Kautschuk vom Gummibaum oder aus dem Löwenzahn?

Landwirtschaft

JKI-Datenbank zu Kautschuk aus dem Russischen Löwenzahn

Kautschukfilamente einer Wurzel des Russischen Löwenzahns

Seit 2012 ist das Julius Kühn-Institut (JKI) federführend in die Anbauforschung zum Russischen Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) involviert. Anfang Oktober startete nun das Projekt „DandelionDataBase“. Ziel ist es, eine Datenbank zu entwickeln, die auch komplexe Fragestellungen zum Anbau der Kautschuk-Alternative beantworten kann.

„Es geht darum, all die Daten, die wir innerhalb und auch abseits unserer wissenschaftlichen Fragestellung über die Jahre und Standorte hinweg erhoben haben, zusammen mit der JKI-Datenverarbeitung in einer Datenbank zusammenzuführen und damit einen Mehrwert vor allem im Hinblick auf praktische Anbaufragen zu erhalten“, erklärt Katja Thiele, die am JKI-Fachinstitut für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen die agronomisch ausgerichteten Taraxacum-Projekte betreut. „Wir könnten zum Beispiel aufgrund der dokumentierten Niederschlagsmenge, Sonnenstunden und Bodenbeschaffenheit der vergangenen Praxisanbauten und Feldversuche auch Aussagen über den Einfluss der Niederschlagsmenge auf die Ertragseigenschaften des Löwenzahns treffen, ohne diesen Zusammenhang explizit untersucht zu haben. Daher kann die Datenbank ein wichtiges Werkzeug darstellen, um den Anbau des Löwenzahns zu verstetigen und ihn als Kulturpflanze zu etablieren.“

Hintergrund der Forschung zum Russischen Löwenzahn ist die Suche nach Alternativen zur herkömmlichen Kautschukgewinnung, die auch auf heimischen Feldern umgesetzt werden können. Derzeit wird Naturkautschuk vor allem aus Kautschukbäumen gewonnen, die die Substanz absondern, wenn sie angeritzt werden. „Im Gegensatz zum Gummibaum kommt Russischer Löwenzahn hervorragend mit den Bedingungen unseres gemäßigten Klimas zurecht, enthält dabei nennenswerte Mengen Kautschuk in seinem Milchsaft, benötigt keine zusätzliche Düngung und ist nach der Aussaat innerhalb eines Jahres erntefähig“, zählt Katja Thiele die Vorteile des Löwenzahns auf. So könne der börsennotierte Rohstoff umweltfreundlicher produziert und unabhängiger vom internationalen Handel genutzt werden.

Noch reicht die Menge des im Löwenzahn enthaltenen Kautschuks jedoch nicht für eine wettbewerbsfähige Produktion aus. Aus diesem Grund sucht Helge Flüß am Institut für Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen des JKI in Groß Lüsewitz nach molekularen Markern. Diese sollen in Kombination mit günstigen Eigenschaften des Ertrags, wie erhöhter Biomasse und Kautschukgehalt, auftreten und als Werkzeuge für die Züchtung neuer Linien dienen. Die eigentliche Züchtung des Russischen Löwenzahns wird in enger Kooperation mit dem auf Sonderkulturen spezialisierten Züchtungsunternehmen ESKUSA GmbH durchgeführt.

Neben dem durch die Continental Reifen Deutschland GmbH geförderten Projekt „DandelionDataBase“ und der Identifizierung von Selektionsmarker in „TAKOWIND III“ läuft am JKI aktuell das Löwenzahn-Projekt „RUBIN 2“, welches zusammen mit dem Fraunhofer Institut einen Schwerpunkt auf die Entwicklung eines Unkrautmanagements in Taraxacum-Beständen legt.

Kautschuk – Gummibaum oder Löwenzahn?

Kautschuk wird derzeit überwiegend aus Gummibaumplantagen in Südostasien gewonnen, nachdem eine Pilzkrankheit den Anbau der Bäume in Südamerika erschwerte. Sieben bis zehn Jahre vergehen, bis der Kautschuk nach dem Anlegen einer Plantage das erste Mal geerntet werden kann. Nach 20 Jahren wird die Gewinnung bereits wiedereingestellt. Der Milchsaft des Kautschukbaums, der sogenannte Latex, enthält 25-30 Prozent reinen Kautschuk. Dieser wird unter anderem zur Herstellung von Reifen, aber auch Matratzen oder Schuhsohlen benötigt.

Dem ökonomischen Potenzial des Russischen Löwenzahns widmen sich die Forschungspartner Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME und die Continental Reifen Deutschland GmbH mit ihrer Ausgründung TaraxaGum-Lab in Anklam. Gemeinsam forschen sie an der Marktfähigkeit des Löwenzahn-Kautschuks, suchen landwirtschaftliche Partner für den Vertragsanbau und initiierten die erste serienmäßige Herstellung eines Taraxacum-Fahrradreifens. Das Engagement führte im September 2021 zur Nominierung des Projektes „Nachhaltige Reifen durch Löwenzahn – Innovationen aus Biologie, Technik und Landwirtschaft“ für den Deutschen Zukunftspreis. Im November 2021 wird der Gewinner des Preises verkündigt.

Gesa Leefken (JKI); Foto: Flüß/JKI

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