Masterplan Landwirtschaft
Landwirtschaft
DLG fordert nachhaltige Produktivitätssteigerung
>Die Internationale Grüne Woche ist einst aus einer Wintertagung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) entstanden. Wegen der grünen Lodenmäntel der Teilnehmer wussten die wortgewandten Berliner dem Ereignis schnell einen passenden Namen zu geben. Im Vorfeld zur IGW findet nächste Woche die nächste Wintertagung der DLG statt. Zwar ohne grüne Lodenmäntel, aber mit einem Masterplan für die Landwirtschaft 2020 im Gepäck.Die Welt braucht eine nachhaltige Produktivitätssteigerung
Die Tagung der DLG möchte eine Orientierung geben, auf welche Herausforderungen die Landwirtschaft in den nächsten Jahren bis 2020 reagieren muss. Carl-Albrecht Bartmer, Präsident der DLG, formulierte am Donnerstag in Berlin sieben Eckpunkte eines Masterplans. Die Landwirtschaft könne man nicht mehr nur als deutsche betrachten, sondern muss in den globalen Kontext gestellt werden.
So gilt das Agrarjahr 2007/2008 Bartmer als „Zeigerjahr“, wie „scharf die Märkte auf nicht ausreichende Lebensmittelangebote mit Preisexplosionen“ reagieren. Auch wenn die Verbraucher sich derzeit über niedrige Öl- und Milchpreise freuten, warnte er, dass der Markt „falsche Signale“ aussende. Die Zusammenhänge und Auswirkungen globaler Megatrends seien vielen Verbrauchern nicht richtig bewusst.
Bis 2050 werden zusätzlich drei Milliarden Menschen mit Lebensmittel und Energie zu versorgen sein. Die meisten davon werden in den Städten leben und ohne eigenen Hausgarten auf lagerfähige und verarbeitete Produkte angewiesen sein. Der Bedarf von 50 Prozent mehr Nahrungsmittel als heute erhöht den Druck auf die fruchtbare Ackerfläche und die Ressource Wasser. Außerdem muss die Landwirtschaft einen Teil der Energieversorgung tragen, was durch die aktuelle russisch-ukrainische Gaskrise deutlich wird.
Zerstörung fruchtbaren Bodens |
Bartmer warnte, dass die aktuellen Preise von 40 US-Dollar für ein Barrel Erdöl, 28 Cent für einen Liter Milch und 240 Euro für eine Tonne Raps nicht die wirklichen Knappheitsverhältnisse widerspiegelten. Auch die außergewöhnlich gute Ernte des letzten Jahres dürfe die Verbraucher nicht in Sicherheit wiegen. Zum einen wurden die guten Erträge durch gute Wetterbedingungen erzielt, also durch äußere, veränderliche Faktoren, zum anderen durch hochmechanisierte Betriebe im Fremdkapitaleinsatz. Aus der Ukraine gebe es bereits die ersten Berichte, dass Raps nicht geerntet werde, weil die Kosten für den Drusch die Markterlöse übersteigen. Das Erntejahr 2008 werde schlechter, prognostiziert Bartmer.
So könne die Landwirtschaft nicht weiter betrieben werden. Zwar liegen weltweit gut 25 Millionen Tonnen Getreide in den Lägern, der Zusatzbedarf läge aber bereits bei 40 Millionen Tonnen.
Modernisierung und Effektivität
Vor diesem Hintergrund hat die DLG einen Masterplan entworfen, der aus der Versorgungsfalle heraushelfen soll.
Die moderne Bauer steht dabei im Mittelpunkt als „landwirtschaftlicher Unternehmer, der nachhaltige Produktivitätssteigerungen möglich macht.“ In einer zur Wintertagung beauftragten Studie für die DLG heißt es, dass die Menschen die Landwirtschaft immer noch nicht als „modern“ einstufen. Handwerkszeug für den neuen Landwirt ist die moderne Technologie, die oft hinter dem Bild der „bäuerlichen Idylle mit einer mehr anthropogenen Definition von Tiergerechtheit“ zurücksteht. Auch eine „extrem hohe Risikobewertung“, wie sie aktuell bei den Pflanzenschutzmitteln durchgeführt werde, verlange „einen hohen Preis in Form von nicht erzeugten Lebensmitteln“. Die Gentechnik biete Möglichkeiten, Pflanzen mit einer leistungsfähigen Genetik auszustatten und die Menschen würden sie eher akzeptieren, sind sie über das Ausmaß der zukünftigen Herausforderungen informiert.
Beim Bodenschutz fügt Bartmer hinzu, dass die tägliche Versiegelung von mehr als 100 Hektar Fläche gestoppt werden muss. Zunehmend wichtiger wird die Intensivierung der Agrarforschung. Während das Ausland mit spin-offs aus Lehre und Wirtschaft von sich reden mache, hinke Deutschland hinterher. Zu Herd-und-Hof.de sagte Carl-Albrecht Bartmer, dass die neue Stiftungsprofessur zwischen KWS Saat und der Universität Hohenheim richtungsweisend sei. Die DLG arbeitet mit Hohenheim im Bereich der Landtechnik zusammen. Bartmer wünschte sich hier mehr Engagement der Bundespolitik. Das die Lehre föderale Ländersache ist, sieht er eher als hinderlich an.
Beispiel Phosphor |
Mehr Wirtschaft
Weniger Ackerfläche, mehr erforderlicher Ertrag. Unter dieser Prämisse sieht die DLG die Ausweitung der 2. Säule der Agrarpolitik als Entwicklung des ländlichen Raums eher kritisch. Nach 2013 hat die EU sogar noch eine Stärkung der 2. Säule vorgesehen. Hingegen will der DLG-Präsident die „Strukturkonservierung und Gestaltung idealisierter Landschaften“ nicht auf Kosten der Produktivität gelten lassen: „Dieser ländliche Raum an den fruchtbarsten Standorten der Welt muss effizient produzieren. Das ist praktische Nachhaltigkeit im globalen Kontext und dann auch die richtige Antwort gegen den Hunger dieser Welt“, so Bartmer.
Mehr Wirtschaft heißt aber auch, dass Biodiversität, Natur- und Umweltschutz mit den Erfordernissen konkurrieren können. Nach Ansicht von Bartmer müssten diese konkurrierenden Ziele miteinander optimiert werden.
Mehr Wirtschaft bedeutet auch mehr Input an Pflanzenschutzmitteln, Düngern oder Stahl für die Maschinen – bei endlichen Ressourcen. Kommt die DLG damit aus?
Carl-Albrecht Bartmer spezifiziert gegenüber Herd-und-Hof.de den Ressourceneinsatz. Vieles, was der Weltagrarrat in seinem Bericht gefordert hat, sei richtig. Nur könne man das nicht als allgemeines Postulat erheben, weswegen einige Teilnehmer vor der Veröffentlichung ausgestiegen sind.
Erhöhung der Produktivität muss auch nicht Hochtechnologie sein. Gerade in den Ländern mit Armut und Hunger reichen kleinere Inputs aus. Man müsse den Hunger dort bekämpfen und nicht durch Mehrproduktion in den Industrieländern. Im Grunde müsse eine Abwägung stattfinden, wo Ressourcen standortangepasst und effizient eingesetzt werden können.
Lesestoff:
Im Herbst 2008 fragte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, ob denn Bio die Welt ernähren könne?