Keine Lösung beim Streit um Pflanzenschutzmittel

Landwirtschaft

Anhörung im Agrarausschuss zu Pflanzenschutzmitteln

Pflanzenschutzmittel stehen nach Willen von Umweltorganisationen auf der roten Liste. Alternative Substanzen, die als Biostimulantien mittlerweile zwischen Dünger und Pflanzenschutz eine neue Kategorie einnehmen, bleiben ihre Wirkung bislang schuldig. Helfende Nützlinge werden im Freiland oft vom Winde verweht und kommen zu früh oder zu spät. Die Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Kommission will den Mitteleinsatz halbieren, aber vor allem bei den Wirkstoffen, die wegen ihres hohen Risikos sowieso schon auf der Substitutionsliste stehen. Und am Ende werden Konsumenten in der Pandemie froh sein, etwas auf den Teller zu bekommen. Das verwirrende Pro und Contra zu Pflanzenschutzmittel ging diesen Montag auch im Ernährungsausschusses im Bundestag weiter.

Die FDP fordert wie alle einen „rechtssicheren und transparenten Zulassungsprozess“ und pocht auf die von der EU bislang nicht harmonisierte Harmonisierung von Wirkstoffzulassungen. Die Linke will die Zulassung an die biologische Vielfalt knüpfen, kann aber keine qualifizierten Indikatoren benennen. Das wäre nach dem Ökotoxikologen Rolf Altenburger vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) auch kaum möglich.

Beiden Parteien ist aus unterschiedlicher Sichtweise die Risikobewertung der Hersteller ein Dorn im Auge. Darüber müsste sich ein neues Procedere ableiten lassen. Auch die Umsetzung der Bienenleitlinie der EU, von Bündnis 90/Die Grünen gefordert klingt realistisch und wird vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vorangetrieben. Seit Jahrzehnten mangelt es an der Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes, der vor dem Einsatz chemischer Mittel, die mechanische Lösung sucht und eine ökonomische Befallsschwelle vorsieht. Doch gerade die mechanische Unkrautbekämpfung hat in den vergangenen Jahren durch neue Entwicklungen von Striegeln, Hacken und Walzen eine neue Dimension erreicht, die von den Landwirten umgesetzt werden.  Die Digitalisierung verspricht eine weitere Reduktion von Wirkstoffen um bis zu 80 Prozent und eine Einzelpflanzenbehandlung, die das Risiko gegen Null streben lässt.

Die Frage der Pflanzenschutzmittel hat auch eine internationale Dimension, wie Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerk ausführte. In Europa verbotene Pflanzenschutzmittel kommen zum Teil über Agrarimporte wieder in die EU zurück. Landwirte wehren sich jedoch im Allgemeinen gegen unterschiedliche Handelsstandards. So geht es dabei nicht nur um den Pflanzenschutz.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veröffentlicht jährlich die Rückstandsbefunde. BVL-Präsident Friedel Cramer belegt, dass die in Deutschland hergestellten Produkte und die EU-Waren immer die geringsten Rückstände haben und der Verzehr kein Risiko darstelle.

Carsten Brühl vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau sieht strukturelle Mängel in der Risikobewertung und schließt daraus, dass die gängige Praxis für Flora und Fauna unsicher ist. Demgegenüber bestätigt Holger Deising vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg dem modernen Pflanzenschutz seine Umweltverträglichkeit. Eine Reduzierung der Wirkstoffe gefährde die Ernten.

Sowohl die prophylaktische Anwendung als auch die kleiner werdende Mittelverfügbarkeit erhöhe die Resistenzbildung. Es fließe zu wenig Geld in die Forschung nach neuen Verfahren und Wirkstoffen, beklagte Hubert Heilmann vom Institut für Pflanzenproduktion und Betriebswirtschaft an der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern.

Roland Krieg; VLE

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