Langsam kommt Licht in die GAP

Landwirtschaft

Kommission veröffentlicht Eckpunkt für nationale GAP-Strategien

Während die Triloge zwischen Agrarrat, Europaparlament und Kommission über die künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) laufen und nach Vorgabe der ab dem 01. Januar 2021 beginnenden Ratspräsidentschaft Portugals im Frühling abgeschlossen sein sollen, steht den Mitgliedsländern noch eine weitere Aufgabe bevor: Sie müssen eine nationale Strategie für die GAP-Umsetzung nach Vorgabe von Eckpunkten der EU-Kommission aufstellen. Der quantitative Erfolge wird auch kontrolliert.

Am Freitag hat die EU-Agrarkommission die Empfehlungen für die nationalen Strategiepläne veröffentlicht, bei denen in Deutschland die Bund-Länder-Gruppe jetzt in die Feinheiten gehen kann. Deutschland als föderaler Mitgliedsstaat muss Rücksicht auf die einzelne Bundesländer nehmen. Schon jetzt repräsentieren die Landtage ein breites Farbenspektrum. In Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen Landtagswahlen finden 2021 neben der Bundestagswahl auch noch Landtagswahlen statt. Trotzdem darf Deutschland nur einen strategischen GAP-Plan nach Brüssel senden.

Systemwechsel

Wie kaum jemals zuvor sitzt die Kommission im Trilog bei den aktuellen GAP-Verhandlungen mit dem schwächsten Vorschlag am Verhandlungstisch. Agrarrat und Parlament sind weit über die Vorschläge aus dem Jahr 2018 hervorgegangen. Es hat ein Zeitfenster gegeben, in dem der neue Agrarkommissar Janusz Wojciechowski die geplante Reform an die Zeit der Pandemie hätte anpassen können. Es gab aber nur eine zweijährige Übergangszeit mit Mini-Veränderungen. Stattdessen hat die Kommission über „From Farm-to-Fork“ (F2F) und über die Biodiversitätsstrategie zwei „Diskussionspapiere“ unter dem Dach des Green Deals nachgelegt.

Mit der Vorlage zu den nationalen Strategieplänen hat Wojciechowski jetzt etwas mehr Licht in die Ordnung von GAP, Green Deal, F2F und Biodiversität gebracht. Typisch europäisch: Von jedem ein bisschen. Aber: Dass die Länder mit den Strategieplänen jetzt deutlich mehr an Subsidiarität gewinnen, hatte am Donnerstag die künftige Agrarratspräsidentin Maria do Céu Antunes aus Portugal bei der Staffelübergabe von Julia Klöckner in Berlin unterstrichen. Jedes Land kann mit voller Berücksichtigung des einheitlichen Binnenmarktes so passgenau wie möglich die GAP auf die regionalen Besonderheiten anpassen. Das ist in der Geschichte der GAP-Geschichte Brüssels neu und ein wirklicher Systemwechsel.

Pläne ernst nehmen

Wojciechowski mahnte am Freitag die Länder an, die Chancen für die nationalen Strategiepläne ernst zu nehmen. „Sie sind wesentlicher Bestandteil der GAP für die Transformation der Landwirtschaft in einen resilienten und nachhaltigen Sektor. Mit den Plänen können die Länder ihre Ambitionen für den Green Deal unterstreichen und die Landwirte bei der Transformation begleiten. Zusammen mit Rat und Parlament sichere die Kommission die notwendige Reform zu mehr Umwelt- und Klimazielen ein.“

Jedes Land hat individuelle Empfehlungen erhalten, die mit den neun GAP-Zielen, wie Einkommenssicherung, Ressourcenoptimierung  oder Lebensmittelversorgung verbunden sind. Für Deutschland beispielsweise hat sich die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft gegenüber den Einkommen in anderen Sektoren verschlechtert. 2005 haben die Landwirte im Durchschnitt 43 Prozent weniger verdient, im Jahr 2018 ist die Einkommenslücke auf 57 Prozent angewachsen. Mit verschiedenen Instrumenten könnte Deutschland das Einkommen erhöhen. Der Erfolg wird von Brüssel in Euro oder in Prozent zu anderen Sektoren qualifiziert.

Die Kommissions-Empfehlungen nehmen jeweils sechs Punkte aus der F2F-Strategie und dem Green Deal auf – sind also doch mehr als nur ein Diskussionspapier.

Harmonisierter Risikofaktor

Jetzt gibt es Details für die Ausarbeitung der GAP – wohl aber kein Ende der Ausrichtungsdebatte. Die Details über die Reduzierung der Pflanzenschutzmittel geben aber Klarheiten. Es wird nicht das Schreckgespenst der Wehrlosigkeit der Landwirte eintreten, die auf die Hälfte der möglichen Mittel verzichten müssen. Leicht wird es dennoch nicht. Die Wirkstoffe bekamen nach einem Risikoindex bestimmte Faktoren zugeordnet. Wirkstoffe mit dem geringsten Risiko bekommen den Faktor 1, Wirkstoffe, die sowieso ersetzt werden sollen und auf der Substitutionsliste stehen bekommen den Faktor 16, nicht mehr zugelassene Wirkstoffe den Faktor 64 und alle anderen den Faktor 8.

Daraus hat die EU-Kommission einen Veränderungsindex aus den Jahren 2013 bis 2018 gebildet und setzt ihn für die Referenzperiode 2015-2017 als 100 Prozent fest. Deutschland hat seinen Risikoindex in der Zeit vom 2013 bis 2018 um 18 Prozent reduziert. Die Länder müssen dann nicht prioritär (außer den Substitutionskandidaten)  die Menge der Mittel, aber über die Nutzung der Mittel nach Risikofaktor den Risikowert um die Hälfte senken. Wird ein Mittel in den kommenden Jahren verboten zieht zwar die Erhöhung des Risikoindexes auf 64 den dreijährigen Basiswert nach oben, da es aber nicht mehr verwendet wird, hat das Land bereits eine deutliche Reduktion des Harmonisierten Risikoindex erzielt.

Das gibt die Richtung vor, auf was sich Agrochemie und Landwirte einstellen müssen.

Wojciechowski hat im Anhang der Empfehlungen bereits die vom Europäischen Rat auf seiner letzten Jahressitzung 2020 erhöhten Reduktionsziele für Treibhausgase von 55 Prozent bis 2030 berücksichtigt.

Politik und Verwaltung hat der Kommissar eine interessante Lektüre unter den Weihnachtsbaum gelegt. Die Strategiepläne müssen am 01. Januar 2022 abgegeben werden. Brüssel wird sie bis zum 01. Januar 2023, also zum Start der neuen GAP-Förderperiode, notifizieren.

Roland Krieg

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