Marktverantwortungsprogramm Milch?

Landwirtschaft

Ende der Milchquote macht nervös

Das Ende der Milchquote im März 2015 macht nervös. Aller Wahrscheinlichkeit wird die Milchproduktion steigen. Wie lange wie viel produziert wird ist kaum absehbar. Druck auf die Preise wird von allen Seiten erwartet. Doch wie Milchbauern und Politik darauf reagieren sollen, ist noch immer ungewiss. Die Formel „mehr Markt plus Sicherheitsnetz“ entspricht weder der einen neuen Richtung Markt noch der Rückkehr zu den alten Tagen der Politikdominanz.

In der letzten Woche tagte das European Milkboard (EMB) und malte den schwarzen Peter an die Wand. „Die jetzige Preissituation ist sehr dramatisch. In sämtlichen europäischen Ländern befindet sich der Milchpreis im freien Fall“, erklärte Romuald Schaber, EMB-Vorsitzender. Die belgischen Molkereien wollten ab Januar nur noch 25 Cent je Kilogramm auszahlen. „Es wird am Markt völlig vorbei produziert, deshalb haben wir zu viel Milch am Markt. 50 Milcherzeuger aus 15 Ländern fürchten, dass der Wegfall der Quote im nächsten Jahr die Situation noch verschlimmere.

Marktverantwortungsprogramm

Das EMB hat für die Politik ein Marktverantwortungsprogramm (MVP) entwickelt, bei dem in Krisenzeiten die Produktionsmenge temporär an der Nachfrage orientiert festgelegt wird. Die aktuellen Vertragsaushandlungen zwischen Molkereien und Erzeugern reiche nicht aus. „Es müssen mehr Erzeuger gebündelt sein, damit sie genügend Marktmacht haben, um auf die Vertragsinhalte Einfluss nehmen zu können“, fordert Schaber. Am 11.Dezember werden die EMB-Milchbauern vor dem Brüsseler EU-Parlament für das MVP demonstrieren.

Volatilitäten absichern

Sinkende Preise und den Verlust von 75 Prozent der Milchbauern in Deutschland während 31 Milchquotenjahre beklagte auch Udo Folgart, Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), auf dem Milchsymposium des DBV. Molkereien und Lebensmittelhandel müssten neue Vermarktungswege erschließen, forderte er. Die Milch sei als Lebensmittel zu wertvoll, um sie über Niedrigpreise zu verkaufen. Einig ist sich Folgart mit dem EMB, dass der gut versorgte Markt die Preise derzeit sinken lässt. Einig sind sich beide auch mit der Einschätzung, dass das Quotenende weiteren Druck auf die Preise ausübt.

Doch Folgart hofft auf den weißen Peter: Im zweiten Quartal würden sich die Preise durch Gewinnung neuer Märkte stabilisieren. Dazu müssten die Vermarkter neue Strategien aufzeigen. Die Bauern müssen die auftretenden Volatilitäten an der Warenterminbörse oder versicherungstechnisch absichern lernen. Zum einzelbetrieblichen Risikomanagement gehört dann auch eine steuerliche Risikovorsorge zur Bildung von Krisenrücklagen.

Weltmilchmarkt 2014

Am Freitag hat die International Dairy Federation (IDF) ihren globalen Milchmarkt herausgebracht. Milch hat demnach vor allem wegen günstiger Witterungsverhältnisse alle Rekorde gebrochen. Schon 2013 wurde mit einem Anstieg von 1,2 Prozent eine Rekordproduktion von 782 Millionen Tonnen produziert. Das Jahr 2014 wird am Ende auf 805 Millionen Tonnen kommen. Pro Kopf sind 2013 weltweit im Durchschnitt 109,6 kg Milch (umgerechnet inklusive Molkereiprodukte) erzeugt worden. Das ist ein Plus von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Milchmenge schoss in die Höhe, weil der strenge Winter zu Beginn des Jahres 2013 im Norden und eine Dürre in Neuseeland die Milchproduktion zunächst einmal verringerte. Der daraufhin steigende Milchpreis führte zu einer Ausdehnung der Milchproduktion, die zunächst einmal den heimischen Markt bediente. Zwar wuchs auch der internationale Handel auf 62,9 Millionen Tonnen Milchäquivalenten, lag aber im Wachstum mit weniger als zwei Prozent unter dem Niveau der letzten Jahre. Daher blieben die Milchpreise weltweit bis Anfang 2014 auf hohem Niveau. Die Ausdehnung der Milchproduktion um weitere drei Prozent äußert sich aktuell in den wieder sinkenden Preisen.

Dem weiteren Wachstum schiebt der IDF einen Riegel vor. Das Handelsvolumen 2014 bleibt vor allem wegen der politischen Unsicherheiten auf niedrigerem Niveau. Ohne Berücksichtigung von Witterungsverhältnissen. Stabilisieren sich Witterung und Handelsbeziehungen dann prognostiziert der IDF für 2015 ein weiteres Wachstum in Höhe von vier Prozent. Langfristig regt das Bevölkerungswachstum bis 2015 die globale Nachfrage nach Milch und Molkereiprodukten.

Lesestoff:

Die Entscheidung über die Forderung einer steuerlichen Risikorücklage fällt in Deutschland am Ende im Finanzministerium

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Roland Krieg

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