Kleine Höfe - Große Höfe
Landwirtschaft
Brandenburg uneins über Gentechnik
Die Landesbauernversammlung auf der BraLa 2007 zeigte am Freitag Gemeinsames und Unterschiedliches von Agrarpolitik und Standesvertretung. Botschafter Alan Cook berichtete aus seiner Heimat Neuseeland - wie die Bauern ohne Fördermittel auskommen.
Folgart fordert Wahlfreiheit
Auch wenn der trockene April dem optimistischen Konjunkturbarometer der Bauern einen Dämpfer versetzt hat, so hofft Landesbauernpräsident Udo Folgart noch auf eine gute Ernte in Brandenburg. Oberstes Ziel wird es sein, das „Wasser auf den Flächen, von den Äckern der Lausitz bis zur Grünfläche des Havellandes, zu halten. Investitionen in Bewässerungstechnik sollen den Bauern helfen, die Herausforderungen des Klimawandels begegnen zu können.
Eine Absage erteilte er „fondsinvestierten Biogasanlagen von 20 MW“. Das würde einen Flächenkonflikt heraufbeschwören. Die Lösung sei die Kopplung der Biogasanlagen and die Tierproduktion, damit eine Kreislaufwirtschaft entstehen kann. Die eingeführte Biogasbesteuerung gefährde die Anstrengungen der Landwirte, in diesen Markt einzusteigen.
Derzeit verbessern sich die Einkommen der Landwirte auf niedrigem Niveau. Für Roggen erhalten die märkischen Bauern schon wieder doppelt so viel wie noch vor drei Jahren und die gerade abgeschlossenen Verhandlungen der Molkereien mit den Discountern bringt 15 Prozent mehr Geld in die Milchkasse. Von kostendeckenden Marktpreisen sind die Bauern aber immer noch weit entfernt, weswegen Udo Folgart Kürzungen im Bereiche der ersten Säule, den Direktzahlungen an die Bauer, als „verantwortungslos“ bezeichnet.
Seine Lösung heißt Wachstum. Es soll nicht nur in die Veredlungswirtschaft investiert werden, sondern im Milchbereich kann die Abschaffung der Milchquote den wachstumswilligen Betrieben die Existenz sichern. „Neuseeland kann nicht alles liefern. Das ist unsere Chance in Mitteleuropa“.
So warnte er auch vor dem Herbeireden eines Imageschadens für Brandenburg bei Verwendung der Gentechnik. Der Bauernpräsident forderte eine „Wahlfreiheit ohne Diskriminierung und klare Grenz- und Schwellenwerte.“
„Riesensauerei für die Bauern“
Demgegenüber erneuerte Potsdams Agrarminister Dr. Dietmar Woidke seine ablehnende Haltung zur grünen Gentechnik, die er bereits letzte Woche in Potsdam verkündete.
Für „eine Riesensauerei“ hält Woidke es, dass sich nach dem Verbot des Bt-Mais Mon 810 niemand um die Bauern kümmere, die ihn bereits ausgebracht haben.
„Saatgut der gentechnisch veränderten Maissorte MON810 darf in Deutschland zukünftig nur dann zu kommerziellen Zwecken abgegeben werden, wenn dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vom Inhaber der Inverkehrbringensgenehmigung, der Firma Monsanto, ein Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen vorgelegt wird.“ |
Es gibt keine Regelung, wie mit der „bundesamtlich bescheinigten Gesundheitsgefahr auf Brandenburgs Äckern“ umgegangen werden soll. Dr. Woidke hat Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer in einem Brief um eine Stellungnahme gebeten. Das BMELV hat sich bislang nicht weiter dazu geäußert. Minister Woidke möchte auch deswegen Klarheit, weil für die Akzeptanz von Direktzahlungen die Unterstützung der Verbraucher wichtig ist. Die lehnen die grüne Gentechnik mehrheitlich ab.
Des Weiteren lehnte Woidke auf der Landesbauernversammlung die Kritik an der im letzten Jahr ausgezahlten Dürrehilfe ab. Das Geld wandere nicht auf ein Bankkonto, sondern sichere Arbeitsplätze auf dem Land. Hier gelte es, das Wasser auf der Fläche zu halten und nicht nutzlos über die großen Flüsse Elbe, Oder und Neiße abfließen zu lassen. Wasser spiele nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für die ganze Landschaft eine wichtige Rolle.
So konzentrierte er sich beim Thema Agrarhaushalt auch auf die zweite Säule des Budgets, bei er sein Land besser ausgestattet sieht, als die anderen neuen Bundesländer.
Für den Bereich der Bioenergie müsse man den Bodenmarkt genau beobachten. Man dürfe nicht zulassen, dass Verpächter Pachten kündigen und nachwachsende Rohstoffe selber anbauen und damit die Entwicklung anderer Betriebe behindern. In Brandenburg liegt der Pachtanteil bei 81,3 Prozent und liegt damit hinter Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt auf Platz vier. Der Bundesdurchschnitt beträgt nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes bei 62,4 Prozent. Bioenergie hat den Bodenmarkt regional bereits kräftig durcheinander gewirbelt.
