Keine Mehrheit für EFSA-Bienen-Leitlinien

Landwirtschaft

Die Biene im PSM-Zulassungsprozess

Die Ausgangslage ist klar: 71 von 100 Nutzpflanzen, aus denen 90 Prozent der Lebensmittel erzeugt werden, sind von einer Bestäubung durch Bienen oder Hummeln abhängig. Durch die Bestäubungsaktivität entsteht jährlich ein Wert von Hunderten Milliarden Euro weltweit, schreibt die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA. Vor allem in westeuropäischen Ländern ist in den letzten zehn bis 15 Jahren ein Verlust von Bienen bis hin zu ganzen Völkern zu verzeichnen. Eine alleinige Ursache wurde bislang nicht identifiziert.

Ein Baustein ist der Pflanzenschutz. Seit 2012 beteiligt sich die EFSA an einer französischen Arbeitsgruppe, die Wirkungskomplexe zwischen Bienenpathogenen und Pestizidmengen ausarbeiten. Da besteht zwar noch erheblicher Forschungsbedarf, aber in Folge der Arbeit wurde im Jahr 2013 die Anwendung von drei Neonicotinoiden für zwei Jahre ausgesetzt.

Die EFSA veröffentlichte begleitend das umfangreiches Dokument „Guidance on the risk assessment of plant protection on bees“ [1]. Der liegt derzeit zur weiteren Bearbeitung im Ständigen Ausschuss für Pflanze, Tier, Lebensmittel und Futtermittel (SCPAFF) in Brüssel und fand noch keinen Abschluss. Selbst innerhalb der Bundesregierung ist die Meinungsbildung zu den Leitlinien nicht abgeschlossen, bekannte Staatssekretär Peter Bleser aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium auf die Nachfrage von Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen). Mindestens Griechenland, Irland, Großbritannien, die Niederlande, Frankreich, Spanien, Portugal, die Slowakei und Ungarn sowie die EU-Kommission haben isch kritisch gegenüber den Leitlinien geäußert. Damit fände das EFSA-Papier derzeit keine Mehrheit. Daher habe die Kommission einen Kompromissvorschlag angekündigt, indem insbesondere die Tests neu thematisiert werden sollen. Der Bund hat sich nur dergestalt geäußert, dass die Bewertungen wissenschaftlich begründet sein müssen: „Dabei ist die Effizienz, also das, was mit den Pflanzenschutzmitteln angestrebt wird, das entscheidende Kriterium. Dazu gehört auch die Berücksichtigung entsprechender Vorgaben, die die Sicherheit der Pflanzenschutzmittel betreffen“, sagte Bleser diesen Mittwoch.

Must-B

Zu Jahresbeginn hat die EFSA ein neues und großes Projekt ins Leben gerufen. Weil multiple Stressoren wie Parasiten, Chemikalien und Umweltveränderungen auf die Bienenvölker einwirken, soll ein Modell diesem Komplex Rechnung tragen. Simon More, Veterinärmediziner vom University College Dublin und Vorsitzender der EFSA-Arbeitsgruppe zu multiplen Stressoren bei Bienen (MUST-B), erklärte: „Wir haben uns eine ehrgeizige, aber sehr spannende Aufgabe vorgenommen. Diese Art des integrierten Ansatzes zur Bewertung der Risiken für Bienen ist absolut notwendig, wenn wir verstehen wollen, wie diese verschiedenen Stressoren zusammenwirken und zur Vernichtung bzw. Schwächung von Honigbienenvölkern beitragen.“

Am Ende des mehrjährigen Projekts soll eine Simulation stehen, die Daten verarbeitet und Effekte erklären als auch vorhersagen kann. In seiner jetzigen Form könne das Modell noch nicht für die regulatorische Risikobewertung eingesetzt werden – aber eine Anpassung in der Zukunft sei möglich.

Lesestoff:

Guidance on the risk assessment of plant protection on bees, EFSA 2013: www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3295.htm

Bienen sollen mehr Aufmerksamkeit erhalten

Roland Krieg

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