Koblenz bündelt die Protestbewegung
Landwirtschaft
Proteste von links bis rechts
Der Pandemie geschuldet sinkt die Zahl der Protestierenden zur Informellen Agrarministerkonferenz in Koblenz. Das darf weder über die Protestberechtigung, noch über die Protestintensität hinwegtäuschen. Traktoren versuchten die Fahrtroute der Busse mit den 27-Agrarministern zu blockieren, lautes Hupen und Blinken von Traktoren und Lkw begleitet den Ausflug in die Weinberge. Die Minister hatten „Freizeit“ auf dem Weg zurück nach Koblenz. Ein Schiff der Weißen Flotte fuhr die Strecke von Winningen bis nach Koblenz hinunter. Begleitet von kleinen Protestbooten und der Wasserschutzpolizei.
Der Bundesverband Deutscher Milchviehalter hatte sich gleich ein ganzes Schiff gechartert, kam dem Ministerschiff entgegen, drehte auf der Mosel und folgte den Vertretern. Mit so viel Protest zu Land und zu Wasser hatte kaum jemand gerechnet. Die Bauern haben eindrücklich gezeigt, um wen es bei der Agrarpolitik am Ende geht.
Doch wer tatsächlich demonstriert, sind sehr vielschichtige Organisationen. Die Milchbauern für eine faire Milchpolitik, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft für den Erhalt kleinbäuerlicher Strukturen, Greenpeace und die Naturschutzverbände für mehr Umwelt und Klima in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), Land schafft Verbindung hat Probleme mit dem bundesweiten Sprecher, die Bauern aus Schleswig-Holstein mit der umstrittenen Flagge von Pflug und Schwert wollen, wie Jann-Henning Dircks aus Eiderstedt sagt, gar keine politischen Positionen anstreben und verschiedene Tierretter wollen die Tierhaltung in Gänze abschaffen.
Für die einen sind die Umweltaspekte in der GAP zu wenig, für die anderen zu viel. Das spricht sich herum. Julia Klöckner als auch Bauernpräsident Joachim Rukwied weisen stets auf die uneinheitliche Demonstrationslinie hin. Strategisch keine Lösung, die argumentative Pluspunkte bringt. Während der Konferenz der Agrarminister distanziert sich Rukwied deutlich von radikalen Elementen und verweist auf die europäische Erfolgsgeschichte des friedlichen Zusammenlebens und der Ernährungssicherheit..
Dabei wird eines vergessen. Koblenz ist der Ort, an dem die Bundeslandwirtschaftsministerin für die Diskussion mit den Agrarministern in der EU gestärkt werden müsste. Denn dort sind die Positionen auch nicht einfach verteilt, sondern ergeben eine komplexe Gemengelage. Das Baltikum bekommt 40 Euro pro Hektar, Griechenland 400 Euro, Osteuropa hat enormen ökonomischen Nachholbedarf, während Deutschland sowohl bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln nicht das Schlusslicht bildet. Beispiele im F.R.A.N.Z.-Projekt, bei dem Landwirte und Naturschützer gemeinsam die Produktion erweitern, hat den Agrarministerin Tobias Diehl aus Rheinhessen vorgestellt. So weit sind andere Länder nicht. Die Niederlande gehen einen neuen Weg und gestalten Biodiversität überbetrieblioch, um dem Vernetzungsgedanken voranzutragen.
Doch eines fehlt noch immer, wie Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft gegenüber Herd-und-Hof.de sagt: Es fehlt die ökonomische Entlohnung für die Umsetzungen gesellschaftlicher Ziele.
Roland Krieg; Fotos: roRo
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