Krokusse im Förderdschungel

Landwirtschaft

Zukunft der Gartenakademie MV ist ungewiss

In dieser Woche steigen auch die Nachttemperaturen. Krokusse haben sich schon aus dem Erdreich an die Luft gewagt und die Gärtner bereiten sich auf die Saison vor. Ganz anders ist derzeit die Situation in der Gartenakademie Mecklenburg-Vorpommern in Marihn. Dort ist die Zukunft ungewiss. Denn es gibt Streit mit dem Landwirtschaftsministerium.

Ökologisch gärtnern

Die Gartenakademie MV zeichnete im Jahr 2010 die ersten zehn Gärten mit der Plakette „Natur im Garten“ aus. Einem in Deutschland neu eingeführten österreichischen Siegel, das für ökologisches Gärtnern und für genussvolle Nahrungsmittelproduktion werben will. Das Projekt der Gartenakademie ermittelt mit Hilfe eines Punktesystems das biologische Gleichgewicht eines Gartens. Ohne Pflanzenschutzmittel, mit Torf als Dünger und Wildstrauchhecken zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt. Drei Monate lang war das Projekt so erfolgreich, dass bislang rund 40 Gärten die Plakette tragen dürfen. Jetzt gibt es Streit über die Fördermittel und das Projekt „Natur im Garten“, vielleicht sogar die Gartenakademie MV, steht vor dem Aus.

Chronologie

1999: In Niederösterreich wurde von dem damaligen Landesrat Mag. Wolfgang Sobotka das Projekt „Natur im Garten“ gegründet. Es ist nicht auf wirtschaftlichen Gewinn ausgerichtet und will den Gärtnern den eigenen Garten als lebendiges Ökosystem im Kleinen bewusst machen.

03. Dezember 2009: Die Gartenakademie MV unterzeichnet mit dem österreichischen Lizenzgeber einen non-profit-Vertrag

14. Mai 2010: Genehmigter vorzeitiger Maßnahmebeginn nach Einreichung eines Förderantrages zur Unterstützung durch das Land.

29. Mai 2010: Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich Ökologie und Garten zwischen dem Land Niederösterreich, dem Agrarministerium Mecklenburg-Vorpommern und der Gartenakademie als Projektträger von „Natur im Garten“.

06. August 2010: Die ersten Plaketten „Natur im Garten“ wurden an die ersten zehn Gärten verteilt

03. Dezember 2010: Kuratoriums- und Beiratssitzung mit österreichischer Teilnahme und mit Dr. Till Backhaus als Kuratoriumsmitglied. Es drohte „aus finanziellen Gründen der Ausstieg“, wie die Gartenakademie mitteilte.

06. Dezember 2010: Das Landwirtschaftsministerium schreibt an die Gartenakademie1): „Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen versichern, dass ich gewillt bin, darüber hinaus die im vorgelegten Finanzierungsplan für den Zeitraum 01.06.2010 bis zum 31.01.2012 veranschlagten Mittel in Höhe von 335.983 Euro nach Vorliegen der formellen Voraussetzungen im Januar 2011 zu bewilligen.“

24. März 2011: Pressemitteilung der Gartenakademie, dass zugesagte Fördergelder nicht ausgezahlt werden. Es liege weder ein ablehnender noch bestätigender Bescheid vor. Mündlich wurde aus dem Ministerium mitgeteilt, dass die Förderung ruhe.

25. März 2011: Das Landwirtschaftsministerium teilt mit, dass nach neuen Erkenntnissen im Januar 2011 das bisherige Konzept der Gartenakademie „in der vorgelegten Form nicht förderfähig“ sei. Das bis 2013 geplante Projekt sei in dieser Form nicht umzusetzen, weil der Unternehmensverbund vor Ort „in finanziellen Schwierigkeiten“ stecke. Gespräche mit dem Geschäftsführer Horst Forytta seien gescheitert und Minister Dr. Till Backhaus könne sich eine andere Trägerschaft vorstellen, da er von dem Projekt „für Mecklenburg-Vorpommern eine große Ausstrahlungswirkung erwarte“.

