Kläger, Richter und Tierethik

Landwirtschaft

Recht haben und bekommen

Albert Prange ist Vorsitzender Richter der 11. Kammer am Verwaltungsgericht  Münster und diskutierte mit Dr. Petra Michel-Fabian von der Fachhochschule Münster im Rahmen der Vorlesung Tierethik mit Studenten über das Urteil zum Kükentöten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juni 2019 die Entscheidungen des VG Münsters und des OVG Nordrhein-Westfalen bestätigt, dass das Töten von männlichen Küken so lange mit dem Tierschutzrecht vereinbar bleibt, bis vertretbare Alternativen gefunden sind.

Nach Paragraph 17 des deutschen Tierschutzgesetzes ist es strafbar, Wirbeltiere ohne vernünftigen Grund zu töten. Es ist auch verboten ihnen aus Rohheit Schmerzen und Leid zuzufügen. Auf der anderen Seite der Güterabwägung werden Wirtschaftlichkeit oder die Versorgung der Bevölkerung als erlaubte „vernünftige Gründe“ angesehen, fasst die FH Münster die Diskussion zusammen.

Mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz als Artikel 20a haben die Juristen dem Tierschutz ein sehr hohen Stellung eingeräumt. Aber, so Richter Prange, der Artikel ist im Kern noch immer anthropozentrisch. Er stellt den Menschen mit seinen Grundbedürfnissen weiterhin in den Mittelpunkt.

Das hat zur Folge, dass der normierte Tierschutz dort eingeschränkt werden kann, wo er mit anderen Grundrechten kollidiert. So auch im Sinne der Religionsfreiheit. Das ist beim Thema „Schächten“ zu beachten.

Diskutiert wurde auch das Thema Stalleinbruch. Der dürfe aus juristischer Sicht begangen werden, wenn er eine Gefahr abwendet. In diesem Sinne hatte das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt geurteilt.

Sowohl Tierschützer als auch Berufsverbände streiten oft bei ihren Auseinandersetzungen über diese juristischen Feinheiten hinweg und wecken auf beiden Seiten falsche Hoffnungen. Und, so Richter Prange: „ich kann letztlich nur über das urteilen, das den Weg zu mir findet. Wo kein Kläger, da kein Richter.“

Die Diskussion führte am Ende auch zu aktuellen Kontrolldichten. Im Regierungsbezirk Münster gibt es 9.000 Betriebe mit mehr als vier Millionen Schweinen und fünf Millionen Geflügeltieren. Alles zu kontrollieren sei ein enormer zeitlicher und personeller Aufwand. Wenn die Kontrollquote mit den steigenden Tierwohlwünschen der Gesellschaft Schritt halte, könne die Justiz den Bewusstseins- und Wertewandelprozess begleiten, verspricht Prange.

roRo

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