Kompetenzkreis Tierwohl startet

Landwirtschaft

Schmidt macht bei Tierwohl Druck

Kurz nach Vorstellung der Tierwohl-Initiative des Bundeslandwirtschafts-ministeriums [1] hat Minister Christian Schmidt am Montag den Kompetenzkreis Tierwohl bereits zu seiner ersten Sitzung einberufen.

Der Arbeitskreis unter Vorsitz von Gert Lindemann soll eine „Prüfinstanz für konkrete Vorschläge“ werden. Zudem soll er Umsetzungen vorbereiten und Ideengeber sein. Es geht dabei um „realistische Bewertungen für die Umsetzung von Ideen“, die derzeit unter dem Oberbegriff Tierwohl zusammen gefasst werden, aber nicht immer das Stadium der Pilotphase erfolgreich verlassen. So sind viele Schweinehalter noch immer skeptisch über eine Ebermast. Oder: Es gibt keinen Markt für die 40 Millionen männlichen Legehennenküken, die bald nicht mehr getötet werden dürfen. Die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit dürfe nicht vernachlässigt werden, ergänzte Lindemann am Montag. Die Veredelungswirtschaft muss in Deutschland bleiben, ergänzte Schmidt.

Lindemann hatte mit dem Tierschutzplan Niedersachsen eine erste umfassende Blaupause vorgelegt, von der sein Nachfolger noch heute profitiert. Der Kompetenzkreis will kein Ersatz für das Bundesministerium sein und offen ohne Verbandsbezug über die verschiedenen Aspekte diskutieren. Alle sechs Wochen wollen die Teilnehmer zusammen kommen. Gleich am ersten Tag wurde über die Priorität debattiert. Soll es eine Art Tierhaltungs-TÜV für Haltungssysteme geben oder stehen nicht-kurative Eingriffe bei Tieren im Vordergrund? Zur Mittagspause, in der Schmidt und Lindemann vor die Presse traten, schlug das Pendel in Richtung Eingriffe am Tier aus.

Der Kompetenzkreis will auch die Diskussion mit der Gesellschaft beginnen. Alle Ergebnisse werden veröffentlicht. Das soll die Akzeptanz der Tierhaltung bei den Konsumenten wieder steigern.

Die Aufgabe ist schwierig. Die Zusammensetzung lässt auf eine breite Diskussion schließen, obwohl alle Beteiligten um Lösungen für alle bemüht sind, unterstrich Lindemann. Meist ist die Umsetzung von Vorlagen Ländersache, die derzeit nach politischer Couleur auseinander driften. Bindend sind nur Bundes- oder EU-Vorgaben. Hier will der Kompetenzkreis durch Verzahnung der Bund-Länder-Interessen eine Abstimmung im Föderalismus erzielen. So sind nach Tierschutzgesetz schon heute Verstümmelungen bei Tieren verboten. Aber Schwänze oder Schnäbel kupieren wird als Ausnahmetatbestand erlaubt. Am Ende werde der Bund gesetzlich regeln, was noch nicht geregelt ist, sagte Schmidt.

Im nächsten Jahr übernimmt Hessen den Vorsitz der Agrarministerkonferenz. Da soll das Prinzip der „freiwilligen Verpflichtung“ für das Länderprinzip diskutiert werden. Schmidt hat zudem mit den Niederlanden und Dänemark einen gemeinsamen Vorstoß für eine europäische Gesetzgebung vor. Innerhalb der nächsten Monate soll es in den Niederlanden ein erstes Treffen geben.

Die Teilnehmer

Es sind keine Parlamentarier im 16-köpfigen Kompetenzkreis. Neben Praktikern aus der Bio- und konventionellen Branche sind einige Verbände, Veterinäre und Wissenschaftler vertreten:

Gert Lindemann, Vorsitz, Landwirtschaftsminister in Niedersachsen bis 2013

Carsten Bauck, Praxis, Leiter eines bio-dynamischen Betriebes

Dr. Jörg Bauer, Praxis, Beratungszentrum Fritzlar

Inge Böhne, Veterinärin, Vorsitzende des Bundestierärztekammer-Ausschusses Tierseuchenrecht

Dr. Ludwig Diekmann, landwirtschaftliche Beratung, Vorsitzender des Fachausschusses Tierhaltung und Tierzucht der Landwirtschaftskammern

Dr. Clemens Dirscherl, Kirche, Mitglied im Beirat zum Tierwohl-Lanbel des Deutschen Tierschutzbundes

Roger Fechler, DBV, Referatsleiter Vieh und Fleisch und Mitglied der Tierschutzkommission im BMEL

Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Wissenschaft, Mitglied des Bioökonomierates

Jutta Jaschke, Verbraucherzentrale Bundesverband, Referentin Lebensmittel

Prof. Dr. Ute Knierim, Wissenschaft, Uni Kassel, Nutztierethologie und Tierhaltung

Prof. Dr. Peter Kunzmann, Wissenschaft, Tierärztliche Hochschule Hannover

Dr. Hermann-Josef Nienhoff, Lebensmittelkette, GF OS Qualität und Sicherheit

Prof. Rudolf Preisinger, Praxis, Uni Kiel und Leiter der Abteilung Genetik bei Lohmann Tierzucht

Thomas Schröder, Tierschutz, Präsident Deutscher Tierschutzbund

Prof. Dr. Achim Spiller, Wissenschaft, Uni Göttingen, Wissenschaftlicher Beirat BMEL

Theresa Ungru, Praxis, Betriebsleiterin eines Ackerbau- und Schweinemastbetriebes, Aufsichtsrat Erzeugerring Westfalen

Lesestoff:

[1] Tierwohl-Initiative des BMEL

Roland Krieg

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