Landkost-Ei setzt auf Bodenhaltung

Landwirtschaft

Sechs neue Hühnerställe zum Welt-Ei-Tag

Jedes Dritte Huhn aus Brandenburg lebt in Bestensee – der Heimat der Landkost-Ei, die täglich eine Million Eier sammelt, konfektioniert, verpackt und vermarktet. An fünf Tagen die Woche gehen Eier aus dem Landkreis Dahme-Spree in die Schweiz. Geliefert wird nach Griechenland, Prag und Industrieware nach Hongkong. Schwerpunkt bleibt jedoch Berlin und Brandenburg.
Die Märker kennen Landkost-Ei auch von der Grünen Woche, für die sich die Bestenseer immer etwas neues einfallen lassen. Das Siebener-Pack mit jeweils einem Ei für jeden Wochentag oder eingepackte Ausflugstipps für Brandenburg.
Am Welt-Ei-Tag wurden neue Stalllungen eingeweiht.

Sechs Ställe für 250.000 Legehennen
Dr. Heinz Pilz, Geschäftsführer der Landkost-Ei, blickte vor der Eröffnung zurück in die Geschichte. Nach der Wende wurde der Legehennenbetrieb zwischen 1991 und 1998 mit einem Aufwand von rund 125 Millionen DM wettbewerbsfähig gemacht. Man habe es geschafft, den Markt zurückzuerobern.
Noch heute weist die GmbH rund 30 Millionen Euro VerbindlichkeitenBrandenburger Eierkoenigin auf, besitzt aber wieder 15 Millionen Euro Stammkapital und folgt dem Konzept: „Den Markt halten, den Markt ausbauen und Arbeitsplätze stabilisieren“, so Dr. Pilz.
Sechs Hühnerställe mit jeweils 110 mal 24 Meter Grundfläche bei einer Höhe von 5 m beherbergen jeweils rund 42.500 Hennen der Rasse Lohmann Brown. Nach 18 Wochen werden die Tiere aufgestallt. Bodenhaltung mit Kies zum scharren und die Tiere legen in rund 50 Wochen jeweils 286 Eier. Danach werden sie allerdings nicht zum Suppenhuhn verarbeitet, sondern gehen in den qualitätsorientierten Convenience und Fastfood-Bereich.
Futter- und Lichttechnik sind computergesteuert und die Ei-Absammlung wird online überwacht.
Aus dem Stall heraus transportiert, rollt der stetige Strom frischer und sauberer Eier auf das unter der Decke hängend Haupttransportband des vom Stall getrennten Stirngang. Diese „Eierstraße“ ist 210 Meter lang und endet direkt in der Verpackungsstelle. Morgens gelegt, mittags im Laden. Jedes zweite Ei in Berlin soll aus Bestensee kommen.
Die Anlage hat 15 neue Arbeitsplätze geschaffen und sichert im vor- und nachgelagerten Bereich weitere 15. Die Investitionssumme beträgt 8,5 Millionen Euro, von denen 6,5 Millionen durch die örtliche Bank finanziert wurden. Im Mai 2009 soll der Autobahnanschluss zur A13 fertig sein.
Alles Grund genug, dass neben Brandenburgs Agrarminister Dr. Dietmar Woidke auch Ministerpräsident Matthias Platzeck von der Eierkönigin empfangen wurde. Um das rote Band zu zerschneiden. Mit Blick auf die Vorgeschichte belohne der Neubau den Mut und die Ausdauer des Betriebs, so Platzeck. Der Ministerpräsident wies angesichts der aktuellen Finanzkrise besonders auf die örtliche Finanzierung hin: Die Sparkassen sind das Fundament des ländlichen Raums.

Marktorientierte Produktion
In der Legehennenhaltung hätte es viele Möglichkeiten gegeben zu investieren. Im Gespräch mit Herd-und-Hof.de erörtert Dr. Pilz seine Entscheidung. Sowohl für die Bio- als auch für die Freilandhaltung fehlt der Landkost-Ei einfach der Platz. Nur die Bodenhaltung könne rationell und kostengünstig die preiswerten Eier produzieren, die der Markt aufnimmt. Deutschland habe nur einen Selbstversorgungsgrad von 67 Prozent und den polnischen Nachbarn fehlt derzeit noch das Kapital, um Paroli zu bieten. Die Alternative Kleingruppe kam wegen des Tierschutzes nicht in Frage, denn dieser schieße sich bereits auf die Voliere ein. Zudem laufe immer noch die Normenkontrollklage aus Rheinland-Pfalz. Also Bodenhaltung.
Dr Heinz PilzDer Herbst 2008 wird heiß, denn die Europäische Kommission wird die Förderbedingungen bis 2013 festlegen – und was danach kommt weiß niemand. Welche Strategie muss sich ein Großbetrieb überlegen, um für diese Zeit gewappnet zu sein? Da ist Landkost-Ei in guter Position. Der Betrieb, so Dr. Pilz, wird als gewerblicher und nicht als landwirtschaftlicher Legebetrieb geführt. Gelder aus dem EU-Agrarhaushalt bekommt er damit nicht. „Nur Investitionsförderungen aus Landesmitteln.“
Doch so gar nichts hat der Betrieb mit der Zukunft der EU-Agrarpolitik nicht zu tun. Möglicherweise sogar mehr als gedacht. In Kassel stellte Prof. Heißenhuber sein Modell der differenzierten Agrarpolitik vor. Eine Million Eier am Tag für die marktorientierte Produktion entspricht dem postulierten „Farming“, das neben der Agrikultur seine Aufgaben erfüllt und seinen Platz findet. Reales Beispiel: Bestensee.

