Ist die Zuckerrübe zum Sorgenkind geworden?
Landwirtschaft
Die Rübe wird abhängiger von anderen Feldfrüchten

Nach den Abrechnungen der letzten Kampagne innerhalb der Zuckerquote folgten Durchhalteparolen für die Zeit danach und der erschrockene Blick auf die erste Abrechnung 2017/2018 aus der Zuckerfabrik. Die Preise lagen um die 20 Euro je Tonne Rüben bei 16 Prozent Zuckerertrag ohne Zusatzentgelt wie die Schnitzelvergütung.
Jetzt hat das Quotenende auch die Rübenbauern wie auf dem Milchmarkt erreicht, weil der Wegfall der Beschränkung erst einmal mit einem Anbauplus angegangen wurde. In der Region Südzucker wurde 2016 die Anbaufläche um 16 Prozent ausgedehnt und die ersten Prognosen 2018/2019 zeigen europaweit nur einen Rückgang der Rübenfläche um rund ein Prozent. Brüssel erwartet einen Zuckerertrag von 20,4 Millionen Tonnen. Das sind zwar 600.000 Tonnen weniger als im Vorjahr, doch steht seit dem Quotenende der EU-Zucker unter weltweitem Druck. Anfang 2017 stand der Weißzuckerkontrakt noch bei 500 Euro je Tonne, aktuell notiert er nur noch mit 280 Euro. Die Überschusssituation wird das Preisniveau wahrscheinlich bis zum Jahresende halten, heißt es zu den DLG-Feldtagen.
Es sind zudem nicht allein die Preise, die Rübenbauern derzeit Sorgen bereiten. Mit dem gerade beschlossenen Wegfall der Neonicotinoide für eine Aussaat ohne Beize im nächsten Jahr gibt es keine systemische Pflanzenschutzlösung mehr gegen Blattläuse. Landwirte und Berater fürchten die Rückkehr der Blattläuse und der Gelbverzwergungsvirosen. Neben dem Bereich der Insektizide, machen auch die Herbizide Probleme. Die Zulassungen Phenmedipham und Desmedipham (PMP und DMP) laufen am 31. Juli 2018 aus. Die Zukunft der Wirkstoffe ist nach Dr. Christoph Wedde von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen offen. Es gibt zwar Alternativen, aber für deren Wirkung dürfen die Unkräuter nicht zu groß werden, sagte er auf dem Fachforum Zuckerrübe während der DLG-Feldtage.
Derzeit wird das neue Conviso-System gefeiert. Das besteht aus einem Wirkstoff der ALS-Hemmer und einer dagegen resistenten Rübenpflanze. Es gibt aber zwei Probleme: Zum einen wird der Wirkstoff Sulfonylharnstoff auch im Getreide eingesetzt, so dass der Selektionsdruck für Unkräuter steigt, zum anderen berichtet Dr. Wedde von ersten Resistenzen des Weißen Gänsefußes gegen den Wirkstoff. Was hinterlässt das Conviso-System langfristig auf dem Feld?
Die Rübe zeichnete sich bislang durch einen hohen Unternehmergewinn pro Hektar aus. Den Leistungen der Rüben von rund 2.400 Euro je ha standen lediglich Kosten in Höhe von 1.800 Euro entgegen, berichtete Cort Brinkmann von der Ländlichen Betriebsgründungs- und Beratungsgesellschaft LBB. In der Vollkostenrechnung schlägt die Rübe mit einem Deckungsbeitrag von 618 Euro je ha Raps und Weizen, die bei etwa 250 Euro liegen. Hohe Rübenpreise machen den Anbau sogar auf von der Zuckerfabrik entfernten Standorten interessant. Als Blatt- und Hackfrucht kann die Rübe ihren Fruchtfolgevorteil auf die Folgeglieder ausspielen.
In den letzten Jahren ist der Preis für eine Tonne Rübe von 39 auf 29 Euro gefallen. Rote Zahlen gibt es nach Brinkmann erst bei Preisen von unter 26 Euro. Das ist allerdings auch vom Rübenertrag und Preis der anderen Feldfrüchte abhängig.
Der Gleichgewichtspreis zum Rapsanbau liegt bei einem Rübenertrag von 55 Tonnen Rüben/ha bei 33 Euro pro Tonne Rübe. Wer 90 Tonnen Rüben erntet, der kommt nach Brinkmann sogar mit einem Rübenpreis von 20 Euro aus.
Angesichts der niedrigen Preise für Getreide und kaum Aussicht auf Besserung, behält die Rübe noch ihre Anbauvorzüglichkeiten. Brinkmann empfiehlt, die Rübe aber auch bei nur geringem Gewinn anzubauen, damit die Fabrik ihre Zuckerproduktion fortführen kann. Denn, so der Berater: Wenn die Zuckerfabrik dicht macht, ist die Rübenproduktion in der Region zu Ende.
Roland Krieg