Klima: Weltbank sieht IL in der Pflicht

Landwirtschaft

Weltbank hält eine klimafreundliche Welt für möglich

Weltentwicklungsbericht 2010 Klima und Entwicklung

Am Dienstag hat die Weltbank den „Weltentwicklungsbericht 2010: Entwicklung und Klimawandel“ vorgestellt. Darin heißt es, dass Entwicklungsländer kohlenstoffarme Entwicklungspfade einschlagen können, während sie ihre Wirtschaft aufbauen und Armut lindern. Um das umzusetzen müssen Länder mit hohem Einkommen, also Industrieländer (IL), den finanziellen und technischen Rahmen bereit stellen. Außerdem müssen die Industrieländer „schnell handeln, um ihre CO2-Bilanz zu reduzieren und die Entwicklung alternativer Energiequellen zu fördern“. Dann gibt sich der Weltbankbericht vor der im Dezember in Dänemark stattfindenden Klimakonferenz optimistisch, dass die Probleme des Klimawandels gelöst werden können.

Etwa 2200 Jahre vor unserer Zeitrechnung änderten sich die Westwinde im Mittelmeerraum und der indische Monsun brachte weniger Niederschlag. 300 Jahre lang fiel weniger Regen und herrschten niedrigere Temperaturen und trafen die Landwirtschaft zwischen der Ägäis und Indus. Dieser Klimawandel brachte das Ende des Pyramidenbaus in Ägypten und das Ende des Königtums in Mesopotamien. Die Städte im akkadischen Weizengürtel nördlich des Euphrats verödeten. Selbst das streng verwaltete und Bewässerungsgebiet im südlichen Mesopotamien konnte sich nicht schnell genug an die veränderten Bedingungen anpassen. Weil die Weizenlieferungen aus dem Norden ausblieben, Umweltflüchtlinge in den Süden zogen und die Bewässerungsgräben trocken fielen, brach das Königreich zusammen.
Q: Weltentwicklungsbericht 2010: Entwicklung und Klimawandel

Industrieländer in der Pflicht
Eine Bilanz aus dem Weltbankbericht verrechnet Arm und Reich. Würden alleine die SUV-Autos in den USA durch Fahrzeuge mit europäischem Verbrauchsstandards ersetzt, spare die Welt so viel an Emissionen ein, wie dadurch entstehen, wenn die derzeit noch 1,6 Milliarden Menschen ohne Elektrizität an das Stromnetz angeschlossen werden.
Weltbankpräsident Robert Zoellick fasst zusammen: „Die Länder der Welt müssen jetzt handeln, zusammenarbeiten und neue Entscheidungen zum Klimawandel treffen. Die Entwicklungsländer sind vom Klimawandel unverhältnismäßig stark betroffen. Sie haben diese Krise nicht herbeigeführt und sind am wenigsten darauf vorbereitet. Aus diesem Grund ist eine faire Vereinbarung in Kopenhagen entscheidend.“

Mehr als eine Milliarde Menschen in den Einzugsgebieten von Indus, Brahmaputra, aber auch am Mekong und den chinesischen Flüssen Yangtse und Huang Ho sind von Himalaya-Gletschern und ihrer Süßwasserbildung direkt abhängig. Die Gletscher machen bis zu 45 Prozent der Wasserabflüsse aus. Verringerte Speicher als Eis oder Schneedecke erhöhen die Flutgefahr in der Regenzeit und Wassermangel in der Trockenzeit. Dann ist aber das Flusswasser für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Bewässerung am nötigsten.
Q: Weltentwicklungsbericht 2010: Entwicklung und Klimawandel

Der Bericht zeigt auf, dass der Energieverbrauch in der Industrie und im Energiesektor um 20 bis 30 Prozent reduziert werden kann – ohne an Wachstum einzubüßen.
Für die Entwicklung neuer Technologien werden jährlich Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen in Höhe von 100 bis 700 Milliarden US-Dollar benötigt. Das erfordert neue Anstrengungen, denn derzeit werden nach Berechnungen der Weltbank im Jahr lediglich 13 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und 40 bis 60 Milliarden US-Dollar an privaten Geldern investiert. „Die Entwicklungsländer werden 75 bis 80 Prozent der durch den Klimawandel entstehenden Schäden tragen. Sie brauchen dringend Unterstützung, um sich auf Trockenheit, Überschwemmungen und steigende Meeresspiegel vorzubereiten. Sie müssen außerdem die landwirtschaftliche Produktion intensivieren, Mangelernährung und Krankheiten bekämpfen und eine klimabeständige Infrastruktur bauen“, fordert Justin Li, Chefökonom der Weltbank.

Klimaschutz mit Brasilien
Am Montag sind im Rahmen der deutsch-brasilianischen Regierungsverhandlungen Unterstützungen im Bereich des Klimaschutzes vereinbart worden: Das Fußballstadion von Belo Horizonte wird mit einem Solardach ausgestattet. Deutschland unterstützt nach Aufzählung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die Einrichtung von Naturschutzgebieten und die nachhaltige Nutzung der Amazonasregion. Außerdem werden Walderhaltung und Entwaldungsbekämpfung gefördert. Kleinwasserkraftwerke werden wieder instand gesetzt, um die ökologisch verträgliche Stromversorgung zu verbessern.

Kritik an der Energiepolitik des Bundes
Manfred Panitz aus dem Vorstand des Bundesverbandes der Energie-Abnehmer (VEA) hat am Montag die Energiepolitik der Bundesregierung kritisiert. Subventionen für erneuerbare Energien müssten unverzüglich gesenkt werden da sie den Strom verteuerten und kein Kohlendioxid einsparten. „Deutschland braucht eine umweltverträgliche und bezahlbare Energieversorgung.“ Panitz hält das Fördern von Einzelmaßnahmen für zu kostspielig. Würden die Garantiepreise im Rahmen des EEG nicht gesenkt, entstünden den Verbrauchern zusätzliche Kosten in Höhe von 19 Milliarden Euro. Desertec mit Strom aus der Sahara verbrauche für die Erzeugung von rund 100 Milliarden Kilowattstunden etwa 400 Milliarden Euro. VEA hält das aber immer noch für günstiger als die derzeitige inländische Solarstromerzeugung. Seit Mitte der 1990er Jahren wurden in die Fotovoltaik etwa 60 Milliarden Euro investiert – und lediglich 4,5 Milliarden kWh Strom im Jahr erzeugt.
VEA setzt sich vor allem für die Entlastung ihrer Industriekunden ein und hält Atomstrom für einen wesentlichen Bestandteil des künftigen Energiemixes.

„Bessere Politik statt bessere Wissenschaft“
Mike Hulme ist Professor für den Klimawandel am Umweltfachbereich der Universität East Anglia in England. In seinem neuen Buch „Why We Disagree About Climate Change“ legt Hulme dar, dass die verschiedenen Sichtweisen auf das Thema politisch, national, kulturell und religiös bedingt sind. So haben verschiedene Religionen unterschiedliche Herangehensweisen an die Natur und damit auch das Klima zu verstehen und ändern zu können. Für Hulme ist die Wissenschaft hervorragend geeignet, wie beispielsweise im Weltklimabericht die aktuelle Situation zu beschreiben, habe aber weniger Einfluss auf die Umsetzung von Maßnahmen. Vor dem Klimagipfel in Kopenhagen fordert er daher eine bessere Politik im Klimawandel – und keine bessere Wissenschaft.

Roland Krieg; Fotos: Titelbild: Weltbank; Windräder in Ostfriesland: roRo

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