzyme gehören zur Tierernährung wie das Grundfutter in den Trog.
Kritisch sieht Baaken die Alleingänge des Handels mit „frei von…“ – Produkten. Frei von Glyphosat oder frei von Gentechnik sind weder mit Landwirt und dem Agrargewerbe abgestimmt und sachlich nicht gerechtfertigt. Diese Vorstöße untergraben den gesetzlichen Weg.
Die Eiweißstrategie
Die Forderung nach heimischem Eiweißfutter ist so ein Beispiel. Der BVA sieht darin eine „unnötige Strategie“, so Schuler. Der Landwirte entscheide selbstständig und am Markt ausgerichtet über die eingesetzten Futtermittel. Für Rohwer werden die Leguminosen mit der geplanten Ackerbaustrategie und den damit verbundenen weiten Fruchtfolgen sowieso wieder den Weg auf die Äcker finden. Initiativen wie das Donau-Soja sorgen nach Baaken sogar für falsche Hoffnungen, weil das europäische Soja nicht die Probleme der so Eiweißlücke löse. Im Rahmen der Nachhaltigkeit könne GVO-freies Soja aus Europa mengen- und qualitätsmäßig nicht an den günstiger erzeugt werden als importierte Ware.
Lesestoff:
Detaillierte Wirtschaftsdaten finden Sie auf www.bv-agrar.de und www.dvtiernahrung.de
[1] Indonesien überholt Ägypten: https://herd-und-hof.de/handel-/indonesien-ueberholt-aegypten-bei-weizenimporten.html
Mehr Getreide über das Kaspische Meer: https://herd-und-hof.de/handel-/kasachstan-baut-infrastruktur-aus.html
Roland Krieg