Kommunale Flächenpflege ohne PSM

Landwirtschaft

Neue Ordnung für die öffentliche Fläche

Nicht mehr alle so genannten Baumscheiben in der Stadt sind verdichtet, grau und nur mit zufälligem Grün versehen. Es wächst die Toleranz gegen Blumen, Kräuter und Mini-Wiesen. Die Grünstreifen in der Stadt, die Verkehrsinseln oder die Wegbegrenzung: Münster geht das Thema schon seit 1989 grundsätzlich an; Celle oder Eckernförde, aber auch das Städtenetzwerk Quattropole in Luxemburg reihen sich ein. Zu einem neuen Schönheitsideal der Gemeinden gesellt sich die Aktion „Pestizidfreie Kommunen.“

Zwei Tage lang haben mehr als 60 Akteure in Dessau im Umweltbundesamt eine gleichlautende Tagung abgehalten, die beispielhaft den kompletten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel möglich macht [1]. Den Gemeinden, die nah am Bürger und dessen Willen sind, machte Staatssekretärin im Bundesumweltministerin, Rita Schwarzelühr-Sutter, Mut: „Ein kompletter Verzicht auf Pestizide ist schon heute möglich, ohne die Unterhaltungspflichten einer Gemeinde zu vernachlässigen.“ Die Kommunen können bei der Flächenpflege damit sogar ein gutes Beispiel vorleben.

Lösungen sind vorhanden

Mehr Grün in der Stadt erhöht die Artenvielfalt. Bienen finden sogar mehr Nahrung als mittlerweile auf dem sommerlichen Land. Eine Flächenplanung mit Wildblumen kann nach Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schon von vorn herein überflüssig machen.

Lösungen gibt es auch für Flächen, die aus Sicherheitsgründen bewuchsfrei gehalten werden müssen. In Dessau wurden Alternativen mit einer Geräteschau gezeigt Die Bürstentechnik beispielsweise entfernt oberirdische Pflanzenteile.

„Auch kleine Schritte sind wichtig“, sagte Regina Schreiber, Pflanzenschutzexpertin beim Umweltbundesamt am Telefon gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Gemeinden verwenden nur einen kleinen Teil der Mittel – können aber für die Bewusstseinsbildung großes leisten. Mitveranstalter BUND hat im Herbst 2014 bereits einen Ratgeber als Broschüre herausgebracht, an der sich Kommunen orientieren können [2]. Einer der wichtigsten Punkte: „Ein angepasstes Pflegekonzept“. So hat die Stadt Köln erst einmal Toleranzgrenzen für Wildkraut nach Lage der Flächen kategorisiert. Maximal ein Prozent sind vor dem Kölner Dom zulässig, bei Flächen mit geringer Pflegeintensität sind es bis zu 20 Prozent. Der BUND empfiehlt die Festlegung der Pflegeverfahren, die Zahl der Pflegegänge und die Prüfung der Maschinen- und Personalkapazität.

Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat bereits Informationen über „Nichtchemische Verfahren zur Unkrautbekämpfung auf befestigten Flächen“ zusammen gestellt [3].

Flächen der Gemeinde

Regina Schreiber stellt klar: Es geht um eine freiwillige Aktion, die auf die Flächen der Gemeinde beschränkt ist. Dort wo Eigentum, wie landwirtschaftliche Flächen vorhanden sind, hat die Gemeinde kein Mitspracherecht – kann aber wie bei einer gentechnikfreien Region zu einer freiwilligen Vereinbarung aufrufen.

Vor nicht ganz einem Jahr hatte die Südtiroler Gemeinde Mals den anderen Weg gewagt und nach einem Referendum den Einsatz biologischer Pflanzenschutzmittel „auf dem Malser Gemeindegebiet“ gefordert [4]. Sofort galt Mals als Symbol für vergleichbare Alternativen in Deutschland.

Doch gleich nach dem Referendum ist es den Malsern schlecht ergangen. Die Strittigkeit der Abstimmung hatte bald in der Lokalpresse wie „salto bz“ zu Rücktrittsforderungen der Amtsträger geführt. Die im Referendum geforderte Satzungsänderung fand auch in einer zweiten Ratssitzung am 09. Januar 2015 keine Mehrheit – das Experiment scheiterte. Und wird bestraft. Gemeinden in Südtirol müssen künftig die Zulassung von Volksabstimmungen über ein Richterkollegium beantragen. Damit soll geprüft werden, ob es verfassungs- und EU-konform ist.

Lesestoff:

[1] Präsentationen von der Tagung werden voraussichtlich in der nächsten Woche auf der Tagungswebseite des Umweltbundesamtes eingestellt: www.umweltbundesamt.de -> Themen -> Chemikalien

[2] www.bund.net Themen -> Chemie -> Pestizide „Ratgeber „Pestizidfreie Kommune“

[3] www.landwirtschaftskammer.de -> Landwirtschaft -> Pflanzenschutzdienst -> Genehmigungen und Kontrollen -> Nichtchemische Verfahren zur Unkrautbekämpfung auf befestigten Wegen und Plätzen

[4] Pestizidfreie Gemeinde Mals in Südtirol

Roland Krieg

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