Korrigiert Berlin Kopenhagen?

Landwirtschaft

Agrarminister über Landwirtschaft und Klima

Nach Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner spielte die Landwirtschaft auf der Agenda zum Klimaschutz „nur eine untergeordnete Rolle“. Der Berliner Agrarministergipfel würde das ändern. Alexander Müller, Stellvertretender Generaldirektor der FAO, stellt den Zusammenhang deutlich dar: Die Welternährungsprobleme könne die Welt nicht lösen, wen sie den Klimawandel nicht in den Griff bekomme, und den Klimawandel bekommen die Welt nur in den Griff, wenn in der Landwirtschaft etwas geändert wird. Doch was, das steht noch aus. Die einen wollen extensivieren und auf Konsum verzichten, die anderen wollen intensivieren und neueste Technologien verwenden. Das Agrarministerpodium zur Grünen Woche machte vor allem eines klar, nämlich, warum Kopenhagen gescheitert ist: Es herrscht die Sichtweise der Industrieländer vor.

Grundkonsens und Schuldfrage
Dun Niu, Vizelandwirtschaftsminister in China, resümierte, dass die Menschheit seit mehr als einem Jahrhundert freudig die Industrialisierung vorangetrieben habe und jetzt erkenne, dass „einige negative Früchte, wie die Treibhausgase“ geerntet werden. Das Thema Klimaschutz sei viel komplexer als eine alleinige Lösung in der Landwirtschaft und der Kompromiss in Kopenhagen sei nicht einer von wenigen Staaten gewesen, sondern einer von allen. Sprich: Dieser Kompromiss ist der derzeit einzig erreichbare.
Laurent Gouinde Sédogo, Landwirtschaftsminister aus Burkina Faso, weiß auch, wer sich noch am ehesten für ein weitreichenderes Ergebnis bewegen muss: Afrika hat zu dem Problem nichts beigetragen, kann aber durch eine nachhaltige Landwirtschaft viel an der Lösung mitarbeiten. Afrika leide schon seit den 1960er und 70er Jahren an der Ausbreitung der Wüste lebe damit bereits im Klimawandel, so Sédogo: „Ohne Berücksichtigung des Klimawandels ist eine Landwirtschaft in Afrika nicht möglich!“.

Intensivierung oder Extensivierung?
Die Frage nach der richtigen Bewirtschaftung wird dem Themenkomplex nicht gerecht. Es geht auch um den Konsum. Wer den Konsum als unveränderlich betrachtet, der kommt um eine Intensivierung nicht herum. China hat nach Angaben Nius rund 30 Kompetenzzentren in Afrika errichtet, um mit Hilfe von Hybridsaatgut und Landtechnik, die Ernteerträge zu steigern. Auch Berater helfen den afrikanischen Bauern, die Niu als „Schlüssel für die Lösung des Ernährungsproblems bezeichnet. Ajay Vashee, Präsident des Weltbauernverbandes, widerspricht ihm nicht. Erst die Ernährungssicherung verhindere Umweltflüchtlinge, die Konflikte verschärfen können. Die Bereitstellung von Wasser, Nahrung und Energie auf Betriebsebene gehöre daher z den vorrangigsten Aufgaben. Und neue Technologien müssen für die Bedürfnisse der Kleinbauern erschwinglich sein.

Wer Ernten schützt, hilft dem Klima
Zur Agrardiskussion teilte der Industrieverband Agrar aus Frankfurt mit, dass geschützte ernten, dem Klima helfen. Geschäftsführer Volker Koch-Achelpöhler sagte: „Die Welt wird unweigerlich mehr Lebensmittel brauchen. Dabei werden wir uns von klaren Fakten und nicht von romantischen Vorstellungen leiten lassen. Wenn man den Landverbrauch einrechnet, zeigen viele Studien dass moderner Ackerbau mit Pflanzenschutz und Düngung hilft, den Treibhausgasausstoß pro produzierter Getreideeinheit zu senken.“

Kopenhagen habe gezeigt, dass zu wenig Landwirtschaft in den Verhandlungen ist. Da habe die Weltengemeinschaft Nachholbedarf.
Vashee schlägt auch vor, die gesellschaftlichen Aufgaben der ökologischen Leistungen durch eine nachhaltige Landwirtschaft zu bezahlbaren Gütern zu machen.

Konsumverzicht ist individuelle Aufgabe
Agrarministerin Aigner rückte ihre Aussagen im Vorfeld der Grünen Woche zu einem verminderten Fleischkonsum zurecht. Man könne keinen Konsumverzicht vorgeben, dass sei eine individuelle Entscheidung jedes Einzelnen. Klimaschutz fange bereits dann an, wenn man weniger Lebensmittel wegwerfe.

Roland Krieg

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