Milch kann noch grüner werden

Landwirtschaft

Studie zur Umweltwirkung der Milchproduktion

Milch ist gesund, hat aber durch ihre aufwändige Erzeugung, Verarbeitung und Distribution zum Teil erhebliche Wirkungen auf die Umwelt. So trägt der Verbrauch von Milchprodukten zu etwa drei Prozent an den in Deutschland anfallenden Treibhausgasemissionen bei und ist zu 8,5 Prozent an der Anreicherung von Nährstoffen in Böden beteiligt. Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) hat gemeinsam mit dem Verband der Deutschen Milchwirtschaft e. V. (VDM) und dem Milchindustrie-Verband e. V. (MIV) untersucht, wie hoch die konkreten Belastungen für die Umwelt durch die Milcherzeugung in Deutschland sind und wie Landwirte, Molkereien und Verbraucher diese senken können.

Als größtes Problem der Erzeugung stellten die Wissenschaftler die zunehmende Verlagerung der Futterherstellung vom Grünland auf den Acker heraus. Laut Bericht hat sich die pro Liter Milch genutzte Grünlandfläche von 1990 bis 2010 fast halbiert, während der Ackerflächenbedarf im gleichen Zeitraum um ein Drittel angestiegen ist. Die Menge an Importfuttermitteln stieg im gleichen Zeitraum um 120 Prozent. Gerade der Verlust an Grünland ist nach Ansicht der Wissenschaftler mit negativen ökologischen Folgen verbunden, etwa mit einer verringerten Artenvielfalt und höheren Nährstoffeinträgen. Die Wissenschaftler raten hier zum Umdenken, auch deshalb, weil durch diese Entwicklung wertvolle Ackerflächen für den Anbau von Lebensmitteln verloren gingen. Grünland könne dagegen ausschließlich von Wiederkäuern zur Lebensmittelherstellung genutzt werden.

Positiv wirkte sich dagegen auf der Erzeugerseite die deutlich gestiegene Milchleistung pro Kuh aus. Durch die höhere Leistung reduzierten sich die Treibhausgasemissionen pro erzeugter Tonne Milch im untersuchten Zeitraum um ein Fünftel, nährstoffanreichernde Emissionen gingen sogar um fast 30 Prozent zurück. Auch auf Ebene der Verarbeitung wurde eine positive Entwicklung festgestellt. So konnten die deutschen Molkereien ihren durchschnittlichen Energiebedarf je Tonne verarbeiteter Milch in 20 Jahren um 16 Prozent senken. Dennoch sehen die Wissenschaftler auch in diesem Bereich noch großes Potenzial für weitere Einsparungen. Sie kalkulieren, dass Molkereien mit einer wärmegeführten und mit Holzhackschnitzeln betriebenen Kraftwärmekopplungsanlage gegenüber Anlagen mit fossilen Brennstoffen bis zu 95 Prozent an Treibhausgasemissionen einsparen könnten.

Weniger relevant als erwartet scheint dagegen die Anlieferentfernung vom Erzeuger zur Molkerei für die Umweltbilanz zu sein. Der Unterschied zwischen lokaler und überregionaler Anlieferung veränderte die Treibhausgasbilanz nur um wenige Prozentpunkte. Einen wesentlich größeren Einfluss auf die Ökobilanz hat dagegen die Auslieferung der Milchprodukte an den Handel und die weitere Distribution an den Verbraucher. Verantwortlich dafür sind große Transportentfernungen, die erforderliche geschlossene Kühlkette und die ungünstige Lagerungsdichte einiger Produkte wie z. B. bei Joghurt. Zur Optimierung empfehlen die Forscher eine möglichst effiziente Logistik und verbrauchsgünstige Transportfahrzeuge.

Großen Einfluss auf die Umweltwirkung haben auch die Kühlsysteme im Einzelhandel. Auch gibt es Spielräume zur Optimierung, etwa durch geschlossene Kühlregale und energieeffiziente Kühlanlagen. Einen wesentlichen Umweltbeitrag können auch Verbraucher in der Wertschöpfungskette Milch leisten. Vor allem unnötige Pkw-Fahrten fallen stark ins Gewicht. So verschlechtert eine Autofahrt für einen Liter Milch die Treibhausgasbilanz des Produkts um 50 Prozent. Auch möglichst geringe Verluste von Milchprodukten im Haushalt entlasten die Umwelt. Im Mittel landen etwa sieben Prozent aller Milchprodukte im Abfall. Gelingt es, diesen Anteil um ein Prozent zu senken, verbessert man die Ökobilanz der konsumierten Milchprodukte immerhin um sechs Prozent.

Jürgen Beckhoff, www.aid.de

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