Klimastabiler Wald

Landwirtschaft

Patient Wald

Das Kultur- und Wirtschaftsgut Wald ist nicht das erste Mal in Gefahr. Zunehmende Bevölkerungsdichte und Raubwirtschaft haben in vielen Regionen im Mittelalter Spuren im Wald hinterlassen. frühe Industriealisierung fußte auf Holzenergie und haben im Mittelalter ganze Wälder verbrannt. Holz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationsmittel eingeschlagen und die Wiederaufforstung prägt noch heute ganze Generationen. Das Waldsterben aus den 1980er Jahren blieb aus, aber die vergangenen Jahre gefährden Fichte, Eiche, Buche und Kiefer aufs Neue. Drei Jahre Trockenheit haben den Welkepunkt so weit abgesenkt, dass selbst die Bäume kaum noch an Wasser zum überleben finden. Stürme haben mehr als Schneisen geschlagen und das Sturmholz liegt noch immer im Wald. Geschwächte Bäume und der Klimawandel fördern Schädlinge wie den Borkenkäfer, der Hektarweise Bäume niedermacht.

Ökosystemleistungen

Was wären der Planet Erde, Deutschland und der Mensch ohne den Wald? Er bindet im wachsenden Zustand Kohlenstoff, der bei Weiternutzung als Baustoff und Möbel das Treibhausgas weitere 50 bis 70 Jahre festhält. Der Wald ist Hort der Biodiversität, speichert und filtert Trinkwasser, bildet Humus und dient den Städtern gerade in der Pandemie als Naherholungsraum  einen Weg aus dem Lockdown. Mit der Wirtschaftsfunktion finden im Cluster Holz und Wald 1,1 Millionen Menschen Beschäftigung.

Aber nur, wenn der Wald die große Herausforderung durch den Menschen übersteht. Der Wald muss klimastabil sein. Förster suchen mit Forschern die „richtigen“ Bäume, die mit Wärme, Käfer und Trockenheit besser auskommen. Der Mischwald macht Furore. Eiche, Buche und andere Laubbäume sollen die einseitigen Nadelholzkulturen aufwerten und dem funktionalem Wals in allen seinen Facetten gerecht werden.

Was für kommunale und Staatsforsten schon schwer ist und wegen der langen Nutzungsdauer von 70 bis 160 Jahren Entscheidungen für mehrere Generationen einfordert, ist für Privatwaldbesitzer, die auf auskömmliche Holzpreise für Aufforstung und Waldpflege angewiesen sind noch herausfordernder. Vor allem für die Vielzahl an Kleinwaldbesitzern, die oftmals nur wenige Hektare besitzen. Oftmals auch nur Grundstücksweise.

AGDW vor dem Brandenburger Tor
Aktion AGDW vor dem Brandenburger Tor

Neues Honorierungssystem gefordert

„Die Dynamik findet in einer Größenordnung statt, die wir bisher nicht kannten“, sagte Hans-Georg von der Marwitz diese Woche gegenüber der Presse. Der Präsident der „AGDW – Die Waldeigentümer“ im Bundestag hat mit der Koalition einen Antrag auf eine ausreichende Honorierung für Ökosystemdienstleistungen auf den Weg gebracht, der fast mitten in der Nacht am Donnerstag im Bundestag debattiert wurde. Immerhin haben sich Alois Gerig (CDU) und Isabel Mackensen von der SPD sich nicht nehmen lassen, ihre Reden nicht zu Protokoll, sondern vor den Abgeordneten vorzutragen. Auch Peter Felser von der völkischen AfD sprach noch, warnte aber vor einer Verknüpfung mit der Klimadiskussion und forderte die Bundesregierung auf, keine allgemeine Flächensubvention zu zahlen.

Allein: Das steht im Gesetzesantrag nicht drin. Die Honorierung werde nach von der Marwitz keine Entschädigung für entgangenen Gewinne sein, sondern eine Investition in die Zukunft der Wälder. Waldbesitzer vom Nördlichen Schwarzwald über den Pfälzer Wald und die Eifel bis zur Ruppiner Heide haben Baumbestände für die nächsten Jahrzehnte verloren und müssen einen klimastabilen Wiederaufbau angehen. Die AGDW hat sich in einer Umfrage bei der Bevölkerung eine Zustimmung von 76 Prozent für eine dauerhafte Unterstützung der Wälder ausgesprochen und die Bewirtschaftung dabei ausdrücklich als Nutzungspfad unterstützt, sagte Max von Elverfeldt, Vorsitzender der „Familienbetriebe Land und Forst".

„Wir wollen keine Flächenprämie“, betonte Elverfeldt. Eine Waldprämie soll an Zusatzzertifikate für Klimastabilität gebunden werden, so wie die Landwirtschaft ihre Prämien zunehmend ebenfalls konditioniert. von der Marwitz will an den Energie- und Klimafonds (EKF), der aus dem Verkauf von Klimazertifikaten gespeist wird. Der wird von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe verwaltet, hat aber auch viele Anspruchssteller. „Einen Teil wollen wir für uns reservieren, wo der Klimawandel positiv begleitet werden kann“, erklärte Marwitz. „Beim Wald ist die Klimaleistung am stärksten bedroht und das Wichtigste. Der EKF ist daher eine zielgerichtete Förderung, ergänzte Elverfeldt.

