Marktplatz Leseclub 13/2022
Landwirtschaft
Ausschnitte aus dem Leseclub 13/2022
Marktplatz
Getreide für die Welt
Europa kennt die Unruhen über hohe Lebensmittelpreise nur zu gut. Der Adel hatte genug zu essen, die Speicher war voll, aber schon der Winter 1788/89 traf mit Temperaturen bis zu – 18 Grad Celsius die französischen Bauern hart. In den Monaten Dezember und Januar fror die Themse in London komplett zu. Aus allen Ländern wurde frostige Weihnachten beschrieben. Außerdem kam der Winter nach einem Trockenjahr 1788, das die Wasserreserven für die Landwirtschaft bedrohte. Am Vorabend der französischen Revolution mussten die Franzosen die Hälfte ihres Einkommens für Brot ausgeben.
Auch die arabische Welt kennt Brotaufstände. Geschichte geschrieben haben die Unruhen in Ägypten in den Jahren 1977, 2011 und 2017. Die von 2011 hat zum Arabischen Frühling geführt. Die arabischen Länder sind nicht nur vom Import an Lebensmitteln abhängig, sie brauchen auch Futtermittel. In den kommenden Monaten konkurrieren sie mit China, das mehrere Hundert Millionen US-Dollar für die Rettung der Winterkulturen ausgegeben hat. Heftige Niederschläge haben nicht überall die Wintersaat in die Erde gelassen.
Agrarministerkonferenz
Unversöhnlich stehen die Argumente von Bündnis 90/Die Grünen denen der anderen Parteien gegenüber. Union, SPD und FDP fordern eine 1:1-Umsetzung der Brüsseler Optionen, auf Brachflächen Futter- und Lebensmittel anzubauen. Bundesagrarminister Cem Özdemir hingegen will nur den Futterbau zulassen. Solange es in Deutschland und Europa keine Nahrungsmittelknappheit gebe, rücken die Grünen von den Ausnahmemöglichkeiten der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht ab. Die Länderminister stellen weder den Green Deal noch die Strategie From Farm-to-Fork infrage, sehen aber in den Argumenten für die Klima- und Umweltarchitektur keine Lösung für die aktuellen Kriegserfordernisse. Sie werden am kommenden Freitag die von Brüssel in Aussicht gestellten Optionen über die Länderkammer einfordern.
Nach Ostern und noch im April wird es zum Thema Wald und Holz eine Sonder-Agrarministerkonferenz geben.
Pestizidbericht 2020 der EFSA
Fast 95 Prozent der Lebensmittelproben haben die Rückstandshöchstgrenzen eingehalten. Nur 1,7 Prozent haben den Höchstwert überschritten.
Science only
Ohne artfremde Gene keine Evolution
Hunderte von pflanzlichen Genen stammen von Mikroben und haben die Evolution der Landpflanzen mitgeprägt. In der Regel werden Gene von den Eltern auf die Nachkommen übertragen. Diesen Weg bezeichnen Biologen als vertikalen Gentransfer. Gelangen Gene von einer Art zur anderen ist es der „horizontale Gentransfer“. Eine neue Studie zeigt auf, dass der horizontale Gentransfer mehr als nur eine zufällige und seltene Angelegenheit in der Evolution ist. Bei einer Analyse von Moosen, Farnen und Samenpflanzen fanden die Experten mehr als 600 Genfamilien von Bakterien, Pilzen und Viren. Bei der Entwicklung von Pflanzen haben wohl zahlreiche Grünalgen mitgewirkt. Einen zweiten Schub bekamen die Pflanzen auf ihrem Weg an Land. Vermutlich haben die Fremdgene erst Entwicklungsprozesse angestoßen und sind für die sekundären Pflanzenstoffe verantwortlich.
