Meyer beim GAP-Trilog
Landwirtschaft
Alte Sorten dürfen nachgebaut werden
Angesichts diverser Lebens- und Futtermittelskandale hat Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer im Rahmen eines Brüssel-Besuchs eine Stärkung des Verbraucherschutzes und insbesondere eine Verbesserung von Kennzeichnungsregeln in der EU gefordert. Dies war gestern und heute Thema – unter anderem in Gesprächen mit EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg, Abgeordneten des Europäischen Parlaments, dem Kabinettschef des Agrarkommissars, Georg Häusler, und weiteren Vertretern der Kommission. Neben dem Tier- und Verbraucherschutz ging es dabei auch um die zukünftigen Weichenstellungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für den Zeitraum 2014 bis 2020 und ihre Folgen für die Agrarwende in Niedersachsen.
Derzeit finden in Brüssel die so genannten informellen Trilog-Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und den EU-Landwirtschaftsministern statt. Für Niedersachsen geht es dabei um die Zukunft von jährlich mehr als 900 Mio. Euro EU-Direktzahlungen für die Landwirte (1. Säule der GAP) sowie etwa 130 Mio. Euro an EU-Mitteln für die ländliche Entwicklung (2. Säule der GAP). Minister Meyer unterstrich in den konstruktiven Gesprächen die Bedeutung dieser Zahlungen für das Flächenland Niedersachsen und die Notwendigkeit einer Umverteilung der Mittel in Richtung bäuerlicher Betriebe, besserer Umweltleistungen und ländlicher Räume. "Niedersachsen begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine stärkere Ökologisierung der Agrarpolitik und ein starkes Greening. Insgesamt zeigten sich große Übereinstimmungen hinsichtlich einer grüneren und gerechteren GAP“, so der Landwirtschaftsminister. Niedersachsen setzt sich dafür ein, dass das Greening sowie die Degression bzw. die Kappung der Direktzahlungen zugunsten bäuerlicher Betriebe auf EU-Ebene nicht weichgespült werden.
Eine sehr gute Nachricht für alle Hobbygärtner sei die Aussage des Agrarkommissariats, dass eine geplante Verschärfung der Nachzucht- und Regulierungsregeln beim Saatgut vom Tisch sei. Meyer: "Die Saatgutkonzerne konnten sich im Hinblick auf Lizenzierung jeder Saatgutvermehrung alter Sorten nicht durchsetzen. Das erleichtert Vielfalt bei Gemüse- und Obstsorten und stärkt gerade kleineren Betrieben, die die hohen Lizensierungskosten gar nicht bewältigen können, den Rücken."
Neben der Stärkung bäuerlicher Landwirtschaft stand beim Ministerbesuch in Brüssel vor allem auch der Verbraucherschutz im Mittelpunkt. „Die Skandale der vergangenen Wochen, von denen besonders die Verbraucher in Niedersachsen betroffen waren, haben gezeigt, dass die rechtlichen Vorgaben für Futtermittelkontrollen und für die Kennzeichnung von Lebensmitteln auf nationaler und europäischer Ebene nicht ausreichend sind“, erklärt Minister Meyer.
"Eine umfassende Kennzeichnung der Herkunft für Fleisch muss auf verarbeiteten Produkten so schnell wie möglich erreicht werden ", bat er Kommissar Borg. Meyer fügte hinzu: "Auch Tierschutzkriterien wie die Haltungsform der Legehennen muss auf Verpackungen der Lebensmittel erläutert werden, um so den Verbrauchern echte Wahlfreiheit zu ermöglichen. Dazu gehört auch die vom Bundesrat geforderte Kennzeichnung von Eiprodukten. Verbraucher müssen leicht erkennen können, wo Käfigeier drin sind und wo nicht." Eine bessere Kennzeichnung stärke auch heimische Betriebe mit hohen Umwelt- und Tierschutzstandards.
Großen Raum nahm in den Gesprächen der Austausch zur Tierschutzstrategie der Europäischen Kommission 2014 bis 2020 sowie zu den Aktivitäten zum Tierschutz in Niedersachsen ein. Minister Meyer betonte, dass einheitliche Standards für den Tierschutz in ganz Europa umgesetzt werden müssen, um Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu unterbinden. Dabei käme der Entwicklung von Indikatoren für das Tierwohl eine wichtige Rolle zu. Niedersachsen habe mit dem Tierschutzplan bereits einige Erfolge vorzuweisen.
Minister Meyer plädierte insbesondere dafür, in Europa einen einheitlichen Indikator zur Beschreibung der Verwendung von Antibiotika in den Nutztierhaltungen festzulegen. Diese einheitliche Kennzahl sei notwendig, um den Erfolg in der Minimierung des Antibiotikaverbrauchs in Europa verfolgen zu können.
Minister Meyer abschließend: "Wenn wir für die Zukunft lebenswichtige Therapien für kranke Menschen sicherstellen wollen, müssen wir den Antibiotikaverbrauch in den Nutztierhaltungen auf das absolut notwendige Maß absenken.“
ML