... Jägersorgen

Landwirtschaft

Jagd und Landwirtschaft

Trotz aller Freuden an der Jägerei, ist vielen Jägern der Aufenthalt auf dem Hochsitz mittlerweile vergällt: Klagen gegen Jagdgenossenschaften, Wildschweindichten und Wölfe.

Jagdgenossenschaften
Nicht jeder weiß es. Doch wer Grundeigentum hat, hat auch darauf Jagdrecht. Zusammengefasste Flächen von mindestens 150 Hektar sind dann die Grundlage einer Jagdgenossenschaft. Solange das Grundeigentum bestehen bleibt, solange ist der Eigentümer auch Jagdgenosse. In Deutschland sind es rund vier Millionen Grundeigentümer die in 40.000 Jagdgenossenschaften mit allen Rechten und Pflichten vereint sind. Derzeit allerdings wehrt sich ein Jagdgenosse bei Gericht. Die Ausübung der Jagd entspreche nicht seinem Naturverständnis. Und wenn, so Andreas Leppmann, Geschäftsführer des Deutschen Jagdschutz-Verbandes in Berlin vor Agrarjournalisten, dem Jagdgenossen Recht gegeben wird, dann werden sich die Jäger von der flächendeckenden Bejagung verabschieden müssen.
Würden Flächen aus der Bejagung herausgenommen, dann entstehen Rückzugsflächen für das Wild, die dort vermehrt Wald- und Flurschäden anrichten und Tierseuchen, wie die Schweinepest in Nutztierbestände, übertragen können.

Das Wildschwein
1937 gab es in der Jagdgau Kurmark rund 16 Wildschweinsauen auf 10.000 Hektar. Das Bundesland Brandenburg, das rund ein Drittel kleiner ist und auf gleichem geographischen Grund liegt, weist 288 Sauen auf 10.000 Hektar auf. Das wilde Schwein ist zur Plage geworden obwohl die Jagdstrecken jedes Jahr größer werden. Nach Leppmann führen viele Gründe zur Ausbreitung des Tieres: Die Agrarlandschaft hat sich geändert und bietet mit Feldfrüchten wie dem Mais ein ausgezeichnetes Futterangebot. Der Klimawandel hat die Winter milder werden lassen. Strenge Winter, so Leppmann, schlagen sich sofort in einer Populationsdegression nieder.
Trotzdem ist die Ausdehnung des Wildschweins, das die beiden aktuellen Karten des bayrischen Landwirtschaftsministerium zeigen imposant.

Zusammen mit den Landwirten arbeiten die Jäger jedoch an Lösungen. Jede 500 kW-Biogasanlage erfordert eine Fläche von 250 Hektar Mais, der vor allem im August den Tieren so richtig schmeckt. Ist die Sau jedoch einmal im Mais verschwunden, dann hat der Jäger keine Chance mehr sie aufzuspüren. Aus der Eifel allerdings kommt ein Pilotprojekt, das mittlerweile auch vom Bundeslandwirtschaftsministerium finanziert wird. In das Maisfeld wird eine zweite Frucht im breiten Band gesät. Wie breit entscheidet der Betrieb anhand der technischen Arbeitsbreite seiner Geräte. Angefangen haben die Bauern mit der Einsaat von Braugerste. Mittlerweile wird auch schon Futterroggen verwendet, der den Bauern ein zusätzliches Einkommen und einen Ersatz für den fehlenden Mais bietet. Ziel dieser Bepflanzung ist das frühere Abreifen. Wenn dann die Sau die Schneisen in den Mais überqueren will, hat der Jäger vom Hochsitz auch wieder eine Chance anzulegen. Nach Andreas Leppmann ist die Zahl der Abschüsse durch die Bejagungsschneisen nach oben gegangen, und die zweite Feldfrucht bringt Struktur in die Landschaft und sichert die Biodiversität. Außerdem gibt es im Mais weniger Schäden.
Allerdings müssen noch bürokratische Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Zwischen 15 und 20 Hektar groß sind die Bejagungsschneisen, die nach EU-Vorgaben Metergenau verzeichnet und angegeben werden müssen – sonst droht ein Abzug bei der Betriebsprämie. Der Aufwand sei nicht zu leisten.
Bezogen auf Berlin haben die Jäger den Kampf wohl verloren. Innerhalb des Stadtgebietes gibt es mittlerweile rund 10.000 Wildschweine, die sich ohne weitere Zuwanderung vermehren. Die Berliner allerdings sehen das Tier bereits als Haustier an und füttern es sogar noch durch den Winter. Mögliche Strafen in Höhe von 5.000 Euro wegen Missachtung des Fütterungsverbotes hat die Stadt aber noch nie ausgesprochen. So wühlen sie in Berlin und im Verdichtungsraum Brandenburg weiter die Vorgärten durch.

Mitjäger Wolf
Letztlich bekommen die Jäger auch noch Konkurrenz. Andreas Leppmann stellt klar, dass der Wolf als Mitjäger akzeptiert werde, wenn er natürlicherweise in seine Heimat zurückkehrt. Allerdings soll er nicht aktiv ausgesetzt werden. Für die Jäger sind Managementpläne, Problemwölfe und Nutztierrisse immer noch offene Themen. Ökonomisch gesehen hat der Jäger, der in seinem Revier Muffelwild als Geschäftsbasis anbieten konnte, seine Jagdbasis verloren, wenn der Wolf, wie in der Oberlausitz, den Muffelwildbestand erloschen hat.

Lesestoff:
Den DJV finden Sie unter www.jagd-online.de
Der erste Teil auf Herd-und-Hof.de beschäftigte sich mit den Jagdgenüssen
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer finden Sie unter www.bagje.de
Im Sommer hat ein Gutachten zu Wildschäden für Konfliktstoff und dem „Wald-Wild-Konflikt“ geführt. Zu Herd-und-Hof.de sagte Andreas Leppmann, dass seit dem mit allen Beteiligten Kontakt hergestellt wurde und Termine für weitere Gespräche vorliegen.
Wolfstagung in Berlin

Roland Krieg; Grafik. StMELF; Foto: Sommerweizenschneise im Mais (aus: Landesjagdverband Brandenburg: „Schwarzwild in Brandenburg. Analysen, Perspektiven, Lösungen“; Mai 2010)

Zurück