Jahresrückblick der Pflanzenzüchter
Landwirtschaft
Mendel, Forschung und Ausbildung
Mendeljahr
Die Erbsenpatenschaft der Gregor Mendel Stiftung für die „Kleine Rheinländerin“ in den Botanischen Gärten der Universität Bonn markierte bereits im Oktober 2015 den Auftakt des Mendeljahres.
Ein Fotowettbewerb mit Prämierung auf der Internationalen Grünen Woche im Januar in Berlin machte deutlich, wie Pflanzenzüchtung von den Menschen wahrgenommen wird. Es sind vielfältige Bilder entstanden, die von einer hochkarätigen Jury bewertet wurden. Dazu passend wurde ein Film über Gregor Mendel und die Auswirkungen seiner Entdeckungen für die Ernährungssicherung vorgestellt (www.youtube.com/watch?v=KqHJZtORUcs).
Auf den DLG-Feldtagen im Juni in Haßfurt erklärten der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), die Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. (GFPi) und der Gemeinschaftsfonds Saatgetreide (GFS) in einem aufwändig angelegten Leguminosen-Schauversuch nicht nur die Mendelschen Regeln, sondern auch das Verständnis von biologischer Vielfalt und deren Bedeutung für die Züchtung. Ein Kurzfilm zu Mendels Geburtstag im Juli erläutert die Mendelschen Regeln als Grundlage der Pflanzenzüchtung (www.youtube.com/watch?v=3SVIKhZikZA).
Höhepunkt des Mendeljahres war der Festakt am 10. November 2016 in Berlin. Die Gregor Mendel Stiftung verlieh den Sonderpreis Gregor Mendel an die WissenschaftsScheune des Max Planck Institutes für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln. BDP, GFPi und Gregor Mendel Stiftung würdigten mit 250 Gästen den akribischen Forscherdrang Mendels (Film zum Festakt: www.youtube.com/watch?v=kJ9crTHHZX4) .
Europäische Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung der Pflanzenzüchtung
Die europaweite Studie „The economic, social and environmental value of plant breeding in the European Union“ (Bedeutung der europäischen Pflanzenzüchtung für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt) der European Technology Plattform „Plants for the Future“ (Plant ETP) wurde im März vorgestellt. Sie liefert quantitative und qualitative Ergebnisse, die die Leistung der Pflanzenzüchtung über die letzten 15 Jahre genauer beleuchten. So macht der Anteil der Pflanzenzüchtung an der Produktivitätssteigerung in diesem Zeitraum insgesamt – für alle größeren, in der EU angebauten Fruchtarten – 74Prozent aus. http://bit.do/plantetp-HFFAResearch
Schutz von und Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen
Die Pflanzenzüchter in Deutschland unterstützen das Ziel des Nagoya-Protokolls, pflanzengenetische Ressourcen zu schützen und einen gerechten Vorteilsausgleich für die Nutzung dieser Güter zu schaffen. Ende August hat die Europäische Kommission ihren Leitfaden zum Anwendungsbereich der EU-Verordnung 511/14 (EU-VO) zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls veröffentlicht. Der BDP sieht die Einbeziehung von Verbrauchsgütern in das Anwendungsspektrum als kritisch an. Eine genetische Ressource, wie beispielsweise die Konsumware Orange, würde, wenn sie für Forschung und Entwicklung verwendet wird, in diesen Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Der Nutzer müsste sich also nach einschlägiger Gesetzgebung im Herkunftsland erkundigen und ggf. die Genehmigung des Herkunftslandes einholen. Pflanzenzüchtung lebt von der Schaffung immer neuer Kombinationen genetischer Bausteine, um die jeweils besten Eigenschaften von Pflanzen miteinander zu verbinden. Züchter müssen deshalb weiterhin auf den Vorleistungen anderer Züchter aufbauen können und Zugang zu genetischer Vielfalt in Form neuer Sorten und pflanzengenetischen Ressourcen haben (sog. Züchtungsausnahme). Das bedeutet, dass die Rechte eines Geberstaates mit dem Inverkehrbringen des neuen Produktes enden sollten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Züchtungsausnahme wie sie im UPOV-Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen niedergelegt ist, nicht ausgehöhlt wird. Daher müssen kommerzielle Sorten vom Anwendungsbereich der EU-Verordnung ausgenommen werden. Positiv bewertet der BDP die Klarstellungen zum Vorrang vor den Regelungen des Nagoya-Protokolls des Internationalen Saatgutvertrages (International Treaty) der Welternährnungsorganisation FAO.
Schutz geistigen Eigentums
Produkte aus im Wesentlichen biologischen Verfahren dürfen nicht patentierbar sein.
Die Entscheidung vom März 2015 der großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes, sowohl Patente auf konventionelle Züchtungsmethoden als auch auf die daraus resultierenden Produkte zu erlauben, bringt den Schutz des geistigen Eigentums der Pflanzenzüchter in ein großes Ungleichgewicht. Der BDP fordert, dass nicht nur konventionelle Verfahren, sondern auch daraus erzeugte Produkte nicht patentierfähig sein dürfen.