Tierhaltung ist persönliches Management
Auch wenn der Computer viele Beobachtungen abnimmt, so kann er den Menschen nicht ersetzen. Veterinärin Dr. Corinna Böhland erklärte Herd-und-Hof.de, dass täglich auch Personal durch die Ställe geht. Die Erfahrenen unter ihnen erkennen kleine Unregelmäßigkeiten. Die rufen dann schon mal an, wenn die Tiere „etwas komisch“ sind, wenn es „etwas anders riecht“. Vor allem Frauen erfassen das Wohlergehen der Tiere in ihrem Umfeld besser als Männer. „Die schauen eher, ob die Technik funktioniert.“
Wenn die Legeperiode zu Ende ist, geht die Herde geschlossen aus dem Stall. Dieser wird erst trocken und dann nass gereinigt. Zuletzt wird Desinfektion in einem Nebel, der in die kleinsten Ritzen kommt, verteilt und bevor die neuen Tiere aufgestallt werden, prüfen die Mitarbeiter mit Kontrolltupfern das Ergebnis. Im Durchschnitt liegen die Tierverluste bei acht, bei manchen Herden bei nur drei Prozent.
Auch wenn die Hauptproduktion bei Lohmann Brown bleibt, so experimentiert Landkost-Ei auch im kleinen Maßstab mit regionalen Rassen.

Aus dem Stall gefoerdert


Aus dem Stall (o.) werden die Eier auf der Eierstraße unter der Decke zur Verpackungsstelle gefördert (r.)

Eierstrasse

Dieses Wissen exportieren die Brandenburger mittlerweile in die USA. Auch dort wird über die Abschaffung der Käfighaltung diskutiert und vor allem Gouverneur Schwarzenegger drängt auf alternative Haltungsverfahren. Fast jede Woche, so Dr. Pilz, komme eine amerikanische Delegation vorbei, sich die neuesten Stallungen anzuschauen.

Die Sachsenente
Trotz aller Feierlichkeiten hatte am Donnerstag Abend die Meldung eines H5N1-Verdachts bei einer Ente in Sachsen die Brandenburger elektrisiert. Es gab sogar Stimmen, die Feierlichkeiten abzusagen, denn der Entenhof in Markersdorf bei Görlitz liegt nur 200 km weiter südlich. Aber die Informationskanäle funktionieren, sagte Dr. Böhland zu Herd-und-Hof.de. Wirtschaft und Politik haben Angst vor dem Super-Gau, dass einmal der Bestand eines großen Betriebes gekeult werden müsste. In Brandenburg sprachen sich alle beteiligten per Telefon ab.
In Sachsen wurden in der Nacht zu Freitag 1.400 Enten und Gänse gekeult. Ein Sperrbezirk sowie eine Beobachtungszone wurden eingerichtet, teilte das Staatsministerium für Gesundheit und Veterinärwesen am Freitag mit.
Die Desinfektionsschleusen in Bestensee sind ständig mit der einsatzbereiten Sprühanlage aufgebaut, derzeit aber nur für die Reifenwäsche aktiv. In der Nacht wurde bereits eine Risikoabschätzung für Brandenburg und Bestensee gemacht. Weil der sächsische Bestand zu klein war, gehe zunächst keine aktuelle Gefährdung für Bestensee aus.
Der Betrieb bei Görlitz ist klein, aber angemeldet. Die kleinen nicht angemeldeten Betriebe machen den Veterinären die größten Sorgen. Der letzte Geflügelpestfall in Deutschland ereignete sich 2007 in Brandenburg. Weil ein Jahr lang keine weiteren Fälle mehr auftraten, wurde Deutschland in diesem Jahr für Geflügelpestfrei erklärt, worauf die Vereinigten Arabischen Emirate Interesse zeigten, deutsches Geflügel zu importieren. Der Status hat sich am Freitag geändert.
Im Nachgang zum Brandenburger Fall, teilte Landesveterinär Dr. Klaus Reimer Herd-und-Hof.de mit, dass rund ein Drittel der Geflügelhalter ihre Bestände nicht angemeldet haben. Dr. Böhland sagte am Freitag, die Veterinäre können immer nur versuchen, die Halter zu ermahnen, ihren Bestand anzumelden. Es passiere ihnen ja nichts und die Tierärzte wissen im Ernstfall Bescheid. Aber jedes Mal hieße es, „wir haben doch nur drei Hühner“.

Landkost-Ei und IGW
Vermissen würden nicht nur die Berliner den Auftritt der Landkost-Ei auf der Grünen Woche. Doch das Engagement für die neuen Ställe sei intensiv gewesen, sagte Dr. Pilz. Erst in der nächsten Woche werde es sich entscheiden, ob die Bestenseer wieder in der Brandenburghalle vertreten sind. Marketingleiterin Marianne Wieland hingegen zeigte sich gegenüber Herd-und-Hof.de optimistisch. Dann wird es bestimmt auch wieder eine Überraschung geben.
Einmal im Jahr macht Landkost-Ei den Hof für alle auf. Meist im Juni gibt es den Tag der offenen Tür, bei der sich die Besucher von den Haltungsbedingungen selbst überzeugen können. Die Eier aus Bestensee erkennen Sie auch ohne Verpackung: Sie tragen die Betriebsnummer 1201.

Roland Krieg

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