Marktpreise sind nicht alles

Landwirtschaft

DBV-Agrarfinanztagung 2017

Es geht doch wieder: Der Preis für ein Kilo Schlachtschwein liegt bei 1,76 und für ein Ferkel müssen nahezu 80 Euro hingelegt werden. In der Dauerpreiskrise lagen die Werte bei 1,20 und unter 40 Euro. Der konventionelle Milchpreis zeigt vereinzelt auch schon wieder Werte von über 33 Cent/kg Milch an, was immerhin eine langsame Verbesserung widerspiegelt. Doch ausruhen dürfen sich die Landwirte nicht. Wer nur auf die Marktpreise schaut, landet schnell wieder im nächsten Tief.

Die traditionelle Agrarfinanztagung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und der Rentenbank zeigte am Mittwoch in Berlin, dass Landwirte und Banker den Blick auf die weltweite wirtschaftliche Entwicklung werfen müssen. Bauernpräsident Joachim Rukwied verwies auf die traditionell guten Geschäftsbeziehungen der Landwirte mit der Rentenbank über die Brücke der lokalen Banken. Beide Seiten müssen näher zueinander rücken, weil große Herausforderungen immer wieder auch die landwirtschaftlichen Märkte treffen.

Landwirte sind gute Kunden

Rukwied zählte den Bankern auf, warum die Landwirte gute Kunden sind. Sie haben im Durchschnitt mit 67 Prozent nicht nur eine außerordentlich hohe Eigenkapitalquote, sondern sind in nach dem letzten Konjunkturbarometer des DBV auch aus dem Stimmungstief gekommen: „Der Wille zur Investition ist da“, sagte Rukwied. Zudem werden Ausgaben für Stall und Maschinen für eine halbe Generation getroffen. „Das ist ein Plus für die Banken“, weil der persönliche Rahmen für die Kreditabfrage stimme. Gute Perspektiven in der Landwirtschaft bieten auch den Banken gute Perspektiven.

Politik, Gesellschaft und rechtliche Rahmenbedingungen erfordern künftig stetigen Veränderungswillen. Brüssel gibt mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) den Rahmen vor, Berlin setzt die nationalen Rechtsrahmen und die Bundesländer machen die Details. Mit den Landeshauptstädten haderten die Landwirte am meisten, denn sie nutzen ihre Spielräume vor allem in der zweiten Säule für die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen sehr individuell. Die 2. Säule werde vor allem durch die Bundesländer geprägt, zwischen denen es auch bei vergleichbaren landwirtschaftlichen Strukturen große Anwendungsdifferenzen gibt. Kaum zwei Bundesländer haben die gleiche Rechtsetzung.

Druck von außen

Wie beispielsweise die Allianz SE die wirtschaftliche Situation einschätzt, legte ihr Chefvolkswirt Prof. Dr. Michael Heise dar. In Deutschland „brummt die Wirtschaft.“ Deutschland hat trotz aller Zuwanderungen der letzten Jahre die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1991und jetzt sogar steigende Reallöhne. Das hängt allerdings am Export, der durch Protektionismus in Gefahr gerate.

Populistische Politiker hätten sogar Erfolg, wie der Blick auf die Börsendaten zeige. Trotz steigender politischer Unsicherheit bleiben die Aktienkurse stabil. Zumindest kurzfristig setzen sie offenbar Wachstumsimpulse frei. Nach Heises Einschätzung werde US-Präsident Donald Trump aber keinen „Handelskrieg“ riskieren. Das würde das Weltwirtschaftswachstum von drei auf einen Prozent senken. Einzelne Strafsanktionen allerdings traut er ihm zu.

Größer sei hingegen das Risiko der konjunkturellen Überhitzung durch die lockere Geldpolitik der USA und Europa. Mittelfristig könnte auch das Thema Verschuldung bei den Schwellenländern der Weltwirtschaft auf die Füße fallen. Vor allem das Platzen der Chinablase wäre der Beginn einer neuen Rezession.

Die Europäer laden sich mit dem Brexit neue Lasten auf. Schon das „Einreichen der Scheidungspapiere“ habe die Klüfte zwischen allen Parteien aufgezeigt. Den Brexit hält Heise für eine „riesige Verschwendung an politischer Energie, die am Ende nichts einbringt“. Die Brexitrendite, mit der Großbritannien rechnet, sei bereits mehrfach an verschiedene Sektoren verausgabt, denen das Geld aus Brüssel fehlen wird. So müsse die Londoner Staatskasse die EU-Agrarzahlungen selbst übernehmen, weil sich das Land außerhalb der EU keinen Crash im Agrarbereich leisten könne.