Die Europäische Kommission hat im November eine langerwartete Klarstellung zur Auslegung der Biopatentrichtlinie veröffentlicht. Nach dieser Auslegung sollen Produkte aus im Wesentlichen biologischen Verfahren von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden. Diese Klarstellung hat allerdings keine rechtliche Bindungswirkung. Dafür muss wiederum das Europäische Patentamt (EPA) die Auffassung der EU-Kommission in seine Entscheidungspraxis übernehmen. Der BDP ist der Auffassung, dass Produkte nur dann patentiert werden dürfen, wenn sie Folge eines technischen Prozesses sind.
EuGH-Urteil: Pflicht zur Zahlung von Nachbaugebühren entsteht mit der Aussaat
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits im letzten Jahr eine Grundsatzentscheidung zur Nachbauregelung getroffen und Klarheit geschaffen, unter welchen Voraussetzungen die Nachbauentschädigung zu begleichen ist. Mit dem sogenannten „Vogel-Urteil“ sind nachbauende Landwirte dazu verpflichtet, die Nachbaugebühr bis zum auf die Aussaat folgenden 30. Juni zu zahlen. Andernfalls begehen sie eine Sortenschutzverletzung mit entsprechenden rechtlichen Folgen. Der BDP setzt sich seit Jahren für eine für Landwirte und Züchter faire Nachbauregelung ein, um Züchtungsfortschritt im Sinne einer erfolgreichen Landwirtschaft zu ermöglichen. Kostspielige und zeitintensive Entwicklungsaktivitäten der Züchter dienen der optimalen und kontinuierlichen Verfügbarkeit von an den Standort des Landwirts angepassten Sorten.
Neue Züchtungsmethoden
Die Bewertung technischer Weiterentwicklung in der Pflanzenzüchtung durch die EU-Kommission steht weiter aus. Die seit Jahren erwartete Einordnung der neuen Züchtungsmethoden lähmt den für die Landwirtschaft und letztlich die Gesellschaft notwendigen Fortschritt. Der BDP plädiert dafür, dass die Mehrzahl der zur Diskussion stehenden Methoden nicht unter das Gentechnikgesetz fallen sollte. Eine Pflanze sollte dann nicht als gentechnisch veränderter Organismus eingestuft werden, wenn sie ausschließlich genetisches Material von kreuzbaren Arten enthält (also auch durch Kreuzen oder auf natürlichem Wege hätte entstehen können) oder durch Mutagenese entstanden ist. Hingegen fallen Methoden, die zu Pflanzen führen, die nachweisbar auch genetisches Material aus nicht miteinander kreuzbaren Organismen enthalten und keine Weiterentwicklung bestehender Mutationsverfahren darstellen, klar in den Geltungsbereich des Gentechnikrechts und müssten nach dessen Vorgaben genehmigt und reguliert werden. Der BDP setzt sich weiter dafür ein, dass die EU-Kommission Rechtssicherheit auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten und verhältnismäßige politische Ableitungen schafft, um Handlungsfähigkeit für Züchtungsunternehmen herzustellen.
Forschungsförderung
Die Bundesregierung weist der Branche Pflanzenzüchtung eine Schlüsselrolle zur Bewältigung der globalen Herausforderungen wie Welternährung, Ressourcenknappheit und Klimawandel zu. Aus diesem Grund haben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für Bildung und Forschung gemeinsame Förderinitiativen zur Züchtungsforschung an Kulturpflanzen veröffentlicht. Die hieraus resultierenden Forschungsprojekte ermöglichen eine Verbesserung von Pflanzensorten im Hinblick auf Ernteerträge, auf Anpassung an biotische und abiotische Schadfaktoren sowie auf Nährstoffeffizienz. Der BDP setzt sich gemeinsam mit der GFPi für langfristige Förderkonzepte ein, da zukünftige notwendige Anpassungsprozesse stets neue Herausforderungen an Züchtungsforschung und Pflanzenzüchtung stellen. Mit obengenannten Forschungsschwerpunkten konnten in 2016 insgesamt 10 neue Projekte in der GFPi gestartet werden.
Berufliche Weiterbildung
Jeder Berufszweig ist so gut wie sein Nachwuchs. Gerade die Pflanzenzüchter sind auf engagiertes und qualifiziertes Fachpersonal angewiesen. 2016 hat der BDP auf zahlreichen Hochschulmessen das attraktive Berufsfeld der Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion vorgestellt Der BDP setzt sich seit 2013 neben der Berufsausbildung zum/zur Pflanzentechnologen/in auch für die Schaffung geeigneter Weiterbildungsangebote mit entsprechender Karriereleiter und Verdienstmöglichkeiten ein. Beispielsweise die Weiterqualifikation zur „Pflanzentechnologie Meisterin / zum Pflanzentechnologie Meister“. Sie soll Fachkräften der Branche, mit mehrjähriger praktischer Berufserfahrung in einem der relevanten Berufe, offenstehen.
Ulrike Amorosu-Eickhorn (BDP)