Ist Bio auch öko?

Landwirtschaft

Bio und konventionell gehen aufeinander zu

Eigentlich gebe es keinen großen Unterschied zwischen biologischem und konventionellem Landbau. Beide Formen kennen eine Humuswirtschaft, so Rudolf Behr, Vorstandsvorsitzender des Gemüsegroßhandels Behr AG, die bei Hamburg etwa 5.000 Hektar Gemüseanbau betriebt. Davon werden rund acht Prozent biologisch produziert.
Auf der Fruit Logistica diskutierten Praktiker, Handel und Industrie über den Begriff der nachhaltigen Landwirtschaft. Für den Praktiker Behr keine Frage: „Landwirte sind von Natur aus nachhaltig!“.

Diffuser Begriff
Zwar stammt der Begriff aus der Forstwirtschaft, doch wird er heute unter sehr vielen Aspekten verwendet. Wissenschaftsjournalist Michael Miersch bezeichnet deshalb die Definition als „Wieselbegriff“. Das Massachusetts Institut for Technology habe mittlerweile mehr als 50 verschiedene Beschreibungen für das Wort „Nachhaltigkeit“ zusammengetragen. Zudem hatte jede Ära etwas anderes, was sie der Nachwelt einst hätte erhalten wollen. So ist das Walöl als Lichtspender heute aus der Mode gekommen und später habe die Kohle das Holz als Energieträger abgelöst. Heute sei es nachhaltig, Palmöl als erneuerbaren Energieträger einzustufen, doch andererseits sind die großen Plantagen in Südostasien Gift für die Biodiversität. Ist es nachhaltig, mit dem Ökoanbau die Flächennutzung auszuweiten, oder konventionell auf weniger Fläche mehr Ertrag zu ernten?
Für Michael Ceranski, Leiter der BASF Crop Protection, sind die Gegensätze zwischen biologisch und konventionell vorbei. Mit sozialen Standards haben neue Parameter Einzug in die Produktbeschreibung gefunden. Zudem sei der Anteil biologisch erzeugter Produkte in den einzelnen Warengruppen sehr unterschiedlich, was gerade den „hybriden Verbrauchern“, die beide Warenwelten in den Einkaufskorb legen, entgegenkomme. Je nach Produkt erfahre die biologische Produktionsweise eine unterschiedliche Akzeptanz.

Beides verdient sein Geld
Beide Produktionsrichtungen ernähren ihre Bauern. Vor allem Biosupermärkte haben diesen Markt dem breiten Publikum geöffnet, so Behr. Damit das aber auch so bleibe, wehrte er sich gegen eine mögliche Verwässerung der strengen Vorschriften, wie sie kürzlich englische Bauern beim britischen Ökosiegel einforderten. Sie haben Schwierigkeiten, die hohen Standards zu erfüllen. „Wo Bio drauf steht, muss auch Bio drin sein“, forderte Behr.
Allerdings scheint nur die Polarität zwischen bio und konventionell einfach kommunizierbar zu sein. Mit Tücken. Nach Miersch habe sich der „Biologismus“ zu einer Art von Religion entwickelt, die beim Verbraucher Ängste vor konventionellen Produkten schüre. Dr. Ludger Breloh vom Einkauf der Rewe, bestätigt das. Die Konsumenten nehmen als wahr an, worüber berichtet wird und was sie glauben wollen.
Neue Modelle der Nachhaltigkeit haben es daher schwer, beim Verbraucher anzukommen. Die BASF hat bei ihren Öko-Effizienzanalysen auch den Naturalertrag einbezogen und kommt auf diese Weise beim integrierten Anbau gegenüber dem Ökolandbau auf vergleichbare Umwelteffekte. Ziel der Analysen sei es, dass Konsumenten „mit gutem Gewissen einkaufen“ können – egal wo, so Ceranski.

Komplexes Nachhaltigkeitsmodell
In die Öko-Effizienzanalyse fliessen Ergebnisse der Klimaauswirkungen genauso ein wie Effekte der Landnutzungsänderung, des Tierschutzes, der Biodiversität und soziale Aspekte. Miersch hält so ein Gebilde für zu komplex, als dass es dem Verbraucher erklärt werden kann. Auch Breloh sieht Grenzen, denn für die Tausenden Produkte im Lebensmitteleinzelhandel könne nicht jeweils eine eigene Analyse erstellt werden. Aber es gebe einzelne „Hot spots“ – Produkte, die das Gesamtbild verdeutlichen könnten.

Oeko Effizienzanalyse der BASF

Wegen des geringeren Flächenverbrauchs schneidet der Apfel aus dem integrierten Landbau besser ab, als der Bioapfel. Da die ökologischen Pflanzenschutzmittel weniger wirksam sind und die Bauern öfter über das Feld fahren müssen, steigt mit dem Maschineneinsatz vor allem der Dieselverbrauch. In dem Berechnungsmodell wiegt das sogar die Ersparnis auf, die der Bioanbau aus den geringeren Energieaufwendungen für den Pflanzenschutz erzielt. Insgesamt sind Äpfel aus dem Bioanbau und dem integrierten Anbau nach Analyse der BASF durchaus vergleichbar, wenn auch die Wirtschaftlichkeit im konventionellen Anbau höher ist.
Trotz allem: Nach Einkäufer Dr. Ludger Breloh weisen Nahrungsmittel einen emotionalen Faktor auf. Und daher werde die Kaufentscheidung auch künftig vom Kunden emotional gefällt.

Roland Krieg; Foto: BASF

Zurück