Milch-Lieferbedingungen jetzt offiziell in der Kritik
Landwirtschaft
Bundeskartellamt will andere Milch-Lieferverträge
Nur wenige Tage vor dem Branchengipfel Milch in Berlin hat das Bundeskartellamt in Bonn seine eigene Tagesordnung geschrieben. Vor dem Hintergrund der Milchpreiskrise sind vor allem die Lieferbedingungen an die Genossenschaften unter Druck geraten. Milcherzeuger müssen alle Milch an die Genossenschaft liefern, die sich im Gegenzug verpflichtet, alle Milch abzunehmen. So findet keine nachfrageorientierte Milchmengenlieferung statt, die bei einem Überangebot reduziert werden kann.
Dazu stellt das Bundeskartellamt am Montag in einem Sachstandspapier fest, dass beide Verpflichtungen zwar einen Nexus bilden, es aber keine kartellrechtliche Verfügung gegen die Abnahmepflicht der Molkerei geben könne. Das sei eine unternehmerische Entscheidung. Allerdings sei die Ausschließlichkeit der Andienung bedenkenswert. Andreas Mundt, Präsident des Kartellamtes: „Es gibt so gut wie keine Wechsel der Molkerei. Das ist problematisch für die Landwirte und behindert mögliche Newcomer auf Molkereiseite oder Molkereien, die ihre Tätigkeit ausdehnen wollen. Ebenso weit verbreitet ist es, dass der Milch-Auszahlungspreis erst nach der Lieferung festgesetzt wird und sich an Referenzpreisen und Marktinformationssystemen orientiert. Wir wollen jetzt die Diskussion mit der Branche über mögliche wettbewerbliche Alternativen intensivieren.“
Außerdem werden die langen Kündigungsfristen und langen Laufzeiten der Verträge kritisiert.
Das Sachstandspapier enstand als Musterverfahren gegen das Deutsche Milchkontor, kann aber auf alle Molkereien übertragen werden.
Die Verbände haben jetzt Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Der Deutsche Raiffeisenverband hat das gleich öffentlich getan und widerspricht der Einschätzung heftig: „Die Vollablieferungspflicht des Mitglieds und die Vollabnahmepflicht der Genossenschaft geben einerseits dem Milcherzeuger im ländlichen Raum Sicherheit. Dieser Aspekt gewinnt gerade angesichts zunehmend schwankender Märkte und Preise erheblich an Bedeutung. Andererseits erhält die Genossenschaft eine betriebswirtschaftlich belastbare Grundlage zur Absatz- und Investitionsplanung, die für die bestmögliche Verwertung der Mitgliedermilch und zur Zukunftssicherung der Erzeugerbetriebe unabdingbar ist. Die Infragestellung der angemessenen gegenseitigen Rechte und Pflichten würde das bewährte gemeinsame Vermarktungsmodell der genossenschaftlichen Milchwirtschaft ernsthaft gefährden sowie deren Stellung gegenüber der Nachfragemacht des Handels und gegenüber ausländischen Mitbewerbern schwächen. In der Konsequenz könnte eine kontinuierliche und nachhaltige Versorgung der Verbraucher mit deutschen Milchprodukten beeinträchtigt werden. Die Mutmaßung des Bundeskartellamtes, es gebe eine Abschottung des Rohmilchmarktes gegenüber neuen Molkereien, ist für den DRV angesichts des in den letzten Jahren zunehmenden Engagements ausländischer Unternehmen auf dem deutschen Markt nicht nachvollziehbar.“
Der DRV sieht die Strukturen der genossenschaftlichen Molkereien in Gefahr.
roRo