Mit Blick auf Deutschland kritisiert Heise den Investitionsstau. Allein die Kommunen haben seit 1991 nur gleichbleibend in Infrastruktur und Daseinsfüsorge investiert. Die aktuelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank weise keine Konjunktureffekte aus, sondern behindere mit dem Negativzins konjunkturelle Ausgaben. Die Bürger sparen und Fonds müssen zur Erzielung von Renditen in immer riskantere Anlagen investieren. 1.100 Milliarden Euro Sparguthaben liegen in Europa bei den Banken herum. Das Geld sollte in Investitionen gesteckt werden. Heise fordert einen „Innovationsplan 2030“.

Druck von innen

Den hat die Landwirtschaft schon. Während der Kostendruck durch die Weltmärkte steigt, wachsen die über die Gesellschaft herangetragenen politischen Anforderungen. Dazu zählen die aktuelle Düngeverordnung, Bauvorschriften und Veränderungen durch das Tierwohl. Der Spagat zwischen gesellschaftlichen und ökonomischen Zwängen wird nach Geschäftsführer Peter Levsen Johannsen von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein immer größer. Die Themen sind ineinander verzahnt und wirken strukturell, organisatorisch und ökonomisch auf die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe. Die Betriebsleiter werden investieren müssen: In Düngerausbringungstechnik, in Lagerkapazitäten, Gülleaufbereitung sowie in den gesamten Stallbau. Für Kreditgeber eine sichere Bank. Ob am Ende die Landwirte davon profitieren, bleibt offen. Nicht alle notwendigen Investitionen spiegeln sich in höheren Deckungsbeiträgen wieder.

Und die Agrarmärkte?

Der Unternehmerblick weitet sich also auf die Politik und setzt sich mit notwendigen Kosten auseinander. Doch wie sieht das mit den Einnahmen aus? Der Verkauf von Ferkeln und Getreide ist neben den Direktzahlungen die einzige Einnahmequelle der Betriebe. Der Blick auf die Märkte darf also nicht verloren gehen und Landwirte haben vor allem im Ackerbau begonnen, ihre Preise an der Warenterminbörse abzusichern, so Rukwied.

Doch auch hier gilt: Aussaatfläche mal Kornertrag ist noch lange nicht der Gewinn. Stefan Vogel von der Rabobank muss für seine Preisprognosen ebenfalls auf Wachstumsmärkte, Weltpolitik, Wetterereignisse wie El Nino und die Lagerbestände einberechnen.

So sind Rubelkurs und Ölpreis streng miteinander korreliert. Ein sinkender Ölpreis macht den Rubel schwach und sichert Russland Exportvorteile bei Getreide. Sinkt auf Grund der Düngeverordnung der Proteingehalt im Getreide, verliert es international an Wert und die auf Exporte angewiesenen deutschen Landwirte verpassen den Anschluss, warnt Johannsen.

Ja, die langfristigen Perspektiven für den Agrarbereich bleiben gut. Das Wachstum für Getreide und Fleisch komme schließlich aus der wachsenden Weltbevölkerung und deren veränderten Nahrungsgewohnheiten. Doch im Gegensatz zu den qualitativ hochwertigen Nischenmärkten wie Öko, GVO-frei und hohe Tierwohlansprüche im Binnenmarkt, fordert der globale Markt Massenware, so Vogel.

Fazit

Banken und Landwirte kommen ohne einander nicht aus. War das in der Vergangenheit bereits schon, wird diese Verbindung künftig stärker werden müssen. Beide Seiten müssen ausloten, welche Chancen welche Entwicklungsrichtung hat. Das muss in den nächsten Jahren intensiver diskutiert werden, weil mit der Ausarbeitung der neuen GAP ab 2020 die Neugestaltung bereits begonnen hat. Wichtige Themen für die GAP 2020 sind Krisenfestigkeit, die Zukunftssicherung des ländlichen Raumes, die Zwei-Säulen-Struktur sowie die Marktorientierung zu der die Fragen nach Exportorientierung und gekoppelten Direktzahlungen  im Fokus stehen. Das listete Alois Bauer auf. Und der muss es wissen, denn er  ist Unterabteilungsleiter für die EU im Bundeslandwirtschaftsministerium.

Roland Krieg

Zurück