Kompromiss bei der Berechnung der Kuhfladen

Landwirtschaft

Anhörung im Agrarausschuss des Bundestages zum Düngegesetz

Der Kuhfladen ist ein guter Dünger, bringt aber Stickstoff konzentriert auf eine Stelle und entlässt gasförmige Ammoiak in die Luft. Der Kuhfladen geriet zum Zankapfel in der Düngegesetzgebung, wie Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer letzte Woche berichtete. Die Bundesregierung wollte den Fladen auf der Weide für die Emissionen in der Landwirtschaft doppelt anrechnen lassen. Doch am Ende bleibt der Fladen ein Fladen, egal ob die Kuh ihn im Stall oder auf der Weide platziert. Die Verdopplung der Anrechenbarkeit hätte, so Meyer, dazu geführt, dass die Landwirte ihre Wiederkäuer lieber im Stall als auf der Weide gehalten hätten – obwohl die Verbraucher genau das Gegenteil erwarten: Glücklich grasende Kühe auf saftigem Grün [1].

Einigung über Düngepaket

Bund und Länder haben sich über alle Partein hinweg auf ein Düngepaket einigen können. Das Düngegesetz bildet die Grundlage für das Inverkehrbringen der Dünger und die Düngeverordnung regelt die Gute Fachliche Praxis und setzt auf dem Düngegestz auf. Seit vielen Jahren geht der Streit über Nitratfrachten im Grundwasser, Ausbringungstechniken und um das Recht. Weil Deutschland die Nitratrichtlinie verfehlt hat, hat die EU-Kommission das Land vor den Europäischen Gerichtshof gezerrt. Milliardenbuße, noch offen [2].

Jetzt ist plötzlich viel Schwung in die Diskussion gekommen und nach der Einigung in der Politik stehen die Zeichen tatsächlich auf Einigung im Bundestag. Am Montag diskutierten Fachexperten im Agrarausschuss des Bundestages mit den Politikern und zeigten sich wohlwollend, bei nur noch geringeren Differenzen über N-Bilanzen, Datensicherheit und Messstellennetze. So müsste der Ausschuss die Gesetzesvorlage empfehlen dürfen und endlich in den Bundestag einbringen.

„Jetzt wissen wir, was die Länder wollen“, sagte Steffen Pingen vom Deutschen Bauernverband. Er wiederholte nur noch einmal die Sorgen, dass die Landwirte das Gefühl haben, ihre Gute Fachliche Praxis der bedarfsgerechten Düngung trete hinter den Gewässerrechten zurück. Offen sei noch, wie Landwirte in den Gebieten mit rot markierten Grundwasserkörpern umgehen, obwohl ihre Messstelle keine Nitratüberschreitung zeige. Pingen hat sich mit der Einführung der Stoffstrombilanz als zweitbeste Möglichkeit abgefunden.

Am Ende muss die Entscheidung „enkelfähig“ sein. Turgut Pencereci vom Landeswasserverbandstag Brandenburg weist auf den langen Weg der Nährstoffe in das Grundwasser und das lange Gedächtnis der Böden hin, die erst nach vielen Jahren signalisieren, wenn sie überdüngt sind. Pencereci versteht die Vorlage als Kompromiss aller Beteiligten, aber „nicht als faulen Kompromiss“. Nach seinem Wunsch könnten die Bußgelder deutlich angehoben werden.

Bernhard Osterburg vom Thünen-Institut für Ländliche Räume findet den Übergang zur Stoffstrombilanz gut. Nur die Bilanzen zeigen nachweisbare und transparente Belege für das, was auf den Betrieben wirklich passiere. Diese Naturalbilanzen seien auch für den eigenen Betrieb nutzbar und können gemanagt werden. Osterburg plädiert für eine schnelle Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode, sonst drohe ein zweites Verfahren.

Birgit Apel von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen weiß, dass Düngegesetz und Düngeverordnung viele Landwirte treffen werden. „Vor allem auf die viehhaltenden Betriebe und Regionen kommen Kosten zu“, sagte sie. Die Landwirte brauchen neue Ideen und neue Produktionsverfahren. Das spiele der Beratung in die Hände, die Betriebe nicht nur einmal besuchen, sondern auf ihrem Weg zur Einhaltung der Richtlinien begleiten müssen. Kleinere Betriebe werden sich mit Lohnunternehmen aushelfen müssen.

Prof. Dr. Friedhelm Taube von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel versteht die neue Gesetzgebung als Paradigmenwechsel. Es gebe sehr viele „Top-Landwirte“, etliche die gut wirtschaften, aber auch viele, die beim Thema Düngung keine Ahnung hätten, was auf ihrem Betrieb passiere. Der Staat müsse für geringe Transaktionskosten der Kontrolle sorgen. Deshalb sei die Stoffstrombilanz mit Belegen am einfachsten umzusetzen.

Die ist eine „alte Forderung“ der Wissenschaft, ergänzte Prof. Dr. Franz Wiesler von der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) Speyer. Es gebe noch einige kleinere Defizite, wie Einarbeitungszeiten, die Frage der Degoration, also höherer Düngung, sowie zu lange Sperrfristen bei Festmist und Kompost. Dennoch: „Die Verbesserungen kommen endlich auf den Weg!“

Schon an die nächste Verordnung denken

Die Beteiligten haben sich bei der Bewertung auch auf ein Messnetz geeinigt, das für die Landwirtschaft repräsentativer als das Belastungsmnessnetz ist. Endlich reden alle über die gleichen Belastungen. Arbeitsgruppen haben jedoch noch viel zu tun, denn die Ausgestaltung der verbindlichen Stoffstrombilanz fehlt noch. Ein Problem ist der Begriff der unvermeidlichen Verluste zwischen Futtergewinnung und Futtertisch. Da hole sich die Politik das nächste Problem ins Haus. Denn die EU wird den Nährstoff Phosphor als nächstes in das Visier nehmen, die endliche Ressource müsse effizienter genutzt werden. Prof. Taube weiß aus Betriebsdaten, dass Landwirte bei Phosphor auch nicht sparsam umgehen. P wird wie die Düngegesetzgebung weitere Strukturbereinigungen nach sich ziehen. Die Niederländer müssen zur einhaltung der aktuellen Phosphorwerte bereits ihre Kuhherde reduziern [3].

Lesestoff:

[1] Einigung beim Düngerecht: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/einigung-beim-duengerecht.html

[2] Absehbares Nitrat-Fiasko: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/absehbares-nitrat-fiasko.html

[3] Wegen Phosphate: 50 Mio. Euro für weniger Milchkühe: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/niederlaender-werden-milchkuhbestand-deutlich-reduzieren.html

Roland Krieg

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