Kongress Holzenergie

Landwirtschaft

Läuft der Wirtschaftsmotor Holzenergie rund?

Baum von unten

Mit mehr als 10 Millionen Hektar Fläche ist der Wald in Deutschland  doppelt so groß wie das Grünland und reicht fast an die Ackerbaufläche von 12 Millionen Hektar heran. Der Wald ist einer der mystischsten Orte der Nation, dient der Erholung, entzieht durch sein Wachstum der Atmosphäre Kohlendioxid und ist Rohstoff. Holz ist der langfristige Bestandteil der Bioenergie. Doch wenn ein Baum gefällt wird, wird es emotional, sagte Bernd Heinrich vom Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF). Doch er weiß auch: „Ohne Bioenergie sind die Klimaziele von Paris nicht zu erreichen.“ Der 20. Fachkongress für Holzenergie ist wegen der Pandemie erstmals mit 13 Sitzungen über den Zeitraum von einer Woche digital gestartet und unterstrich gleich zu Beginn, wie wichtig das Holz im und aus dem Wald ist.

Holz in Zahlen

68 Millionen Kubikmeter Holz wurden 2019 jährlich eingeschlagen, Wind, Sturm, Schnee und Insekten haben etwa 46 Millionen Kubikmeter Schadholz verursacht. Das ist mehr als die dreifache Menge gegenüber dem Vorjahr. Das Thema der gerade zu Ende gegangenen Waldtage Deutschland ist war die Trockenheit, die in rund 1,80 Meter Tiefe die Bäume schädigt. Dennoch liegt das Holzwachstum mit derzeit elf Kubikmeter pro Jahr und 121 Millionen Kubikmeter insgesamt noch im grünen Bereich.

Der Deutsche Holzwirtschaftrat (DHWR) führt auf seiner Seite gleich die Bedeutung der Holzwirtschaft auf. Holz ist Quelle für Papier- und Zellstoffproduzenten, dient als Werkstoff für Möbel und Bau. Holz trägt als Parkett zur wohligen Wohnatmosphäre bei und trägt mit 111 Millionen Paletten pro Jahr die Waren des alltäglichen Bedarfs zu Kunden und Konsumenten.

Holz ist allerdings auch der ursprünglichste Energieträger, auf dessen Feuer die ersten warmen Mahlzeiten zubereitet wurden und die Menschen ihre Höhlen erhellten und wärmten. Das moderne Kaminfeuer mit Scheitholz, Hackschnitzel oder Pellets ist die Reminiszenz des urbanen Menschen an seine Geschichte.

Holzbrennstoffe

Biomasse stellt nach wie vor den größten Anteil an Endenergie aus nachwachsenden Rohstoffen. Mehr als 90 Prozent der regenerativen Wärme kommt nach Angaben der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) aus Holz. Mittlerweile heizt wieder jeder vierte Haushalt mit Holz. Als Pellet, Scheit oder Hackschnitzel landen rund 25 Millionen Festmeter im Brennkessel. Der größte Anteil Scheitholz wird sogar vorwiegend in Selbstwerbung gewonnen. Zu Brennholz werden auch Äste aus dem eigenen Garten, aus der Landschaftspflege, unbehandeltes Gebrauchtholz und Stückholzreste aus dem Sägewerk.

Die Menge an nachhaltig verfügbarer Biomasse für die energetische Nutzung gibt Bernd Heinrich mit bis 1.800 Petajoule an. Der Nutzungskorridor für Holz liegt in der Spanne von 78 bis 105 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der Holzvorrat in Deutschland liegt bei 3,9 Milliarden Kubikmeter und hat sich gegenüber 2012 um sechs Prozent vergrößert. Insgesamt baut Deutschland seine Holzvorräte seit 30 Jahren auf. Daher stehe einer Verdoppelung bis Verdreifachung der aktuellen Nutzung nichts im Wege.

Negative Emissionen

Biomasse entzieht durch ihr Wachstum Kohlendioxid der Atmosphäre. Nur sie ist in der Lage, große Mengen vorhandener Emissionen einzubinden und langfristig festzulegen. Die Forstwirtschaft bezeichnet diese Gutschrift als negative Emissionen, ohne die Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen kann. Es geht längst nicht mehr um Einsparung an Emissionen, sondern schon um den aktiven Entzug der Emissionen aus der Luft. Mit Aufforstung, Wiederaufforstung nach Nutzung, mit Biokohle und Carbon Storage kann die europäische und weltweite Klimaneutralität 2050 erreicht werden.

