Kiesgrube schafft gefährdeten Arten ein Zuhause
Landwirtschaft
ELER-Projekt für Sumpfschilfkröte in Brandenburg
Jeden Monat stellt das Brandenburger Landwirtschaftsministerium ein Förderprojekt in den Mittelpunkt, das vom Agrarfonds ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes) unterstützt wird. Das ELER-Projekt des Monats Dezember zeigt, wie in der Uckermark eine ehemalige Kiesgrube zu einem vielgestaltigen Lebensraum für die Europäische Sumpfschildkröte und weitere gefährdete Arten umgestaltet wurde.
Fressfeinde heraushalten
Mit der Schaffung eines gesicherten Lebensraums für die
Sumpfschildkröte konnte ein wesentliches Ziel des Projekts erreicht werden, die
Fressfeinde der Reptilien – zum Beispiel Waschbär und Marderhund - aus dem
Areal fernzuhalten. Eingebunden in eine naturnahe und vielgestaltige
Kulturlandschaft ist so ein Refugium für eine Reihe gefährdeter Tier- und
Pflanzenarten entstanden.
Mit Hilfe von Mitteln aus dem Europäischen
Landwirtschaftsfonds ELER konnte die Agena e. V. (Arbeitsgemeinschaft Natur-
und Artenschutz) eine ehemalige Kiesgrube zu einem vielgestaltigen Lebensraum
umgestalten: Flache Uferzonen, Totholz und Sonnenplätze bieten Schutz für die
vom Aussterben bedrohten Populationen der Europäischen Sumpfschildkröte und
weiterer gefährdeter Arten.
Die extrem seltene Europäische Sumpfschildkröte (Emys
orbicularis) ist eine kleine bis mittelgroße, fleischfressende und überwiegend
im Wasser lebende Schildkröte. Sie ist die einzige Schildkrötenart, die auch
Deutschland vorkommt. Noch vor gut 200 Jahren wurden ganze Wagenladungen voller
Sumpfschildkröten als billige Fastenspeise nach Böhmen und Schlesien gekarrt.
Doch diese Zeiten sind längst Vergangenheit. Anfang der Neunzigerjahre schätzen
Experten den gesamten deutschen Restbestand auf bestenfalls noch 400 Tiere.
Seit 1994 bemüht sich das das Land Brandenburg, insbesondere mit Naturschützern
aus der Uckermark, um den Erhalt und die Stabilisierung der Population.
Innerhalb der 20 Hektar großen Fläche wurden 5,6 Hektar
zum Teil temporäre Wasserflächen geschaffen. Als späterer Gelegeplatz sowie
Insekten- und Eidechsenlebensraum wurden zudem mehrere Dünenzüge mit nach Süden
gerichteten Hängen und Trockenrasen angelegt. Ein mit Solarzellen betriebener
Elektrozaun schützt das Areal vor Fressfeinden.
Neozoen gefährden Ökogleichgewicht
In Wäldern und Forsten können vor allem Wildschwein, Fuchs und Iltis, aber auch Neozoen wie Waschbär, Marderhund und Mink beträchtlich in Reptilienvorkommen eingreifen. Letztere Arten haben sich in wenigen Jahren stark ausgebreitet und erreichen heute hohe Populatonsdichten. Zusätzlich gehören Greifvögel, Weißstorch und Graureiher zu den Fressfeinden von Reptilien. Dabei sind nicht nur die Beutetiere selbst gefährdet, sondern auch ihre Gelege. Aufgelassene Kiesgruben bieten sich in Brandenburg als Lebensräume aus „zweiter Hand“ an. Als ehemaliger Standort der Rohstoffförderung zeichnen sie sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume aus, die wiederum einer ganzen Reihe von spezialisierten Arten Rückzugsraum bieten. Sie verfügen über Versteckmöglichkeiten an Land sowie über kaum bewachsene und sich gut erwärmende Flach- und Kleingewässer als Laichplätze z.B. für Amphibien – in der Summe sind dies gute Voraussetzung für die Europäische Sumpfschildkröte oder die Kreuz- und Wechselkröte.
Forstleute als Partner in der Region
Eigentümer der Fläche ist das Land Brandenburg. Seit
vielen Jahren ist der Landesbetrieb Forst Brandenburg enger Partner im
Schutzprojekt, denn die Lebensräume der Europäischen Sumpfschildkröte liegen
zum großen Teil in forstlich bewirtschafteten Wäldern. In hervorragender
Zusammenarbeit mit dem örtlichen Kiesgrubenbetreiber, dem Landesamt für
Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg und dem Landesamt für Umwelt,
Gesundheit und Verbraucherschutz konnte ein gestörter Landschaftsraum in ein
wertvolles Biotop umgewandelt werden.
Die Fördermittel wurden für die Schaffung eines
Schildkröten-Refugiums - Anlage eines Jahreslebensraums (Wohngewässer und
Gelegeplätze) für die Europäische Sumpfschildkröte auf dem Gelände einer
ehemaligen Kiesgrube eingesetzt. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 560.014
Euro. Davon entfielen 420.010 Euro auf den ELER sowie weitere 140.004 Euro auf
Landesmittel. Der Förderung lag die Richtlinie über die Gewährung von
Zuwendungen für die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung (ILE) und
LEADER zugrunde.
Lesestoff:
MIL (Text und Fotos)