Mehr Klimaschutz

Landwirtschaft

Rückenwind für Bündnis 90/Die Grünen

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu detaillierten Klimaschutzzielen ist Rückenwind für die Opposition von Bündnis 90/Die Grünen. Einen Antrag für mehr Klimaschutz durch Naturschutz begründet Steffi Lemke vor allem damit, dass es der Bundesregierung und der Welt nicht an Zielen, sondern an Umsetzungen fehlt. Der Austausch fossiler durch erneuerbarer Energien ist ein lang gehegter Wunsch, der Internationale Rat für Biodiversität (IPBES) beklagt das Aussterben von Arten, das Zwei-Grad-Ziel ist in Gefahr und selbst die aktuellen Niederschlagsereignisse füllen in Deutschland noch immer nicht die leeren Wasserspeicher in 1,80 Meter Bodentiefe.

Kein einziges Kernziel der Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität ist erreicht worden. Schon mit Blick auf die nächste Legislaturperiode wollen die Grünen, dass die Bundesregierung nicht wieder den Zielen hinterherhinkt.  FFH, Wasserrahmenrichtlinie, Natura 2000, Klimaziele 2030 und 2050: Doch „jedes Mal müssen wir feststellen, dass es leider wieder nicht geklappt hat“, kritisiert Lemke. Vom ursprünglichen Insektenschutzgesetz sei nicht mehr viel übrig, aber wieder einmal aus der Tagesordnung verschwunden. Der Antrag folgt auch der neuesten Idee der Umweltminister, eine neue Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz aufzulegen. Ökosysteme müssen, so der Antrag, wieder aufgebaut werden, Flächen müssen renaturiert werden, Wiedervernässung von Moorstandorten, Wildnisziele, verbesserte Wasserhaltevermögen der Böden, ein Kompetenzpool „Natürlicher Klimaschutz“ und mehr Einsatz in Brüssel für europäische Programme. Das alles soll aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) gespeist werden, aus dem zehn Prozent in den Natur- und Klimaschutz fließen sollen. Das wären 2,6 Milliarden Euro pro Jahr und „ein echter Paradigmenwechsel in der Naturschutzpolitik“, so Lemke.

Wünsche und Praxis

Klaus-Peter Schulze (CDU) findet den Antrag fachlich gut, sieht aber keinerlei Praxisbezug. „Hier sind Schreibtischbiologen der Berliner Blase nicht in der Lage, die Praxis einzuschätzen“, lautet sein Urteil. Zehn Prozent des EKF-Fonds reichten nicht, alle notwendigen Transformationsprozesse umzusetzen. Gleichwohl müsse sich die nächste Bunderegierung über Änderungen Gedanken machen. So sind Investoren bereit, Landwirten pro Hektar 2.500 Euro pro Jahr für den Zeitraum von 20 Jahren zu zahlen, lassen sie auf dem Feld Solarmodule zu. Da könne der Staat nicht mithalten. Der Naturschutz bremse durch zu viele Auflagen Windkraftanlagen aus, wenn zu große Abstände windfähige Standorte vergeudeten.

Soziale Frage

Die wichtigste Einnahmequelle des EKF ist der europäische Zertifikatehandel. Und der wird über den Preis für CO2-Emissionen gespeist. Doch schon zu Jahresbeginn hat der deutsche Bepreisung von 25 Euro je Tonne zu einem Anstieg bei fossilen Heiz- und Benzinpreisen geführt. Diese Woche haben die europäischen Grünen einen Preis von 150 Euro je Tonne Kohlendioxid bis 2030 vorgeschlagen. Schon 2023 soll ein Mindestpreis von 50 Euro gelten. Einkommensschwache Bürger heizen kleine Wohnungen und fahren kleine Autos, warnt Carsten Träger von der SPD. Die werden übermäßig belastet. So werde die Klimaschutzfrage zur sozialen Frage: „Das ist mit der SPD nicht zumachen.“ Statt neue Ideen zu forcieren, plädiert Träger, die vorhandenen Möglichkeiten, wie den Wildnisfond oder das Blaue Band  besser auszugestalten: personell, finanziell und rechtlich mit schnelleren Genehmigungen.

AfD uneins

Karsten Hilse nannte die Antragsteller „grünbemantelte Kommunisten“, die „Angst und Schrecken wie bei der Corona-Propaganda“ verbreiten“. Der Vertreter der völkischen AfD hofft, „ dass alle, die an der Verelendung unseres Volkes mitwirken, ihre gerechte Strafe erhalten.“ Etwas Sachlichkeit findet Parteikollege Andreas Bleck und findet zumindest den Ankauf von Naturschutzflächen und die Wiedervernässung von Niedermoorstandorten „unterstützenswert“. Bleck will alle Maßnahmen aus dem jeweils aktuellen Steueraufkommen und durch keinen Extrafonds finanzieren.

Komplexe Zusammenhänge

Rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen seien bereits in eine Null-Emissionspolitik eingebunden, sagte Lukas Köhler (FDP) und findet, dass die Pariser Klimaziele fortschreitend durch eine Evaluierung alle fünf Jahre richtig verankert seien. Wenn die Grünen zehn Prozent aus dem EKF beanspruchen, müssten sie auch sagen, was dafür eingespart werden soll. Es gibt viele Zielkonflikte. Landwirte wirtschaften auf trockengelegten Standorten. Werden sie wiedervernässt, müssen sie nach Köhler einen Ausgleich für die entgangenen Gewinne bekommen.

Der richtige Ausgleich ist auch Thema für Ralph Lenkert (Die Linke). Die Renaturierung von Gewässern, der Rückbau von Wasserkraftwerken und neue Uferstreifen kosten Geld. Für beides sei Die Linke zu haben – aber begradigte Gewässer haben Ackerflächen und Siedlungsraum geschaffen, ein Abbau der Wasserkraft muss durch den Aufbau von Solaranlagen kompensiert werden und gegen die Zersiedlung der Landschaft helfe der Geschosswohnungsbau in den Städten. Wo Binnenschiffe nicht mehr fahren können, muss die Bahn ausgebaut werden.

Da sei es viel besser, erst gar nicht in den Zwang der Renaturierung kommen zu müssen. Solange Deutschland jeden Tag mehr als 50 Hektar Fläche verbraucht, solange muss mit steigendem Aufwand später irgendetwas renaturiert werden.

Roland Krieg

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