KUP: Noch viele Aufgaben

Landwirtschaft

Bäume werden neu entdeckt

Nicht nur die Bauern müssen die schnelle Umtriebsplantage zur Erzeugung hölzerner Biomasse entdecken – auch die Wissenschaft erschließt sich mit Weiden und Pappeln neue Forschungsfelder. Der zweite Tag der Berliner Agrarholz-Tagung von BMELV und FNR zeigte Wirkfelder auf.

KUP lohnt sich
Auch wenn die Bauern noch zögerlich auf die neuen Dauerkulturen reagieren, so kann die Wissenschaft Gründe für deren Nutzung liefern. Nach Prof. Albrecht Bemmann von der TU Dresden müsse der Landwirt beim Anbau bedenken, dass er im Herbst vor Pflanzen der Stecklinge ein Totalherbizid spritzen müsse und unmittelbar vor oder nach dem Stecken Vorauflaufmittel einsetzen muss. Je nach Wilddichte in der Region muss die junge Plantage auch über Bejagung oder einen Zaun gegen Wildverbiss geschützt werden. Doch die ganzen Jahre danach ist kein weiterer Einsatz von Pflanzenschutzmittel mehr notwendig und die Bäume machen eine Bodenbearbeitung überflüssig. Durch diese erzwungene Bodenruhe verstärken sich die Bioaktivitäten im Boden und das fallende Laub sorgt für einen Humuszuwachs.
Nach Dr. Alwin Janßen von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) weisen KUP die niedrige CO2-Vermeidungskosten bei hoher CO2-Vermeidungsleistung auf und sind unter naturschutzfachlicher Bewertung vielen anderen landwirtschaftlichen Kulturen überlegen.
Auch monetär springt beim Anbau etwas heraus. Prof. Bemmann errechnete eine jährliche Rente (Annuität) von 275 Euro je Hektar.

Pappelstecklinge

Optimierungsbedarf
Dr. Udo Hans Sauter von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) beschrieb, an welchen Optimierungsfeldern die Wissenschaft mit der Praxis arbeitet. Mit Hilfe einer Analyse des Wurzelwachstums sollen Pflanzeneigenschaften optimiert werden. Es laufen Versuche, die Pflanzenernährung auf Marginalstandorten zu verbessern und bei Pappel-KUP prüfen die Experten die Flächenverfügbarkeit und Flächenkonkurrenz gegenüber andern Anbauformen.
Das für eine erfolgreiche KUP auch die richtige Sortenwahl notwendig ist, erklärte Dr. Karl Gebhardt von der NW-FVA. Weltweit gibt es zwischen 350 und 500 Gattungen der Weide (Salix), die ihren genetischen Ursprung in China hat. Mittlerweile haben sich die Weiden in vielfältigen Ausprägungen von der arktischen Tundra bis zu den Tropen und hochalpinen Regionen an verschiedene Standorte angepasst. Die Weide ist durch Frostresistenz, Überschwemmungstoleranz und Raschwüchsigkeit geprägt und hat daher Konkurrenzvorteile an manchen Standorten. Doch die Plantagenbesitzer wollen einen definierten Ertrag erzielen und legen Wert auf Kriterien wie Ertrag, Krankheits- und Schädlingstoleranz, Wachstumsgeschwindigkeit sowie Holzqualität in Form von Rindenanteil und Ligningehalt. Es kommt also auf die „richtige Weide“ an. Züchter arbeiten an bestimmten Sortimenten, die standortangepasst die besten Erträge erzielen, Doch alleine für den Aufbau einer „Basiskollektion“ brauchen die Züchter zwei Jahre Zeit.
Das die Züchter Nachholbedarf bei Bäumen haben, zeigte auch Volker Schenk vom Thünen-Institut (vTI). Auch die nordamerikanische Robinie eignet sich für die Nutzung in der KUP. Doch bislang haben nur die Ungarn um das Jahr 1930 herum erste „Plusbäume“ selektiert.
Die Pappelzucht ist weiter. Dr. Renate Lührs von der Phytowelt GreenTechnologies GmbH beschreibt die hochmodernste Züchtungsarbeit. Die Sektion Leuca der Pappeln (Aspen) zeichnen sich durch gute Holzeigenschaften und Krankheitsresistenz aus. Hingegen zeigen die der Sektion Tacamahaca und Aigeros eine gute Ausschlagsleistung und Aufwuchsvermögen. Die Pappelhybride aus beiden Sektionen wäre wertvoll, ließe sich aber kaum auf klassischem Wege züchten. Daher greifen sie auf die somatische Hybridisierung zurück, die auch als Protoplastenfusion bezeichnet wird. Dabei werden Zellen ohne Zellwand aus den Eltern gewonnen, um die Gene in einem elektrischen Feld dennoch zusammenzubringen.

