Landwirtschaft hat Zukunft
Landwirtschaft
Leistungsschau der Universität Bonn
> Die Landwirtschaft hat nicht gerade den besten Ruf: teure Subventionen, Fernsehlabore mit Prominenten auf einer Alm oder Gentechnik als einzigen, jedoch heftig debattierten Fortschritt. Selten ist jedoch die Distanz zwischen Stadt- und auch Landbevölkerung jemals so groß gewesen wie in der heutigen arbeitsteiligen Gesellschaft. Der Ökoboom der 1980er Jahre sorgte noch einmal für frischen Nachwuchs in den ?Grünen Berufen? Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. Wissen schaffen für die Ernährung von morgen
Wer jedoch die Agrarwirtschaft in der universitären Landschaft so weit herunterfährt, dass Studiengänge geschlossen und Forschungen nicht mehr finanziert werden, der irrt. Der fährt dann auch den umweltstrukturellen Bereich der ländlichen Raums herunter, so Prof. Dr. Winiger von der Universität Bonn. Ende letzter Woche präsentierte sich die Landwirtschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelm Universität Bonn in der Berliner Ländervertretung Nordrhein-Westfalens. Der Ausgleich zum Regierungsumzug nach Berlin führte über 200 Organisationen, die sich in der Stadt am Rhein neu ansiedelten oder bereits vorher schon da waren: Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle oder die Universität der Vereinten Nationen. Mit 6 Millionen Menschen im ländlichen Raum und 16 Millionen Verbrauchern stellt NRW bereits von der Masse her Anforderungen an einen starken agrarischen Forschungsstandort Bonn. Aber es gibt auch noch etwas anderes, was Prof. Berg in seiner Festrede anführte: Desertifikation, eine wachsende Weltbevölkerung bei knapper werdenden Ressourcen und Produktionsverlagerungen angesichts des Klimawandels stellen weiterhin herausfordernde Aufgaben an die Wissenschaft und Praktiker. In einer Ausstellung zum Dank für die finanzielle Unterstützung durch das Landwirtschaftsministeriums in NRW demonstrierten verschiedene Forscher ihre Ergebnisse. Und zeigten damit auch, dass Landwirtschaft ein absoluter High Tech-Zweig ist:
Produktion ? mit Präzision
Von der Bodenbeschaffenheit und der Wasser- sowie Nährstoffverfügbarkeit gibt es nicht nur Unterschiede zwischen verschiedenen Feldern, sondern oft auch innerhalb eines Feldes. Georeferenzierte Daten können daher in Informationssystemen erfasst und für die Produktion genutzt werden. So treten Unkräuter auch nicht gleichmäßig über das Feld verteilt auf. Es bilden sich so genannte Unkrautnester, die mit modernster Technik erfasst werden können. Traktoren sind bereits mit Videokameras ausgestattet und können den Gesundheitszustand der Pflanzen erkennen. Diese verschieden ausgestatteten Kameras erfassen berührungslos die Fluoreszenz des Chlorophylls, tasten die Pflanzen mit einem Laser ab oder machen Wärmeaufnahmen.
Die Thermokamera Varioscan 3021 ST misst bis zu einem Temperaturunterschied von 0,03 °K die Oberflächentemperatur von Pflanzen. Die Temperaturunterschiede werden durch die Benetzung mit Wasser herbeigeführt. Da Wasser für Schadpilze die Voraussetzung für einen Befall darstellt können damit Prognosen über einen Befall gegeben werden, der mit bloßem Auge nicht sichtbar ist. Die Messung der Transpiration ist bereits ein Maß für die Schädigung der Pflanze, da sie auch in einem direkten Zusammenhang mit dem Stoffwechsel steht. Niedrige Transpiration durch einen Schadbefall zeitigt beispielsweise höhere Temperaturen an einer Weizenähre.
Vorteile sind hierbei für den integrierten Pflanzenschutz zu sehen, der nicht auf Pestizide verzichtet, jedoch erst ab einer bestimmten Schadschwelle anwendet. Unterhalb einer bestimmten Häufigkeit, wie beispielsweise ein Klettenlabkraut auf 10qm Getreide, wird das Unkraut toleriert, weil der Aufwand für die Beseitigung höher ist, als der Schaden. Klettenlabkraut windet sich bei starkem Aufkommen nicht nur um die Getreidehalme, sondern kann bei Mähdreschern leicht den Einzugskanal verstopfen, was zum Stillstand bei der Getreideernte führt.
Aber das System hat nicht nur ökonomische Vorteile. So ein teilflächenspezifischer Herbizideinsatz hilft auch, Pflanzenschutzmittel einzusparen. Die Universität Bonn arbeitet an einem komplexen System, dass Unkräuter optisch erkennt, die Bilder auswertet und im gleichen Arbeitsgang durch ein Direkteinspeisungssystem das Pestizid ausbringt. So können im konventionellen Landbau bis zu 70 Prozent einer Wirkstoffmenge eingespart werden.
roRo