War das Ziel bislang schon ambitioniert, hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Mitte September ein höheres Engagement bei den Klimazielen eingefordert: Die Emissionen sollen bis 2030 nicht mehr nur um 40, sondern um 55 Prozent gesenkt werden, der Entzug von Treibhausgasen aus der Atmosphäre sei Pflicht, die Themen Energieeffizienz und Emissionshandel werden grundlegend überarbeitet und bis zum Sommer 2021 will die Kommission die Förderung erneuerbarer Energien überarbeiten. „Das ist ein gewaltiger Sprung für den Standort Deutschland“, kommentiert Heinrich. Aber es lohnt sich. Nicht nur wegen des Klimas, sondern auch wirtschaftlich. Die Bioenergie sichert mit einem Plus von 4,3 Prozent mittlerweile 660.000 Beschäftigten in den Kommunen einen Arbeitsplatz. Trotz Pandemie kann der Holzenergiemarkt auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken.

Dafür sorgen auch die geplanten Förderkulissen der Bundesregierung. Aus dem Marktanreizprogramm mit bis zu 45 Prozent Förderung wird im nächsten Jahr die BeG (Bundesförderung effiziente Gebäude). Hinzu kommt die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BeW). Diese Verzahnung beurteilt Heinrich als richtungsweisend, um Kannibalisierungseffekte der Förderung zu vermeiden.

Klimaschutz in der Industrie

Neben der Summe der Einzelhaushalte kann die Industrie, den Umschwung von der linearen Nutzung fossiler Kohlenstoffketten hin zur Kreislaufwirtschaft mit Holz, einen hohen Beitrag leisten. Prozesswärme wird zunehmend durch Holzenergie erzeugt. 62 Prozent der geförderten Anlagen für erneuerbare Energien sind Holzenergieanlagen. Im laufenden Jahr sind bereits mehr als 58 Millionen Euro Investitionsvolumen angereizt worden.  Aktuell laufen 66 Altholzkraftwerke, die 735 MWel bereitstellen und rund fünf Millionen Tonnen CO2 einsparen. Die energetische Nutzung bleibt künftig das Rückgrat der Altholznutzung.

Die Pandemie als Chance versteht Dr. Simone Peter. Die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) will mit einem nachhaltigen Konjunkturprogramm die deutsche Volkswirtschaft zukunftsfähiger machen und sowohl ökologisch, als auch ökonomisch und sozial gestalten. Dazu gehöre der Abbau administrativer Hürden, die dem Ausbau der neuen Energien entgegenstehen und ein über den Europäischen Emissionshandel flankierten fairen CO2-Preis, der diese nicht diskriminiert. Ein Mittel ist die Senkung des Strompreises für grünen Wasserstoff, Power-to-X-Anwendungen und Speicherkapazitäten. Die Stromsteuer soll von derzeit 20,50 Euro/MWh auf den europäischen Mindestpreis von 0,50 Euro gesenkt werden. Ein Problem sind die aktuell niedrigen Gas- und Erdölpreise, die es den neuen Energien am Markt schwer machen. In der laufenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werden die schlechten Rahmenbedingungen für die Bioenergie nicht ausreichend beseitigt. Die Ausschreibungen reichen für den Bedarf nicht aus. Nach Peter wird es weiterhin einen Mix bei Biokraftstoffen geben. Synthetisches Kerosin aus Holz kann allerdings ein Baustein für den Ersatz fossiler Antriebsstoffe werden. Es komme nach Peter auf die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen an, die eine notwendige Transformation für die Einhaltung der Pariser Klimaziele forciere. Um Importe von Bioenergie komme Deutschland nicht herum, soll aber so viel wie möglich selbst erzeugen. „Perspektivisch bekommen wir eine Eigenversorgung hin“, ergänzt Heinrich. Dazu brauche es aber den offenen Diskurs mit der Gesellschaft.

Blick nach vorn

Tobias Mayinger von der Prolignis Energie Consulting plant und baut Holzkraftwerke für die Industrie. Er wünscht sich mehr Partnerschaften mit den Energieversorgern. Die sind es gewohnt, mit großen fossilen Volumen zu handeln und zu verteilen. An regionale Konzepte, wie Holzenergie, müssen sie sich erst herantasten. Dabei spielten diese eine wichtige Rolle bei der Fernwärme. In Zwickau hat die Holzenergie im Zusammenspiel mit der Fernwärme den Preis gesenkt.

In der Forschung steht das Thema Emissionen an erster Stelle, ergänzt Dr. Steffen Daebeler von der FNR. Aktuelle Förderaufrufe laufen zu den Themen „Plattformchemikalien aus Holz“ und zum „Umgang mit Kalamitätsflächen und Kalamitätsholz“. Dazu gibt es diese Woche noch einen Spezialworkshop. Denn die Flut an Schadholz in Höhe von 180 Millionen Kubikmeter hat die Preise am Holzmarkt abstürzen lassen und ist ein zusätzliches wirtschaftliches Hindernis für die nachhaltige Nutzung von Holz.

Roland Krieg; Foto: roRo

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