Das Thema steht in der heute endenden Umweltministerkonferenz auf der Tagesordnung. „Wir stehen vor einer Jahrhundertaufgabe“, mahnte Mackensen im Plenum. Ob die richtigen Entscheidungen für die Baumart getroffen wurden, zeigt sich erst in frühestens 50 Jahren. Die vergangenen Jahre haben 171 Millionen Kubikmeter Schadholz verursacht, einen volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von rund 13 Milliarden Euro. Es müssen etwa 285.000 Hektar Wald wieder aufgeforstet werden.

Mühsame Aufforstung

Einige Politiker fordern „eine schnellere Aufforstung“. Angesichts der langen Vegetationszeiten lasse sich die Wiederaufforstung mit Restrukturierung in klimastabile Wälder allerdings nicht beschleunigen, erläuterte von der Marwitz gegenüber Herd-und-Hof.de. Eine auch oft eingeforderte Naturverjüngung sei problematisch. Denn in Reinkulturen werden sich die gleichen Bäume wieder ansiedeln. Ziel sei aber die Unterbauung der Kiefernforste mit Laubbäumen, so wie es in Brandenburg passiert. Schneller gehe es nur, wenn den Waldbesitzern die ausreichenden Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Laufzeiten für den Holzumschlag bleiben natürlicherweise gleich lang.

Preise für Waldbesitzer auf dem Holzweg

Ein Problem ist die Ausrichtung der stofflichen Nutzung der Nadelwälder. Die Sägeindustrie hat sich auf Nadelhölzer spezialisiert und kaum einen Kundenstamm für stoffliches Laubholz entwickelt. Das erfordert ein Umdenken in der Marktarchitektur. Durch die großen Mengen an Schadholz von Österreich bis Tschechien und Polen sind die Holzpreise auf 15 bis zwanzig Euro gesunken und bieten Waldbesitzern keinen Spielraum mehr für die Restrukturierung. Allerdings ist der Preis bei Frischholz angezogen. Berichte aus Schleswig-Holstein und Bayern belegen ein knappes Angebot mit steigenden Preisen. Aktuell lebt der Holzmarkt von Widersprüchen. Denn von den steigenden Preisen profitieren derzeit Sägewerke und Exporteure. Die USA und China suchen weltweit Holz und zahlen sogar Aufschläge. Amerikanische Importeure haben kräftige Corona-Hilfen erhalten und weisen volle Kassen auf. Bei den Waldbesitzern kommen die Preise aber nicht an. Die Preisnotierung bei Destatis zeigt, dass Fichtenholz nur zwei Drittel der Erlöse erzielt, die vor zwei Jahren noch realisierbar waren.

Bauen mit Holz

Auch das deutsche Baugewerbe sucht händeringend Holz. Der Preisindex für Bauholz ist seit Herbst 2020 aber gerade einmal um sechs Prozent angestiegen. Nach Michael Weiß von der Immobilienfirma Savills verzeichnete schon vor einem Jahr einen Aufwärtstrend bei Genehmigungen für Holzbauten in Deutschland. Zimmereien fertigen mittlerweile Bausysteme für den Hausbau an und können Bauzeiten verkürzen. Der hohe Verfertigungsgrad minimiere Mängelnacharbeiten.

Diesen Donnerstag hat Bundeswaldministerin Julia Klöckner die neuen Gewinner im HolzbauPlus-Wettbewerb ausgezeichnet. Darunter sind drei Wohnungsbaugesellschaften für Neubau und Sanierung, zwei Öffentliche Bauten sowie zwei Gewerbebauten mit jeweils einem Neubau und einer Sanierung aufgelistet. Unter den drei Sonderpreisen ist auch ein Wohnprojekt mit Strohdämmung ausgezeichnet worden. Julia Klöckner: „Die Nutzung von Holz ist aktiver Klimaschutz – denn es speichert Kohlenstoff. Wer also damit baut, der handelt! So entstehen beim Bauen eines Einfamilienhauses aus Holz etwa bis zu 56 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen.

Aus der Forschung

Die Saatgutfirma Saaten-Union hat gerade eben zwei neue „Wild-Mischungen“ für Forst und Kommunen auf den Markt gebracht. Die Aussaat kann noch bis Ende Juni erfolgen. Die eine zweijährige Wildackermischung ist winterhart und bietet Hochwild Äsung und Deckung. Die Blüten sind insektenfreundlich. Auf Ackerflächen ist die Mischung auch in einigen Bundesländern für Agrarumweltmaßnahmen geeignet. Die zweite zweijährige Mischung ist kruziferenfrei und kann bis Ende Juli ausgesät werden. Beides Saatgut ist für sonnige Flächen im Forst und bei Kommunen geeignet.

Für die Erfassung der oberirdischen Waldbiomasse hat erforscht die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Kooperation mit der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forschung gerade den Einsatz von Drohnen. Im Dezember 2020 gab es einen ersten Workshop. Die Drohnen sollen in der forstlichen Praxis operativ zum Einsatz kommen und die Daten müssen automatisiert ausgewertet werden. Das Vorhaben soll einen Beitrag sowohl zur nachhaltigen Erzeugung und Bereitstellung des nachwachsenden Rohstoffes Holz als auch für die effiziente und umweltschonende Ressourcennutzung einschließlich der Bindung von Treibhausgasen leisten.

Lesestoff:

Praxisbeispiele für standortangepasste integrative Waldbewirtschaftung: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/lokale-konzepte-fuer-die-waldwirtschaft.html

Auf der Suche nach trockenresistentem Saatgut: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/eiszeit-dns-rettet-eichen-vor-trockenheit.html

Roland Krieg; Foto: AGDW

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