Gesetzlicher Rahmen
Die KUP muss auch noch gesetzliche Hürden überwinden. Damit Beihilfen gezahlt werden können, müssen die Pflanzen und ihre Anbauform benannt werden. Deutschland hat die EU-Vorgaben bereits erfüllt. Weiden, Pappeln, Robinie, Birken, Erlen und Eschen sind dann beihilfeberechtigt, wenn der Betrieb mindestens einen Hektar KUP betreibt und die Feldgröße nicht unter 0,3 Hektar umfasst. Martina Marx vom Sächsischem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) drängte auch auf die Novelle des Bundeswaldgesetzes, die kurz bevorsteht. Derzeit regelt das Waldgesetz, dass „Wald im Sinne des Gesetzes jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche“ ist. Darunter würden dann auch die KUP fallen und die Fläche dürften nach der Nutzung nicht mehr für den Ackerbau zur Verfügung stehen. Ausnahme: Die Flächen, für die eine einheitliche Betriebsprämie gezahlt wird, zählen weiterhin als landwirtschaftliche Fläche. Die Novelle des Bundeswaldgesetztes wird KUP und Agroforstsysteme nicht mehr als Wald definieren.

Naturschutz nur wenig Bedenken
Insgesamt hatte Claudia Hildebrandt vom Bundesamt für Naturschutz nur wenig Bedenken gegen die KUP. Sie würdigte ihre Funktion als „Trittsteine“ im Biotopnetz und die möglichen bodenverbessernden Eigenschaften. In monotonen Agrarlandschaften können KUP sogar als gestalterisches Element wirken. Hildebrandt fürchtet jedoch Grünlandumbruch und Lebensraumvereinheitlichung durch die Forstklone.

Versuchsfläche Dornburg TLL

Agroforstsysteme
Traditionell haben die Menschen Holz aus gemischten Systemen geerntet. Schweine wurden in die Waldweide zur Eichelmast getrieben und in England und Frankreich sind Heckensysteme im Verbund mit Ackerbau und Weidehaltung eine Nutzungsbereicherung, so Dr. Wolfgang Zehlius-Eckert von der TU München.
Dr. Armin Vetter von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) zeigte die Versuchsfelder der TLL, bei der Raps und andere Feldfrüchte zwischen Forststreifen angebaut werden.
Die Bäume fördern sogar die Ackerfrüchte. Im Lee der Baumstreifen steigen die Bodenfeuchte, die Niederschläge und die Taubildung. Hingegen sinken Verdunstung und die Windgeschwindigkeit. Insgesamt profitieren die Ackerpflanzen im Windschatten durch einen höheren Ertrag. Vor allem die sinkende Verdunstungsrate könne, so Dr. Vetter, im Rahmen des Klimawandels noch bedeutend werden.

Lesestoff:
Das zentrale Einstiegstor für die Nutzung von Kurumtriebsplantagen finden Sie unter www.fnr.de
Die internationalen Kooperationsprojekte mit GB, F und S gibt es unter www.eranetbioenergy.net
Extensive Landnutzungsstrategien mit nachwachsenden Rohstoffen finden Sie unter www.landnutzungsstrategie.de
Herd-und-Hof.de hat im letzten Jahr das Pelletwerk in Wismar und eine KUP besucht. Den Bericht darüber finden Sie als Download im Bereich Marktplatz (Ausgabe 1/2009)

Roland Krieg; Foto: Pappelstecklinge: Fachhochschule Rottenburg; Grafik: TLL

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