Milch: Die Mär von der Preiserhöhung

Landwirtschaft

Agrarminister feiern sich selbst

Eines hat die EU-Agrarministerkonferenz am 07. September deutlich gezeigt: Die EU hält an ihrer Zäsur fest, die Bauern in den Markt zu entlassen. Kritiker hatten die Politik monatelang vermisst, als alle Preise auf breiter Front in den Keller rauschten - und als die Minister dann doch noch zusammen kamen, sprangen lediglich 500 Millionen Euro für 13 Millionen landwirtschaftliche Betriebe in der EU heraus. Natürlich stimmt diese Rechnung nicht. Genauso wenig, als würde alles Geld alleine für die 80.000 Milchviehbetriebe in Deutschland ausgegeben: Wie viel Hilfe stellte diese Einmalzahlung in Höhe von 6.250 Euro bereit, nachdem der Milchpreis seit einem Jahr um 30 Prozent eingebrochen ist?

Dennoch wurde das Hilfspaket wohlwollend als Signal gewertet, die Bauern nicht alleine zu lassen. So musste die Länder-Agrarministerkonferenz (AMK) in der vergangenen Woche in Fulda zu keinem anderen Ergebnis kommen. Sie durfte ja auch nicht, weil der Hilfsrahmen von Brüssel vorgegeben ist.

Pünktlich zur AMK hat der Deutsche Bauernverband gemeldet, dass nach Lidl auch Aldi zum 01. Oktober die Milchpreise angehoben haben. „Damit konnte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, einen weiteren Lebensmitteleinzelhändler bei einem Gespräch von der Notwendigkeit der Verbesserung der Milchpreise überzeugen“, teilte der Bauernverband mit. Auch der Bundesverband Deutscher Milchbauern (BDM) glaubt, dass die vielfältigen Proteste zu den Erfolgen im Milchregal beigetragen haben. Wieso lassen sich die Bauern so leicht in die Tasche lügen?

Welche Preise wurden erhöht? Der Liter fettarme Vollmilch kostete am Freitag immer noch weit verbreitet 51 Cent und bei Kaufland das Päckchen Markenbutter 79 Cent. Der Landesbauernverband Brandenburg beklagte, dass mit den „Erhöhungen“ lediglich das Niveau vom Frühjahr 2015 erreicht wurde – und damit nur die letzte Preisrunde rückgängig gemacht wurde. Und der Verband, dessen Präsident Udo Folgart auch Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes ist, sieht nicht, dass das Geld bei den Bauern ankommt. Lediglich 20 Prozent des Sortiments sind betroffen und nur ein begrenzter Teil der Lebensmittelhändler mache mit, kritisieren die märkischen Bauern. Nicht einmal ein Cent mehr komme für die Rohmilch bei den Bauern an. „Damit kommen die Milchbauern noch nicht aus dem Tal der Tränen.“

Besonders traurig: Wie bleiben die „frohen Mitteilungen“ des DBV und des BDM beim Verbraucher hängen? „Vier Cent mehr – dann ist ja alles wieder in Ordnung!“ Dass den Discountern die „Zusage“ leicht fiel, beweist nur, dass sie den Weltmarkt im Blick haben. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband bemerkte schon, dass sich am Milchmarkt eine generell positive Entwicklung „verdichtet“. Die neuseeländische Molkerei Fonterra, eine der globalen Preisbildner, hat die Auszahlungspreise um drei Cent erhöht. Aldi, Lidl und Co. haben den Trend nur vorweggenommen.

Die AMK hat einen Runden Tisch hervorgebracht, der für jedes Modell offen ist. Aber weder Christian Meyer aus Niedersachsen, noch Dr. Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern haben diesen Satz zu Ende geführt: „…, im Rahmen der Brüsseler GAP.“ Zumindest Backhaus warnt vor übertriebenen Erwartungen. Der Runde Tisch wird keine Quadratur des Kreises, die Menge ohne Mengensteuerung zu steuern, hervorbringen.

Prof. Onno Poppinga und Michael Wohlgemuth von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) haben sich die Exportdaten der europäischen Milchwirtschaft angeschaut. Deutschland und die EU exportieren viel Milchpulver aber wenig hochqualitativen Käse mit hoher Wertschöpfung. Auch Schmelzkäse gilt gegenüber Gorgonzola oder Grana Padano als Ware mit geringerer Qualität. Eine Exportoffensive wird ohne Umschichtung des Portfolios keinen Mehrwert für die Landwirte erzielen.

Hat die aktuelle GAP der Landwirtschaft eine Komponente der Ökologie hinzugefügt, lässt sie die der wirklichen Ökonomie noch vermissen. Die Halbzeitbewertung der GAP, geplant 2017, sollte Gelegenheit geben. Aber nicht für Schuldzuweisungen gegenüber anderen Sektoren. Die GAP muss die Spreizung zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben so hinbekommen, dass neben den Exportbetrieben die anderen nicht zum Sozialfall werden.

Roland Krieg

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