Q: Ma, J. et al. (2022): Major episodes of horizontal gene transfer drove the evolution of land plants. In: Molecular Plant, (1. März 2022), doi: 10.1016/j.molp.2022.02.001
Nachhaltige Heumilchproduktion
Die Milchwirtschaft ist der Motor der Südtiroler Berglandwirtschaft und sichert fast 5.000 Familien ein regelmäßiges Einkommen. Eine besondere Rolle spielt die Produktion von Heumilch, die als nachhaltige und traditionelle Form der Milcherzeugung gilt. Heumilch stammt von Kühen, die ausschließlich mit Gräsern, Leguminosen, Kräutern und Heu sowie einem geringen Anteil an Kraftfutter in der Ration (höchstens 25 %) gefüttert werden. Die Verwendung von fermentiertem Futter wie beispielsweise Gras- oder Maissilage sowie von gentechnisch veränderten Futtermitteln ist verboten. Schon seit Jahren ist Heumilch auf dem Markt sehr erfolgreich. Bisher fehlte allerdings die Möglichkeit, die Echtheit von Heumilch wissenschaftlich nachzuweisen. Im dreijährigen Projekt HEUMILCH hat das Versuchszentrum Laimburg deshalb in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen und dem Sennereiverband Südtirol eine Methode entwickelt, um mit Hilfe des molekularen Markers Cyclopropylfettsäure (CPFA) die Verwendung von Silage in der Fütterung der Kühe nachzuweisen. Heumilch bietet die Möglichkeit, eine nachhaltige Form der Landwirtschaft zu betreiben und uns von der Abhängigkeit von Futtermittelimporten etwas zu befreien. Sie erzeugt zudem aufgrund ihrer Geschichte und Tradition einen wirtschaftlichen Mehrwert.
Q: Versuchszentrum Laimburg: EFRE-Projekt Heumilch abgeschlossen. 11.03.2022 Online http://www.laimburg.com/de/news.asp?news_action=4&news_article_id=664726
WOM – World of Meat
China
Nach dem Frühlingsfest ist die Nachfrage nach Schweinefleisch saisonal gesunken, so dass die Preise folgen könnten. Die Zahl der Schweineschlachtungen lag im Januar um ein Viertel und im Februar um acht Prozent unter jeweiligem Vorjahresmonat. Umgekehrt lag der Schweinebestand mit 450 Millionen Schweinen in den letzten 12 Monaten um zehn Prozetn über dem Niveau vor der Afrikanischen Schweinepest. In den kommenden Monaten ist also genug Schweinefleisch aus eigener Produktion vorhanden – folgt man den Angaben der Regierung. China hat zur Stabilisierung des Bestandes landesweit die Intervention begonnen und hofft, dass die Betriebe angesichts der Bestandszahlen keine Sauen schlachten.
Ghana
Rund 2,7 Millionen US-Dollar hat das Landwirtschaftsministerium in Ghana für die Geflügelhalter als Entschädigung durch die Geflügelpest im Jahr 2021 bereit gestellt. Mehr als eine halbe Million Tiere sind zwischen Juni und Dezember verendet oder gekeult worden. Für jedes ausgewachsene Tier werden beispielsweise 4,11 US-Dollar bezahlt, für jeden vernichteten Futtersack 10,96 US-Dollar. Von den Finanzmitteln werden auch 550 Veterinäre, deren Ausstattung sowie Laborkapazitäten finanziert.
Mexiko
Die offiziellen Daten des Agrarministeriums weisen für die ersten beiden Monate 2022 einen Anstieg der Schweinefleischerzeugung um zwei Prozent, das sind 5.000 Tonnen aus. Das entspricht den Steigerungsraten aus dem vergangenen Jahr. 2021 hat das Land 1,68 Millionen Tonnen Schweinefleisch erzeugt. Im Ranking der Erzeuger nimmt Mexiko Platz 13 der internationalen Liste ein und exportiert Schweinefleisch nach Japan, den USA, Singapur, Südkorea, Vietnam, Chile und China. Das Volumen 2021 betrug 250.000 Tonnen.
Ukraine
Der Geflügelriese MHP will im Westen des Landes Getreide und Geflügel weiter produzieren. Vor dem Krieg lag der Exportanteil von MHP bei 60 Prozent. Aktuell liegt er bei null. Für die Frühjahrsbestellung sollen 95 Prozent des eigenen Ackerlandes genutzt werden können. Für den überwiegend in die EU gerichteten Export setzt der Konzern auf Lkw.
Für Besserwisser gibt es den kostenpflichtigen Leseclub
(https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/herd-und-hof-leseclub.html)
Roland Krieg