Makrelen vor Gericht

Landwirtschaft

Fischerei-Zoff im NO-Atlantik: Entspannung und Verschärfung

Am 07. Januar 1976 kollidierten das isländische Patrouillenboot „Thor“ und die britische Fregatte „Andromeda“ vor der isländischen Küste. Die „Thor“ soll versucht haben, die Fangleinen eines britischen Fischereifahrzeuges zu kappen und kreuzte unvermittelt den Kurs der „Andromeda“. Das war bereits im dritten „Kabeljau-Krieg“, in denen die Isländer sogar ihren Botschafter aus London abzogen. Fisch als Nahrungsmittel und Fischgründe als Fischereirechte sind auch heute noch wichtig – wenn auch die Marine in den Häfen bleibt.
Zwischen 1958 und 1976 gab es drei Kabeljau-Kriege. Island weitete seine Fanggründe in drei Stufen von vier auf 12, dann auf 50 und schließlich auf 200 Seemeilen aus. Die Isländer wollten damit den Bestand vor Überfischung durch andere Nationen schützen. Beim zweiten Schritt bekamen die Briten Fangrechte für 130.000 Tonnen Kabeljau, was aber nach zwei Jahren auslief und dann bis zur Kollision der beiden Kriegsschiffe eskalierte.

Makrelen aus Island

Heute geht es ziviler zu. Die Bestände werden vom International Council for the Exploration of the Sea (ICES) in Kopenhagen jährlich neu bewertet. Das findet Widerhall in den Fangquotenempfehlungen an die EU. Heute sind auch die Handelsrestriktionen diffiziler. Im Fokus stehen derzeit Island und die Färöer Inseln. Es geht nicht um den Kabeljau, sondern um Heringe und Makrelen [1].
Auch wenn es noch keine Einigungen gibt, hat sich seit dem Sommer viel getan. EU-Fischereiministerin Maria Damanaki berichtete am Donnerstag im EU-Fischereirat von neuen Gesprächen nächste Woche in London. Sie zeigte sich auch optimistisch, dass sie gut verlaufen werden – aber die Realität sieht anders aus.
Das Thema Island ist praktisch vom Tisch. Der mögliche neue Beitrittskandidat wurde wegen seiner Überschreitung beim Makrelenfang kritisiert. Die EU hat erst einmal die Neuwahlen im April abgewartet, ob sich die neue Regierung einsichtiger zeigt. Im Grunde nicht, sagte ein Kommissionsvertreter im Fischereiausschuss am Donnerstag. Aber bei den Makrelen haben sich die Bestandssituation und damit die politische Lage entspannt. Am 04. Oktober hat der ICES eine vorsichtige Erholung der Makrelenbestände vermeldet. Trotz Überfischung seien die Makrelenbestände gestiegen. Die Wissenschaftler sind mit der Bewertung etwas vorsichtiger als die Kommission. Der hohe Bestand könne aus einer technischen Dateneingabe resultieren und aus einer klimatisch bedingten Wanderung der Fische in den Nordwesten des Atlantiks. In der Summe kann die Fangquote für 2014 aber unverändert bei 889.886 Tonnen bleiben.

Hering von den Färöern

Bei den Färöern ging es aber nicht nur um die Makrele, sondern auch um den Hering. Und nach dem Anlandeverbot für Fischereifahrzeuge in europäischen Häfen, das seit dem 28. August in Kraft ist, etabliert sich gerade ein Schiedsgericht.
Rund eine Million Tonnen Hering im Nordost-Atlantik werden auf fünf Anrainerstaaten aufgeteilt. Die Färöer bekommen nach dem Schlüssel aus dem Jahr 2007 fünf Prozent zugesprochen. Die Färöer fanden das damals schon zu wenig und haben bereits im Oktober 2012 eine Erhöhung der Heringsfänge angekündigt. Im März 2013 folgte dann die eigene Festsetzung auf 17 Prozent und die Gegenmaßnahmen der EU. Über eine Vorwarnung wurde der Maßnahmenkatalog gegen die Färöer bis zum Anlandeverbot im August ausgeweitet. Den Färöern nützt die verbesserte Situation bei der Makrele nichts, denn dieser Fisch wird von der EU als Beifang zum Hering definiert. Daher dürfen die Insulaner auch keine Makrelen mehr in die EU liefern. Anfang September haben Gespräche in London zur Gründung einer Arbeitsgruppe geführt, die den Verteilungsschlüssel für Heringe auf seine Aktualität hin überprüfen soll. Weil die Färöer Inseln aber keine weitere Verhandlungsbereitschaft signalisiert haben, gelten die Handelsrestriktionen weiterhin.
Daraufhin hat die kleine Nation über Dänemark der EU die Einberufung eines Schiedsgerichtes bei der Seerechtskonvention verlangt. Dem sitzen jetzt ein chilenischer und österreichischer Jurist vor. Drei Beiräte müssen noch bis November benannt werden. Ein Urteil müssen die Beteiligten akzeptieren – ohne dass über das eigentliche Problem der Überfischung gerichtet wird. Eine Lösung müssen alle Beteiligten weiterhin finden.
Wie der Streit ausgeht, ist nach der grünen Abgeordneten Isabella Lövin aus Schweden nicht nur von europäischem Interesse. Knappe Fischbestände, durch Klimawandel verursachte Fischwanderungen und nicht immer klar abgegrenzte Fanggebiete werden weltweit vergleichbare Streitigkeiten immer öfter auf die politische Tagesordnung setzen.

Lesestoff:

[1] EU geht gegen Färöer vor

Roland Krieg

Zurück