Landwirte im Wettbewerb schützen
Landwirtschaft
Wettbewerbspolitik in der Landwirtschaft
Die Milchbauern haben es hinter sich: Ende März fiel die Quotenregelung. Sie stehen im Sturm des internationalen Wettbewerbs und sorgen sich um die sinkenden Preise. Trotz betrieblich zugesicherten Abnahmemenge ging die Zahl der Landwirte auch in der Quotenzeit zurück, die Preise schwankten.
Das Bundeskartellamt hat den Tengelmann-Deal für Kaiser´s wegen zu großer Marktmacht abgelehnt – die Behörde wacht auch über kartellrechtliche Verstöße, sobald sich mehrere Milchbauern zu einem Milchstreik zusammentun. Quote oder Weltmarkt – fünf Handelsketten oder 77.000 Milchbauern?
Beispiele für das Thema im EU-Agrarausschuss, der am Montag in Straßburg neben EU-Kommissar Phil Hogan auch Margrethe Vestager, Kommissarin für den EU-Wettbewerb, zu Gast hatte. Hintergrund ist die gerade erst zu Ende gegangene öffentliche Konsultation zu den Leitlinien zur Wettbewerbspolitik in der Landwirtschaft. Phil Hogan beschreibt das Spannungsfeld, um das es geht: Die EU will eine gerechtere und wettbewerbsfähigere Landwirtschaft, die gleichzeitig aber auch grüner und nachhaltiger ist. Die Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) führen die Landwirte schrittweise zum Wettbewerb und weg von der Marktordnungspolitik durch die Staaten und der EU. Im Bereich Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen sind bereits reichlich Ausnahmen als besondere Vorschriften formuliert.
Vestager weiß, dass zwischen den Ländern große Unterschiede bestehen. Sie weiß auch, dass die Zuckerrübenbauern, auf die das Quotenende im Jahr 2017 wartet, auch schon um Hilfe rufen. Vor allem die deutschen Rübenbauern wollen nach Albert Dess (CSU) wieder eine gekoppelte Beihilfe, wie sie in manchen Nachbarländern noch immer existiert. Das aber wäre eine „Rolle rückwärts“, so Dess. Es gebe keinen fairen Wettbewerb zwischen den EU-Landwirten, solange dänische Bauern keine Steuer auf Agrardiesel bezahlten, die deutschen einen ermäßigten und andere den vollen Steuersatz zahlen müssen. Dess fürchtet um den nächsten Wettbewerbsnachteil, wenn die Länder unterschiedlich für das Opt-out bei der Gentechnik votieren.
Für Martin Häusling (Grüne) hingegen sind die Landwirte „marktrechtlich“ benachteiligt. Die EU habe versucht, die Milchbauern zu stärken, doch trotz Zusammenschlüsse haben sie kaum eine zweite Wahl für die Ablieferung ihrer Milch: „Für die Landwirte gibt es keinen Wettbewerb mehr.“
Brauchen die Bauern Fitness für oder Schutz gegen den Wettbewerb?
Der Wunsch nach Wettbewerb für Unternehmer wird von den Verbänden zwar gerne an die große Glocke gehängt, läuft aber immer mehr dem gesellschaftlichen Ziel entgegen. Es sind nicht nur die Umweltauflagen. Es geht um die Frage, ob Europa eine flächendeckende Landwirtschaft betreiben will. Da setzt zwar nicht den Erhalt unwirtschaftlicher Betriebe voraus, aber die Aufrechterhaltung anderer Formen als die der US-amerikanischen oder brasilianischen Landwirtschaft, sagte Janusz Wojciechowski, polnischer Konservativer. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Europa habe im Wettbewerb gegen die internationalen Betriebe keine Chance.
Das Problem wird sich nicht lösen lassen. Für die Milchbauern hat Spanien obligatorische Jahreserträge eingeführt, was nach der Sozialdemokratin Clara Eugenia Aguilera Garcia nicht funktioniert. Die spanische Linke Lidia Senra Rodriguez plädiert für das Recht auf einen Mindestpreis, für Jan Huitema, niederländischer Liberaler, sind die Landwirte den Marktkonzentrationen in den vor- und nachgelagerten Agrarbereichen ausgesetzt.
Vestager versprach, die Anregungen in die Kommissionarbeit aufzunehmen. Im September soll eine neue Vorlage für die beratenden Ausschüsse vorliegen. Optimistisch wolle sie Ende des Jahres eine mehrheitsfähige Vorlage präsentieren.
Roland Krieg