25. März 2011: Am Abend hat das Landesförderinstitut auch die Fördermittel für die Sanierung des Landguts Marihn zurückgenommen, da für die bislang ausgezahlte sechsstellige Summe kein Verwendungsnachweis vorliege.

25. März 2011: Brief der Gartenakademie, der Herd-und-Hof.de vorliegt, an das Ministerium, in dem Horst Forytta noch einmal die Zurückhaltung zugesicherter Fördermittel beklagt. Horst Forytta bestreitet, dass die beiden Gesellschaften GP concepts + services UG/haftungsbeschränkt als Zweckbetrieb der gemeinnützigen Gartenakademie und die Schullehrpfad Marihn gemeinnützige UG/haftungsbeschränkt in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Auf Grund der Fördermittelzusage wurden Gelder ausgegeben, die nach dem Erstattungsprinzip vorgeleistet werden müssen. Daher sei nun die Gartenakademie in Schwierigkeiten, da sie rund 100.000 Euro bereits ausgegeben habe.

Fördergelder, Lizenzen und Firmengeflecht

Eine einfache Idee, eine einfache Umsetzung – aber es wurde ein kompliziertes Gemengelage:
Das Ministerium hat die Fördermittel bewilligt und zugesagt, wenn die formale Vorlage bis zum Januar vorhanden ist. Fehlt die Vorlage hat die Gartenakademie angeboten, sie entsprechend nachzureichen. Gegenüber Herd-und-Hof.de verweist das Ministerium auf seine Pressemitteilung und will sich zu den neuen Erkenntnissen vom Januar nicht weiter äußern. Zentral ist die Kuratoriumssitzung vom 03. Dezember, nachdem die Mittel zunächst zugesagt wurden. Hierzu erklärt das Ministerium, dass „Herr Forytta selbst … in dieser Sitzung von finanziellen Schwierigkeiten der Gartenakademie (nicht von Ausstieg) gesprochen“ habe.
Es geht auch um Lizenzen. Bislang ist die Gartenakademie Lizenznutzer. Das Ministerium habe gegenüber der Gartenakademie den Wunsch geäußert, dass nicht diese eine Exklusivlizenz für das Land Mecklenburg-Vorpommern haben sollte. Horst Forytta teilte mit, dass die Gartenakademie den Lizenzvertrag nicht kündigen und daher nicht frei geben werde.
Offenbar spielt auch der Unternehmensverbund mit seinen engen personellen Verflechtungen eine Rolle. Wer hier wann und warum kein Geld hat, können wohl offenbar nur noch Buchhalter klären.

Die Gartenakademien

Unterhalb des Projektes „Natur im Garten“ steht die Gartenakademie. Sie wurde 1994 zuerst in Bayern gegründet und verfolgt das Ziel des naturnahen Gärtnerns. Mittlerweile gibt es Gartenakademien in mehreren Bundesländern, die nicht in den Mahlstrom des Nordens geraten sollten.
Eine Sprecherin der Gartenakademie Baden-Württemberg erklärte, dass allein in ihrem Bundesland 2,5 Millionen Kleingärtner eine Fläche bewirtschaften, die doppelt so groß ist, wie die der ausgewiesenen Naturschutzgebiete. Beratungen und Seminare sollen den Freizeit- und Fachgärtnern Tipps für naturnahes Gärtnern geben. Mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg sind die Gartenakademien der anderen Bundesländer den landwirtschaftlichen Landesanstalten oder den Landwirtschaftskammern angeschlossen und haben daher ein sicheres Budget. Baden-Württemberg erhielt vom Landwirtschaftsministerium eine Anschubfinanzierung und finanziert sich mit Seminaren, Sponsoren und Projekten jetzt alleine.
Wie es im Norden weitergeht ist derweil noch offen.

Lesestoff:
1)
Nordmagazin 24.03.2011
Marihn wurde 2007 im Cittaslow – Netzwerk aufgenommen
Die ersten Plaketten „Natur im Garten“ wurden verteilt

Roland Krieg

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