Milch: Jetzt trifft es auch die großen Betriebe

Landwirtschaft

Milchstreik, wenn die Basis es will

Jürgen Meenken ist Milchbauer in Sachsen-Anhalt. 350 Kühe hat er auf seinem Betrieb. Selbst für Sachsen-Anhalt ist das groß, wo der Herdendurchschnitt bei 220 Kühen liegt. Aber mittlerweile gleicht auch eine Großproduktion die niedrigen Milchpreise nicht mehr aus, denn Meenken muss derzeit bei jedem Liter Milch zehn Cent dazulegen. Bis auf 25 Cent je kg sind in Norddeutschland die Milchpreise gefallen, klagte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) am Mittwoch auf dem Berliner Messegelände.

Bauern sind in schlechter Verhandlungssituation
Es ist zu viel Milch auf dem Markt und die Bauern müssen den Molkereien hinterherlaufen, ihre Milch loszuwerden. Für einen Betrieb wie dem von Meenken belaufen sich die Verluste auf rund 15.000 Euro monatlich. Kompensiert hat er das über die Ausgleichszahlungen der EU, die gerade auf die Konten fließen. Damit wird es aber im März vorbei sein, wenn die Bauern die Betriebskosten für die Frühjahrssaat bezahlen müssen.
Romuald SchaberRomuald Schaber, Präsident des BDM sieht wieder dramatische Zeiten auf die Bauern zukommen und prognostiziert Insolvenzen. Der BDM wird im Rahmen der Grünen Woche sein Symposium im ICC abhalten und die Stimmung an der Basis ausloten. Hans Foldenauer, Vizepräsident des BDM fasste noch mal die Ereignisse des Jahres 2008 zusammen. Als zu Jahresbeginn die Lage immer bedrohlicher wurde, wussten die meisten Bauern nicht mehr weiter, als Ende Mai mit dem Milchstreik auf sich aufmerksam zu machen. Zwischen dem Milchgipfel und dem Bundesratsbeschluss sind jedoch alle politischen erfolge wieder zunichte gemacht worden, weswegen die Milcherzeuger in vergleichbarer Situation stehen.
Das Podium des BDM wollte einen erneuten Milchstreik für 2009 nicht voraussagen. Letztlich entscheiden die Bauern. Doch Foldenauer warnte: Wenn der Punkt erreicht ist, dass die Rechnungen am Computertisch nicht mehr bezahlt werden können, dann sei ein neuer kritischer Punkt erreicht.

Milch in Grenzen halten
Auch wenn Politik und Bauernverband an „Leuchttürmen neuer Molkereistrukturen arbeiten würden“, um mit wettbewerbsfähigen Strukturen dem Handel Paroli bieten zu können, sei das nur eine weitere alte Lösung, die nicht greift. An dem Problem, dass zu viel Milch am Markt gibt ändere auch eine Exportlösung nichts. Ziel könne nur sein, weniger Milch zu produzieren.
Mit einem länderübergreifenden Rettungspaket könnten europaweit rund fünf Prozent der Milch vom Markt genommen werden. Statt Intervention und Exportbeihilfen sollen die Bauern freiwillig auf fünf Prozent der Milchleistung verzichten, ohne dass dabei Rinder geschlachtet werden müssten. Kühe könnten beispielsweise länger trocken gestellt werden. Die Bauern bekämen dafür eine öffentliche finanzierte Entschädigung aus einer erzeugerfinanzierten Umlage. Für Deutschland wäre das eine Summe in Höhe 500 Millionen Euro.
Eine Absage erteilt der BDM auch dem Milchfonds, der lediglich in die Ausweitung der Produktionskapazitäten fließen würde und den Milchpreis weiter unter Druck setzen würde.

FaironikaDie Verbraucher ansprechen
Faironika hat über den BDM Karriere gemacht. Die Kuh mit dem fairen Milchpreis soll die Verbraucher stärker ansprechen. Strategische Partnerschaft mit dem Verbraucher, nennt Romuald Schaber das gegenüber Herd-und-Hof.de. Der Milchstreik hat eine Reihe von erfolgreichen Nebeneffekten hervorgebracht. Der BDM hat Kontakte zu Verbraucherschutzorganisationen erhalten, die mithelfen einen fairen Preis zu erklären. Die faire Milch soll in die Regale der Geschäfte gelistet werden, denn beim Milchpreis sitzen Erzeuger und Verbraucher im gleichen Boot, so Schaber. Nur dann bleiben im ländlichen Raum die Milchproduktion und damit die Landschaft erhalten, wie wir sie kennen. Vor allem in den Mittelgebirgen gibt es zur Milchproduktion keine ökonomische Alternative.

Lesestoff:
www.diefairemilch.de

roRo

[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige Grüne Woche mit dem Suchbegriff „IGW-09“ anzeigen lassen]

Zurück