Mängel bei GVO-Zulassung?
Landwirtschaft
GVO-Risiken „mit amtlichem Siegel“
„Die Risiken gentechnisch veränderter Organismen (GVO)
werden vor der Zulassung weder mit der notwendigen Sorgfalt untersucht, noch
gibt es funktionierende Systeme zur Überwachung gesundheitlicher und
ökologischer Auswirkungen nach ihrer Zulassung.” So lassen sich die Ergebnisse
der BÖLW-Studie „Risiken mit amtlichem Siegel: Mängel bei der Zulassung
gentechnisch veränderter Pflanzen“ zusammenfassen. Die Studie wurde auf der
Basis ihrer Erstveröffentlichung 2011 jetzt vom Autor Christoph Then
aktualisiert [1].
Der Vorsitzende des Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft
(BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, sieht sich durch die Ergebnisse der Studie
bestärkt: „Die Zulassungsverfahren sind alles andere als Vertrauen erweckend.
Wenn das „Opt out“, also die Möglichkeit einzelner Staaten oder Regionen, aus
dem Gentechnikanbau auszusteigen, so gestaltet wird, wie es derzeit im
Europäischen Parlament diskutiert wird, wäre das zwar sehr zu begrüßen. Wir
befürchten aber, dass im Gegenzug die Zulassungsverfahren so bleiben könnten,
wie sie sind – oder sogar weiter aufgeweicht werden.“ Löwenstein weist darauf
hin, es dürfe nicht zu einem Kuhhandel in Brüssel kommen, durch den im Windschatten
der Opt-out-Regelung die anstehenden Zulassungen durchgewinkt würden. Denn wo
auch immer die Gentechnikpflanzen in Europa zum Anbau kämen, sei eine
Ausbreitung nicht zu verhindern und Rückholbarkeit nicht gegeben.
In der Studie wird aufgezeigt, dass die „vergleichende Risikoprüfung“ veraltet
ist, bei der die Gefahren von Gentech-Pflanzen mit herkömmlich gezüchteten
grundsätzlich gleichgesetzt werden. „Die Risikoprüfung wird den spezifischen
Gefahren von Gentech-Pflanzen nicht gerecht“, sagt Studienautor Christoph Then
von Testbiotech. Ein weiterer Kritikpunkt ist laut Then die Industrienähe der
zuständigen EU-Prüfbehörde EFSA. „Die Daten, die von der EFSA zur Zulassung der
Gentechnik-Pflanzen herangezogen werden, genügen wissenschaftlichen Standards
oft nicht. Diese Daten stammen häufig aus der Feder der Unternehmen selbst und
werden meist nicht durch unabhängige Untersuchungen überprüft."
Aktuell stehen neun Gentechnik-Pflanzen kurz vor der Zulassung zum Anbau.
„Bundesregierung und EU müssen ihre Bürger vor den Risiken der Agro-Gentechnik
schützen“, fordert Löwenstein und weist darauf hin, dass sich weder die
Bundesregierung noch die zuständigen EU-Gremien bisher für eine Reform des
Zulassungsverfahrens seit der Erstveröffentlichung der BÖLW-Studie im Jahr 2011
bemüht haben. „Landwirtschaftsminister Christian Schmidt und Umweltministerin
Barbara Hendricks müssen sich jetzt innerhalb der Verhandlungen um nationale
Anbauverbote dafür stark machen, dass das „Opt out“ an eine Reform des
Zulassungsverfahrens gekoppelt ist.“ [2]
Lesestoff:
Die Studie „Risiken mit amtlichem Siegel: Mängel bei der Zulassung gentechnisch
veränderter Pflanzen“ finden Sie zum Download als PDF-Dokument auf der Webseite
des BÖLW unter www.boelw.de/gentechnik.html
[1] Risiko mit amtlichem Siegel 2011. Seitdem hat sich die Kritik prominent gemacht: Selbst der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte das Verfahren in diesem Sommer „unwissenschaftlich und undemokratisch“.
[2] Opt-out der Bundesländer? Agrarministerkonferenz diskutiert über kleinteiliges Ausstiegsszenarium
Joyce Moewius (BÖLW); roRo