Janusz Wojciechowski neuer EU-Agrarkommissar

Landwirtschaft

VDL: Grüner Deal wird in Brüssel Markenzeichen

Ursula von der Leyen (VDL) hat von der Agrarbranche die Kritik einstecken müssen, in ihrer Bewerbungsrede zur Kommissionspräsidentin, die Landwirtschaft nicht erwähnt zu haben. Sie war aber nicht die einzige, wie der noch amtierende EU-Agrarkommissar Phil Hogan sie vor dem Agrarausschuss verteidigte. Tatsächlich hat sie dem Bereich ein anderes Dach gegeben, was Fridays for Future und die Wählerstimmen gewinnenden Grünen in Deutschland ebenfalls meinen: Das Dach heißt Klimapolitik.

Grüne Kommissare

Mit der Vorstellung der designierten EU-Kommissare hat VDL dem Dach Gesichter verliehen: „Ich möchte, dass der Grüne Deal Europas Markenzeichen wird.“ Da schwingt vor den UN-Gipfeln Ende September zu den Klimaverträgen und der Agenda 2030 auch internationale Verantwortung mit. Die vorgestellten Kommissare werden in den Fachausschüssen des Europaparlamentes ihre Bewerbungsrede halten und Fragen beantworten müssen. Erst nach förmlicher Zustimmung sind die Kandidaten als EU-Kommissare wirklich ernannt.

Phil Hogan soll wie gewünscht den Handel übernehmen. Sein Nachfolger wird der Pole Janusz Wojciechowski. Der 1977 an der Universität in Lodz absolvierte Jurist kam 1993 in den polnischen Sejm und verdiente sich zwischen 1994 und 1995 politische Sporen als Staatssekretär im Außenministerium. 2004 wechselte er in das Europaparlament und gehört seit 2014 dem Europäischen Rechnungshof an. Dort hat er manchen Bericht über die Rügen der europäischen Agrarpolitik mit verantwortet.

Janusz Wojciechowski

VDL erwartet von ihrem Kandidaten die Ausbalancierung der großen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung und geopolitischen Veränderungen. Sie will das für den Agrarbereich herausfordernde neue System einfordern, neue Verordnungen nur zu erlassen, wenn die gleiche Anzahl an alten Verordnungen verschwindet. Die Agrarpolitik solle näher an die Landwirte heranrücken.

Wojciechowski soll eng mit den Mitgliedsstaaten bei den nationalen Strategien zusammen arbeiten. Der Ansatz „Vom Acker bis zum Teller“ soll nachhaltig umgebaut werden, wobei der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger reduziert werden müssen. Der neue Agrar-Kommissar soll neue Anreize für mehr geschützte Regionalwaren aufstellen und langfristige Perspektiven für den ländlichen Raum entwickeln. Bei Verhandlungen mit Drittstaaten müsse die EU ihre hohen Umwelt-, Tierwohl-, und Klimastandards umsetzen. VDL setzt auf drei starke Vizepräsidenten. Margrethe Vestager aus Dänemark wird Digitalisierung und Wettbewerb koordinieren, Valdis Dombrowski aus Lettland die Wirtschaft. Wojciechowski wird eng mit dem Vizepräsidenten Frans Timmermanns aus den Niederlanden am Grünen Dach werkeln.

Grüße von den Visegrad-Staaten

Janusz Wojciechowski ist in erster Linie Agrarkommissar für alle 27 EU-Länder. Sein Herkunftsland Polen gehört aber zu den vier eigentlichen Visegrad-Staaten an, die sich einst besonders auf den EU-Beitritt vorbereitet haben und mittlerweile mit Rumänien und Bulgarien die osteuropäische Interessen vertreten. Der Rumäne Dacian Ciolos hat die Balance einhalten können, die Wojciechowski jetzt vor sich hat.

Was die osteuropäischen Staaten im Agrarbereich vorhaben, haben die Landwirtschaftsminister der drei baltischen Staaten mit Polen Anfang September in Warschau besprochen. Der lettische Landwirtschaftsminister Kaspars Gerhard fordert, nicht neu, höhere Direktzahlungen für das Baltikum. Neue Anforderungen an die Landwirtschaft bräuchten neues und vor allem im Osten der EU mehr Geld. In Polen, dem Baltikum und Rumänien sowie Bulgarien sind die Betriebe überwiegend klein. Dort stehen die Stärkung der Kleinbauern, Hilfen für Vermarktung und Entwicklung neuer Produkte im Vordergrund. Wojciechowski wird sich dem Regionalansatz nicht verschließen können.

In einer gemeinsamen Erklärung in Warschau haben sich die Agrarminister gegen eine Kürzung des Agraretats und für Hilfen bei einem No-Deal-Brexit ausgesprochen.

Hohe Erwartungen

Die Vereinigung der europäischen Bauern- und Genossenschaftsverbände Copa Cogeca verweist in einer ersten Stellungnahme auf die Agrarkenntnisse von Janusz Wojciechowski. Er kenne sich auch bei den EU-Institutionen aus. Das sollte ihm nach CC-Generalsekretär Pekka Pesonen helfen, der Krise in der Landwirtschaft aus fehlender Hofnachfolge, niedrigem Farmeinkommen, Marktvolatilität, Handel und Klimawandel zu begegnen.

Roland Krieg

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