Kleine Höfe – Große Höfe
Einen gemeinsamen Standpunkt finden Politik und Berufsstand bei der Frage nach der „richtigen Betriebsstruktur“. Ausgangspunkt sind nicht nur Kürzungen im Bereich der ersten Säule, sondern viel mehr drohende Kürzungen entlang der Betriebsstruktur. Folgart: „In unserer Branche scheint ein großer Betrieb etwas ganz schlimmes zu sein. Kappungsgrenzen sind eine Enteignung durch die Hintertür.“
Hintergrund sind bundesweite Bestrebungen, größere Betriebe stärker zu belasten. Nur in Mecklenburg-Vorpommern hat Brandenburg einen Mitstreiter gefunden, in das Protokoll der Agrarministerkonferenz vom 20. April in Weiskirchen noch folgendes aufzunehmen:
„Protokollerklärung der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern: Die oben genannten Länder sind im Hinblick auf eine verlässliche Agrarpolitik der Auffassung, dass Kürzungen der Direktzahlungen grundsätzlich abgelehnt werden. Sofern Kürzungen nicht zu verhindern sind, ist eine Gleichbehandlung aller Unternehmen unabdingbar. Aus diesem Grunde werden Degressionen, Kappungen und alle nicht linearen Kürzungsmodelle abgelehnt.“
Solche Modelle widersprächen auch dem Koalitionsvertrag, der eine Gleichbehandlung der Betriebe festschreibt. „Bis jetzt hatten wir diese Diskussionen mit Brüssel“, sagte Dr. Woidke am Freitag. „Jetzt haben wir die Diskussion mit Berlin, oder soll ich sagen, mit Bayern?“.
Alleine der Parameter Größe ist für das Thema wenig zielfähig. Zum einen sind ökologische und konventionelle Betriebsstrukturen regional verwandt. So bearbeiten in Brandenburg 541 Betriebe 111.170 ha Land und in Mecklenburg-Vorpommern 605 Ökobetriebe rund 103.803 ha. In seiner Studie über ökologische Großbetriebe hat das Forschungsinstitut für ökologischen Landbau (FiBL) 2005 herausgearbeitet, dass marginale Bodenbeschaffenheiten und Großschutzgebiete hohe ökologische Flächenanteile begünstigen. |
Vorbild Neuseeland?
Botschafter Alan Cook beschrieb den Wandel der neuseeländischen Landwirtschaft in den vergangenen 20 Jahren. Zuvor war der Agrarsektor genauso hoch subventioniert wie der europäische. Mit vier Millionen Einwohnern auf einer Fläche so groß wie Großbritannien, erzielt die Landwirtschaft ein Sechstel des Bruttosozialprodukts. Fast jeder Neuseeländer hat etwas mit der Landwirtschaft zu tun, die auf traditionelle Weidewirtschaft fußt. Preiswert sei die Produktion, weil sie ganzjährig ohne Zusatzfutter und Stallungen auskommt. Dem Überschussmarkt Milch muss Cook aber auch den Getreidemarkt gegenhalten. Hier sind die Neuseeländer auf Importe angewiesen.
Als die Briten der EU beitraten brach für die subventionierten Bauern der Hauptmarkt weg und die Phase der Neuorientierung begann. Alle Vergünstigungen wurden abgeschafft, der Außenschutz aufgegeben und die Bauern den Marktkräften überlassen. Sie mussten wachsen, lernen, effizient zu arbeiten und Produkte anbieten, die von den Konsumenten gekauft werden.
Neuseeland: Große Herde, große Molkereien und niedrige Milchleistung |
Innerhalb von sechs Jahren wurde die Subventionsquote von 30 auf drei Prozent heruntergefahren, ein Drittel der Bauern protestierte heftig und ein Zehntel hat den Strukturwandel überstanden, so Cook. In weiteren fünf Jahren haben die Betriebe gelernt, rentabel zu sein und produzieren heute etwa doppelt so viel, wie im Zeitalter der Subventionen. Der neuseeländischen Bauernverband schätzt die Situation heute besserein als vorher. Verringert hat sich auch die Bürokratie und das Landwirtschaftsministerium kommt nur noch mit einem Fünftel des Personals aus.
Allerdings steht Neuseeland vor allem in Großbritannien unter Druck. In der Klimadebatte werden Neuseeland die langen Transportwege angelastet. Cook allerdings hat ein Gegenargument parat: Die beheizten Ställe in Europa wiegen die CO2-Bilanz wieder auf. So sei der Transport von Neuseeland klimagünstiger als manches Regionalprodukt in Deutschland. Sein Resümee. Die Brandenburger Bauern bräuchten die Neuseeländischen Produkte nicht fürchten.
Lesestoff:
Die Studie des FiBL wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert und kann unter www.fibl.org eingesehen werden.
roRo