Kabinettsbeschluss Tierhaltungskennzeichen

Landwirtschaft

Der erste Schritt ist gemacht

Wer einen Weg zurücklegen will, der muss einen ersten Schritt machen. Den hat am Mittwoch das Bundeskabinett beim Tierhaltungskennzeichen gemacht. Die Regierung folgt dem Papier des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft – auch mit allen Lücken, die in den vergangenen Wochen allseitig kritisiert wurden.

Nach dem Kabinett sagte Minister Cem Özdemir: „Es ist ein guter Tag für Verbraucher und Landwirte. Die 1. Etappe wurde erreicht.“ So eine Kennzeichnung war lange im Gespräch, wurde aber, so Özdemir, bislang nie eingelöst. Neben der Bedeutung des ersten Schrittes wartet das Ministerium jetzt auf die Notifizierung aus Brüssel, bevor die Arbeit weitergeht und auch verarbeitete Schweineprodukte und Fleisch von anderen Tierarten zertifiziert wird. Das ist leichter als die Antwort für die die Finanzierung zu finden, denn nach dem Aus der FDP in Niedersachsen, und damit mit der Idee eines Tierwohlfonds, bleibt offen, welche Konsequenzen die Bundes-FDP ziehen wird. Sie hat bislang die entscheidende Frage nach der Finanzierung in der Regierungskoalition blockiert.

So steht auch der erste Schritt auf dem langen Weg zur Haltungskennzeichnung im Schlaglicht der Kritiker. Die Begrenzung auf Frischfleisch vom Schwein und fehlender Einbeziehung von Transport und Schlachtung sind nach Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, mehr ein „Etikettenschwindel“.

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) kritisiert den Wettbewerbsnachteil, weil die Kennzeichnung nur für deutsche Erzeuger gilt und die Wertschöpfungskette außer Acht lasse. Zumal gebe es mit der Brancheninitiative Tierwohl (ITW) ein funktionierendes Modell.

Bauernpräsident Joachim Rukwied ergänzt: „Beispielsweise ist die Sauenhaltung nicht berücksichtigt. So können betäubungslos kastrierte Ferkel weiter aus dem Ausland in den heimischen Markt importiert werden und würden dennoch das Tierwohllabel erhalten. Zudem droht durch dieses Gesetz noch mehr unnütze Bürokratie für unsere Betriebe, weil weder ein Anschluss an vorhandene amtliche Meldesysteme noch an private Qualitätssicherungssysteme hergestellt werden soll.“

Voller Optimismus zeigt sich Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen): „Die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung ist der Grundstein für mehr Tierschutz, fairen Wettbewerb für Tierhalter und Transparenz für Verbraucher. Wir freuen uns, dass der Gesetzentwurf vom Kabinett nun endlich verabschiedet wurde. Diese verpflichtende Kennzeichnung ist ein starker Anfang und wird perspektivisch vollständige Transparenz bei den tierischen Erzeugnissen bieten. Es ist Teil eines Puzzles bis hin zu einer Novelle des Tierschutzgesetzes, einer Herkunftskennzeichnung und einer Neuausrichtung der Gemeinschaftsverpflegung.“

Der geschäftsführende Vorstand vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Peter Röhrig, teilt den Optimismus und hebt weiter hervor, dass Bio eine eigene Haltungsform bekommen hat. „Denn Bio ist der höchste europäisch geregelte gesetzliche Standard für artgerechte Tierhaltung und wird von 10.000en Bäuerinnen und Bauern mit innovativen Ställen, viel Auslauf und Bio-Futter praktiziert.“

Die CDU/CSU-Union wirft Özdemir Sturheit vor, denn der Gesetzentwurf wurde „in der Verbändeanhörung durch die Bank verrissen - von den Landwirten über die Schlachtunternehmen bis hin zu den Tierschutzorganisationen. Das sollte Minister Özdemir Anlass genug sein für eine grundlegende Überarbeitung.“

Carina Konrad von der FDP will an dem im Kabinett genehmigten „Grundstein“ im parlamentarischen Verfahren weiter arbeiten. Das staatliche label müsse sich an den vorhandenen Labeln im Handel orientieren: „Diese im Entwurf noch nicht entsprechend berücksichtigten Anforderungen wird die Koalition nun im parlamentarischen Verfahren umsetzen. Die vom Kabinett beschlossene erste Diskussionsgrundlage dient dazu, schnell das weitere Beratungsverfahren einzuleiten.“ Die FDP-Agrarpolitikerin setzt weiterhin auf eine marktwirtschaftliche Weiterentwicklung“ des Kennzeichens. Sie mahnt die notwendigen Änderungen im Baurecht und Immissionsschutz an, damit Freiluftställe auch gebaut werden dürfen.

Cem Özdemir schaut schon weiter in die Zukunft und berichtete von einem Gespräch mit EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides über die Herkunftskennzeichnung. Die soll von der EU im nächsten Jahr kommen und den Verbrauchern Orientierung über die Herkunft des Fleisches geben.

Roland Krieg

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