Lebensgrundlage Tier

Landwirtschaft

Kamelmilch: Unverzichtbares sicherer machen

Seit 1991 engagiert sich der Verein Tierärzte ohne Grenzen über den veterinärmedizinischen Bereich, die Ernährungs- und Einkommenssituation der Menschen zu verbessern. Auf der Grünen Woche stehen Projekte rund um die Milch im Vordergrund.

Ackerbau ist keine Option
Gegründet 1991 als studentische Freiwilligeninitiative an der Tierhochschule Hannover hilft der Verein im Rahmen der tierärztlichen Nothilfe und Entwicklungshilfe vorwiegend in Ostafrika. Mittlerweile gibt es Regionalbüros in Kenia, im Sudan und Somalia. Regionen, in denen die Pastoralisten zu Hause sind, die mit ihren Herden über traditionelle Wanderwege von Weidegrund zu Weidegrund ziehen, weil hohe Temperaturen, karger Boden und fehlendes Wasser keine Chance für den Ackerbau bieten.
Ein Massai beispielsweise schaut über seine Herde und zeigt auf ein einzelnes Tier: Das ist krank. So berichtet es Dr. Klaus Lorenz, stellvertretender Vorsitzender des Vereins am Stand zu Herd-und-Hof.de. Er selbst, professioneller Tierarzt, sieht nichts. Natürlich kennen die Hirten ihre Herde und jedes Tier ganz genau, aber das traditionelle Wissen hat auch traditionelle Grenzen.
Warum es zu einem Abort kommt, weiß der Traditionalist nicht zu bestimmen. Krankheiten wie das gefürchtete Rift Valley Fieber sind erst seit rund 100 Jahren exakt beschrieben und benannt. Eine Voraussetzung für Impfung und Heilung. Tierärzte ohne Grenzen bildet dazu Tiergesundheitshelfer aus, die jene Lücke schließen, die der regionale Veterinärdienst offen lässt: Den ländlichen Raum. Tierärzte sitzen meist nur in den Städten, bei den Ministerien, so Dr. Lorenz.

Tiere sind wertvoll
Dort, wo der Ackerbau keine Option ist, sind Tiere besonders wertvoll. Im Vergleich dazu erscheint die Diskussion in Deutschland, aus Klimaschutzgründen auf Fleisch zu verzichten, als Luxusdiskussion. In Afrika ist der Fleischverbrauch weit entfernt von unserem Konsumniveau und meist wird das wertvolle Lebensmittel nur zu besonderen Gelegenheiten gegessen.
Tiere haben einen eigenen, hohen Stellenwert. Während das Huhn bei uns nur Eier legt und das Schwein für den Schinken verantwortlich ist, sind die Tiere bei den Pastoralisten und Kleinbauern wahre Alleskönner. Kamele, so Dr. Lorenz, tragen Lasten, drehen Göpel für die Wassergewinnung, bewegen die Menschen fort, geben Fleisch und Milch. Ihr Dung gibt dem Boden Nährstoffe zurück und getrocknet dient er als Brennstoff für Heim und Küche.

MilchaufbewahrungsgefässeHolzkohle-Kühler
Kamelmilch ist in Somalia ein unverzichtbares Lebensmittel. In Kalebassen wird sie für kurze Zeit aufbewahrt - oder in feinmaschigen Körben, die durch Ausräuchern abgedichtet werden, was einmal die Behälter desinfiziert und der Milch einen Rauchgeschmack beifügt.
Doch auch hier finden die Tierärzte ohne Grenzen ihren Ansatzpunkt. Sie stellen ihre Aufgaben in den Mittelpunkt der Lebensmittelkette, von der Weide bis zum Teller. In Somalia stellt die Milch eine der Alternativen für Vitamine und Mineralstoffe dar, weil es kaum Obst und Gemüse gibt. Aus hygienischen Gründen haben die Somali Milch abgekocht, was aber auch Nährstoffe zerstörte. „In Kursen von Tierärzte ohne Grenzen habe ich gelernt, die Milch im Wasserbad zu erhitzen“, beschreibt die Kundin Nadiifo Hussein Hashi.
Damit die Milch überhaupt zu ihr kommt, muss sie für den Transport gekühlt werden. Die traditionellen Gefäße reichen dafür nicht aus. Seit 2006 wurden im Rahmen des „Somalia Pastorl Dairy Development Project“ mit Hilfe von Geldern der EU Milchsammelzentren gebaut und pfiffige Kühlaggregate. Wenn die Hitze im Sommer Schweiß auf der Haut bildet und der dann verdunstet, kühlt er beim verlassen der haut diesen Bereich. Physiker nennen das Verdunstungskälte. Tierärzte ohne Grenzen hat in diesem Projekt einen Verdunstungskühler für die Milch entwickelt, der ohne fossile Energie mit Holzkohle betrieben wird.

Lesestoff:
Mehr Projekte der Tierärzte ohne Grenzen finden Sie auf der Seite www.togev.org

Den Verein finden Sie in der Halle 26a Stand 106

Roland Krieg (Text und Foto)

[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige Grüne Woche mit dem Suchbegriff „IGW-10“ anzeigen lassen]

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