"Mich freut der Bio-Boom"

Landwirtschaft

Sonnleitner auf der BioFach

Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Gerd Sonnleitner hatte nicht nur auf der Internationalen Grünen Woche Grund zur Freude über die positive Grundstimmung auf den Höfen, sondern freut sich auf der BioFach weiter. Die Nachfrage nach Bioprodukten sichert den Ökobetrieben bessere Gewinne als den konventionellen Vergleichsbetrieben. Allerdings sieht er auch, dass das Angebot nicht nachkommt. Vor allem durch den Engpass bei Futtergetreide blieben bereits ersten Stallungen leer.
Ökobetriebe sind auch nicht mehr „klein und fein“. Sie haben bereits einen höheren Flächendurchschnitt als die konventionellen Betriebe. Wichtig ist Sonnleitner, dass der Boom der erneuerbaren Energien in der Landwirtschaft aufgenommen wird, aber die Bauern weiterhin hauptsächlich Nahrungsmittel produzieren werden. Den reinen „Biogas-Bauern“ werde es nicht geben, weil die Wertschöpfung im Nahrungsmittelbereich größer sei, als bei der Bereitstellung von Biomasse. In diesem Zusammenhang könne „die Bio-Energie den Lebensmittelhandel disziplinieren“. Wenn der Handel nicht endlich bessere Erzeugerpreise zahlen werde, dann könne der Bauer auf die Bioenergie ausweichen. Die Preisfrage und der Konkurrenzdruck zum Nutzen der bäuerlichen Wirtschaft.
Ein deutlicheres Signal für die Umstellung wünscht sich Sonnleitner von der Politik. Auf der BioFach präsentierte er eine aktuelle Umfrage, bei der 4,3 Prozent der Bauern bereit wären auf ökologischen Landbau umzustellen. Das entspricht in etwa dem Anteil der jetzigen schon aktiven Landwirte. Das würde die Zahl der Betriebe schnell verdoppeln. „Um dieses Potenzial nun auch wirklich zu mobilisieren, brauchen wir ein ganzes Bündel von Maßnahmen, und zwar auf allen Ebenen.“
Vorbildhaft übernimmt der Handel die Vorreiterrolle. Edeka in Hannover-Minden bietet umstellungsinteressierten Bauern neben einem fünfjährigen Abnahmevertrag auch die Vorfinanzierung umstellungsbedingter Investitionen an. Sonnleitner findet solche Ideen gut, sofern die Verträge „den Bauern gegenüber fair sind“.
Der Bauernpräsident setzt sich für die Agrarforschung ein. Agrarfakultäten sollen nicht „als Steinbruch für andere Begehrlichkeiten genommen werden“. Die Landwirtschaft steht vor großen internationalen Herausforderungen und der Bereitstellung von Bio-Energie. Während andere Länder die Forschung intensivieren, solle die Bundesforschungsanstalt in Trenthorst geschlossen werden. „Der ökologische Landbau ist auch zukünftig auf leistungsfähige, querschnittsorientierte Forschungseinrichtungen angewiesen“, so Sonnleitner.

Basswitz kritisiert die neue EU-Ökoverordnung
Im Dezember 2006 wurde eine neue EU-Ökoverordnung vorgelegt, die im März vom Parlament nur noch formell verabschiedet werden muss. Dann gibt es Gelegenheit, noch bis zum Inkrafttreten 2009 die Durchführungsbestimmungen im Einzelnen zu regeln.
Dr. Heinrich Graf von Basswitz, Vorsitzender des Fachausschusses Ökologischer Landbau im Deutschen Bauernverband, sieht im Wesentlichen keinen Grund, dass die alte Verordnung 2092 von 1991 hätte geändert werden müssen. „Dort stecken 15 Jahre Erfahrung drin.“ Im Gespräch mit Herd-und-Hof.de zeigte er sich mehr enttäuscht über das Vorgehen der EU, das den Beteiligten keine wirkliche Gelegenheit gegeben hatte, Einfluss auf die Verordnung zu nehmen. Bei der Vorstellung im deutschen Agrarausschuss hätte keine einzige Partei der Änderung zugestimmt. Die schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit geben ihm nur wenig Hoffnung, dass sich wirklich etwas ändern werde. Es mache keinen Sinn und kann dem Verbraucher auch nicht erklärt werden, dass es demnächst „billig“-Bio und „besser“-Bio gebe.
„Obwohl noch nicht formell verabschiedet, haben wir jetzt doch in den Grundzügen einen Text für eine neue EU-Öko-Verordnung, die wir uns in dieser Weise nicht gewünscht haben und die aus unserer Sicht auch nicht geeignet ist, den ökologischen Landbau in Deutschland und in Europa entscheidend voranzubringen.“ Hoffnung hat er, weil die Verordnung nur einen groben Rahmen vorgibt und Details noch ausformuliert werden müssen. Vier Punkte hat der Ökobauer aus Mecklenburg-Vorpommern in Nürnberg gefordert:

1. Der vorliegende Verordnungstext hat die Außer-Haus-Verpflegung explizit herausgenommen, obwohl sich gerade dieser Bereich in den letzten Jahren als sehr dynamisch gezeigt hat. Hier könnte eine nationale Zusatzregelung eingefügt werden.

2. Das europäische Biosiegel ist in Deutschland fast unbekannt, wird aber ab 2009 alle Produkte kennzeichnen. Demgegenüber ist das eckige deutsche Biosiegel mit rund 35.000 zertifizierten Produkten von etwa 1.900 Unternehmen sehr erfolgreich und hat letztlich den Bio-Boom ausgelöst. Möglicherweise können grafische Elemente in ein neues Logo, dass EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel zu entwickeln versprach, aufgenommen werden.

3. Regionale Produkte haben es in der Zukunft schwer, mit ihrer Heimat zu werben. Die neue EU-Verordnung sieht nur die Herkunftsangabe EU und Nicht-EU vor. Stammen aber alle Ausgangsstoffe für ein Produkt aus einem Land, dann kann das jeweilige Mitgliedsland mit angeführt werden. Das sei eine Verbesserung, die bei dem jetzigen Bio-Siegel nicht umgesetzt sei. Dr. Basswitz fürchtet aber, dass viele regionale Produkte als anonyme EU-Ware verschwimmen.

4. Bereits in Kraft getreten ist die neue Importregelung für Bio-Ware. Seit dem 01. Januar können Bioprodukte aus Drittlandstaaten einfacher als bisher in die EU eingeführt werden. Begründet wurde diese Vorgehensweise mit einer besseren Kompatibilität gegenüber der laufenden WTO-Verhandlungen. Dr. Basswitz möchte aber importierte Ware nicht nur auf dem Papier als Bio gekennzeichnet sehen, sondern fordert in den Drittlandsstaaten vergleichbare Produktionsrichtlinien und vor allem eine ähnliche Kontrolldichte.

Lesestoff:
Die Entwicklung der neuen EU-Ökoverordnung vom ersten Entwurf 2005 bis zum „general approach“ im Dezember 2006 mit vielen Stellungnahmen aus der Branche können Sie unter www.gfrs.de/aktuelles.html aufrufen.

roRo

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