Kulmbach gewinnt „Landschafft 2012“

Landwirtschaft

Stadt und Land Kulmbach mit Bleibeperspektiven

Nach Oberschwaben und dem Ilmenaukreis wurden am Mittwoch die Stadt und der Landkreis Kulmbach in Oberfranken von der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft mit dem Preis „Landschafft 2012“ ausgezeichnet. Die vom Deutschen Bauernverband (DBV) im Jahr 2006 gegründete Stiftung will über Jahrhunderte gewachsene, ländliche und bäuerliche Kulturlandschaften würdigen, die eine vielfache Nutzung aufweisen und den Menschen eine Existenzgrundlage sichern, erläuterte Stephanie Egerland-Rau, Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Die ländlichen Regeionen haben vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Befürchtung, dass sie in der Nähe von Metropolen ins Abseits gedrängt werden. Doch sie bieten Chancen für eine neue Wertschöpfung, gerade durch den Bedarf an dezentral erzeugter, erneuerbarer Energie.

Merkmale der Bleibeperspektive

In seiner Laudatio führte Dr. Helmut Born, Generalsekretär des DBV, die statistischen Werte der Region an: 658 Quadratkilometer für 75.000 Menschen mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren. Lediglich 4.605 Menschen arbeiten im verarbeitenden Gewerbe, die Region weist 2.275 Gästebetten und 800 landwirtschaftliche Betriebe auf. Die Arbeitslosenquote liegt bei vier Prozent.
Handelsreisende zwischen Stettin und Venedig, zwischen Brüssel und Prag haben hier schon immer Station gemacht. Die vom Mittelgebirge geprägte Landschaft ist die Kulisse Wallensteins.
Zahlen und Geschichte beschreiben aber nicht die „Bleibeperspektive“ für die Menschen, so Dr. Born. Stadt und Landkreis haben markante Eigenschaften geschaffen. Dazu zählt der 3. Lebensmittel-Cluster Bayerns. Neben dem Internationalen Kompetenzzentrum für Fleischqualität im Kulmbacher Max-Rubner-Institut gibt es seit diesem Jahr auch das Bayerische Kompetenzzentrum für Ernährung, das für die größtenteils mittelständischen Unternehmen bei der Entwicklung neuer Lebensmittel helfen soll. In Kulmbach werden in der Akademie für Ernährung und der Staatlichen Fachschule für Lebensmitteltechnik die künftigen Spezialisten ausgebildet.
Ein weiterer Baustein ist die Genussregion Oberfranken, die auf das traditionelle Handwerk setzt und ideenreich Touristen umsorgt. Vor kurzem hat Dr. Bernd Sauer von der Handwerkskammer Oberfranken die Erfolgsgeschichte in Berlin vorgestellt1).

v.l.n.r.: OB Henry Schramm, GF der Stiftung Dr. Stephan Lütgert, BM Dr. Hans-Peter Friedrich, Landrat Klaus Peter Söllner, Vorsitzende Stiftung stephanie Egerland-Rau und Dr. Helmut Born (DBV)

Energie ist ein weiterer Aspekt, der den Menschen Arbeit und Lohn gibt. Henry Schramm, Oberbürgermeister der Stadt Kulmbach, verweist auf die vor 13 Jahren bereits gegründete Energieagentur, die sich auf die Erzeugung regenerativer Energien und Energieeffizienz spezialisiert hat. Die Landwirtschaft wurde damals schon mit der Rolle des Energiewirtes integriert. Im Rahmen des modernen Energiemanagements gehen Berater in die öffentlichen Gebäude, um in mittlerweile 18 Landkreisen und der Stadt Nürnberg nach Effizienzlücken zu suchen.
Für Dr. Born gehört die Daseinsvorsorge für einen funktionierenden ländlichen Raum dazu. Das Klinikum Kulmbach ist verschiedentlich dazu ausgezeichnet worden. Für die Breitbandanbindung des ländlichen Raums stehen „Breitbandpaten“ zur Verfügung.

Wettbewerb der Regionen

An der Preisverleihung nahm Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich teil. Dezentrale Strukturen sind nach Dr. Friedrich das Fundament des ländlichen Raums. Der Mittelstand habe daher eine größere Bedeutung als die Großindustrie. Die ländlichen Räume leben von den ehrenamtlichen Tätigkeiten der Menschen, die Strukturen schaffen, in der die Menschen aufgenommen werden. Die Lebendigkeit des ländlichen Raums sei ökonomisch und gesellschaftlich eine Herausforderung. Künftig werde es einen „Wettbewerb der Regionen“ um die Menschen geben, die eine Alternative zur Urbanisierung suchen.

Nicht alles läuft einwandfrei

Die Auszeichnung will nicht die Regionen hervorheben, die es „geschafft“ haben, erläuterte Stephanie Egerland-Rau. Die Auszeichnung soll auf die Regionen aufmerksam machen, die mit einer eigenen Basis auf dem guten Weg sind, attraktive und wirtschaftlich lebendige Räume zu schaffen.
Das im Detail noch Aufgaben zu erledigen sind, beschreibt Klaus Peter Söllner, Landrat des Landkreises Kulmbach. Der Kreis würde sich gern dem ÖPNV-Verbund mit Nürnberg anschließen. Das aber würde wegen der Ausweitung des Tarifverbundes, Nürnberg liegt rund 100 Kilometer weiter südlich, die Tarifstruktur verändern. Fürth und erlangen seien derzeit nicht bereit, „etwas draufzusetzen“.

Lesestoff:

www.landschafft.info

1) Landwirtschaft und Handwerk. Ein Beispiel: Genussregion Oberfranken

Roland Krieg (Text und Fotos)

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