Kaviar für Dieselmotoren

Landwirtschaft

Jeder fordert Signale zur Realisierung der BtL-Technik

Der von Dr. Wolfgang Steiger von Wolfswagen als „Kaviar für Dieselmotoren“, bezeichnete BtL-Kraftstoff hat es von Beginn an schwer. Ohne Steuern liegt der Preis für herkömmliches Benzin bei etwa 31 Cent. Der Pflanzenöltreibstoff liegt bei 65 bis 70 Cent je Liter, aber der Preis für einen Liter BtL würde bei einem Euro liegen. So sieht Dr. Helmut Born vom Deutschen Bauernverband auf der Podiumsdiskussion der Berliner BtL-Tagung die Notwendigkeit gegeben, diese Technologie mit beispielsweise einem Beimischungszwang zu fördern. Bis dieser Kraftstoff wettbewerbsfähig ist, brauche man eine Anschubfinanzierung. Bis Ende 2015 bleibt BtL zwar steuerbefreit, was aber der Automobilindustrie nicht ausreicht. Dr. Hans-Otto Herrmann von DaimlerChrysler sieht die Anlagen bei Investitionsvolumen von bis zu 400 Millionen Euro in dieser Zeit nicht amortisiert.
Hilfreich könnte eine neue Besteuerung sein, die sich an dem CO2-Ausstoss orientiert: Vorteil BtL, assistiert Dr. Wolfgang Steiger. Allerdings sind das ordnungspolitische Maßnahmen, die bei Dr. Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer der Mineralölwirtschaft, auf Widerstand stoßen. Solche Gesetzgebungen beinhalten immer Partikularinteressen, wenn beispielsweise in Bayern rund 200 Ölmühlen besonders geschützt würden. Dagegen ist schwer anzukommen und er fordert nach dem 01. Januar 2016, nach dem Wegfall der BtL-Steuerbefreiung einen geregelten Wettbewerb in der EU.

Anlagenwettbewerb
Die Technik ist in der Erprobungsphase noch so jung, dass die verschiedenen Verfahrensweisen untereinander konkurrieren. Da werde von der technischen Seite noch viel passieren. Allerdings sind andere Länder viel weiter. Prof. Dr. Klaus Noweck von der Frankfurter Lurgi AG sieht China eine Nasenlänge voraus. Demnächst wird im Reich der Mitte die weltweit größte Anlage eröffnet, die nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren Propylen herstellt. Die Chinesen wollen diese Technik und realisieren sie dann auch. In Deutschland hat es neue Technik schwer, weil die Investoren für jeden Euro Zinsen erhalten wollen. Deswegen sei die Risikobewertung für neue Technik so schwierig. So sieht es auch Dr. Picard. Die Anlagentechnik ist noch nicht so ausgereift, dass man sich bereits heute für ein Verfahren entscheiden könnte. Stellte sich in einigen Jahren heraus, dass ein anderes Verfahren günstiger sei, dann habe man bereits fehl investiert. Einigkeit herrschte auf dem Podium, dass die Technik auch in Deutschland angewendet werde.
Es fehlt Dr. Born allerdings ein deutliches Signal. Schließlich sind die Bauern bereit und warten darauf, was sie anbauen sollen. Aber: „Wir kriegen die Tür nicht auf.“ Wenn die Mineralölindustrie unter schwierigsten Bedingungen in die Erschließung neuer Erdölquellen investiert, dann könnte sie ja auch einmal in die BtL-Technik investieren. „Eine Ölplattform quasi auf das Land stellen“, sei ein deutliches Signal für alle Beteiligten, dass es losgehe. Der Bauernverband wisse aber auch, „dass kleine Anlagen nicht der langfristige Trend sein werden“.
Während die Automobilwirtschaft mit Daimler und VW für sich einfordert, dass es ohne sie das Thema nicht gäbe, Clemens Neumann aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium sagte, dass der ordnungspolitische Rahmen stehe und Dr. Andreas Schütte von der Fachagentur nachwachsende Rohstoffe die Forschung für die Praxisanwendung wohl koordiniert sieht, fehlt scheinbar immer noch ein Kristallisationspunkt. Der zweite Kongress zeige immerhin Fortschritte in fast allen Fragen und es fehle nur die Zusammenführung zur Realisierung.
Der Kongress machte deutlich, dass neben vielen anderen Möglichkeiten des Fischer-Tropsch-Verfahrens, die Würfel für die Biomasse als Ausgangsstoff gefallen sind. Und das Endprodukt wird als Kraftstoff verwendet.

Herausforderung für das Land
Große Veränderungen wird es bei dieser Konstellation für das Land und die Landwirtschaft geben. Die heutigen Energiepflanzen schaffen einen Trockenmassenertrag, der bei etwa sechs Tonnen je Hektar liegt. Bislang war das Geschäft der Bauern, Mittel für das Leben bereit zu stellen, resümierte Dr. Born. Jetzt müssen die Bauern Mittel für die Mobilität bereitstellen. Dazu gehöre, dass die BtL-Pflanzen bis zu 12 Tonnen Biomasse je Hektar liefern müssen. Die ganzen Fruchtfolgen der Landwirtschaft „werden auf den Kopf gestellt“. 1,2 Millionen ha Stilllegungsfläche müssen wieder in die Produktion genommen werden. Es gelte dabei, ein Lieferpotenzial zu finden, dass die Nachhaltigkeit nicht störe und verweist auf die Holzwirtschaft, die in der jüngsten Vergangenheit ihren Flächenertrag von 60 auf 90 Kubikmeter erhöhen konnte, ohne das der Wald Schaden davonträgt. Schließlich solle man auch nicht so ehrgeizig sein und alles Erdöl durch eine einzige Technik ersetzen wollen. So sieht das auch Dr. Picard. Die Biodiesel-Infrastruktur der ersten Kraftstoffgeneration steht. Man könne diese nicht einfach austauschen, „aber für BtL doch ein wenig Platz lassen“. Schließlich „will die Politik Strukturen außerhalb der Mineralölwirtschaft unterstützen“.

Roland Krieg

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