Mastgeflügelhaltung in der Kritik
Landwirtschaft
Europaparlament stellt Mastanlagen auf dem Prüfstand

Die Richtlinie 2007/43/EG über die Haltung von Mastgeflügel wird nach einem Bericht der Kommission in den Mitgliedsstaaten der EU „bestenfalls uneinheitlich“ umgesetzt. Zu einer Verbesserung des Tierwohls habe sie nicht beigetragen. In besonderer Kritik steht die prophylaktische Anwendung von Antibiotika, die zur Entstehung von multiresistenten Keimen beiträgt.
Die Kommission will 2019 neue Indikatoren für die Geflügelmast festlegen und den Einsatz von Antibiotika weiter reduzieren. Das hat am Donnerstag im Auftrag für den EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukairis seine Binnenmarktkollegin Elzbieta Bienkowska im Europaparlament vorgetragen. Hintergrund ist eine Anfrage der Parlamentarier zur Geflügelmast. Einig wie selten wandten sich die Abgeordneten gegen „überzogenen Gebrauch von Antibiotika (José Inácio Faria, EVP, Portugal), industrialisierter Produktion und Antibiotika im Trinkwasser (Urszula Krupa, Konservative aus Polen) und hohem Fleischverzehr (Eleonora Evi, 5 Sterne, Italien).
Maria Noichl von der SPD macht auf den Unterschied zwischen Werbung und Realität aufmerksam. Geflügelfleisch stehe für eine moderne und leichte Küche. Doch wüssten die Konsumenten über die Haltungsbedingungen, würden sie Abstand vom Hähnchenfleisch nehmen. „Die Hähnchenmast in Europa ist noch immer in der Schmuddelecke“, sagte Noichl.
Mehr als sechs Wochen brauchen die Tiere nicht, um vom Ei auf 2,5 kg Schlachtgewicht gemästet zu werden, verdeutlicht die niederländische Linke Anja Hazekamp aus den Niederlanden mit einem Geflügelbild in der Hand.
Der Südtiroler Herbert Dorfmann (EVP) war der einzige, der differenzierte. Allerdings stehen die ordentlichen Geflügelhalter oft mit im Visier der Kritiker gegen die industrielle Erzeugung. Als positive Beispiele nannte Dorfmann die Brancheninitiative Tierwohl in Deutschland und die Niederländer, die zusammen mit der Universität Wageningen luftige und lichte Ställe konzipieren. Nach Dorfmann leiden die ordentlichen Tierhalter an der mangelhaften Umsetzung der Richtlinie aus dem Jahr 2007.
Der grüne Abgeordnete Thomas Waitz aus Österreich kritisiert die Kommission, die offenbar an dem Geschäftsmodell der europäischen Geflügelproduktion mit Gentechniksoja für den Exportmarkt festhalte. Das sei kein „Zukunftsmodell“. Stefan Eck aus Deutschland (Linke) fordert die Kommission zum Handeln auf, „sonst handeln die Tierrechtler!“.
Die Abstimmung über einen Entschließungsantrag findet in der zweiten Oktobersitzung statt.
Roland Krieg; Foto: Screenshot der Plenartagung