Milcherzeuger: Überholspur oder Abstellgleis?

Landwirtschaft

EU-Milchpaket mit unterschiedlicher Resonanz

Das Milchpaket der EU nimmt langsam Formen an. Neue Regeln für die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Milchbauern hat die EU jetzt vorgelegt und müssen vom Parlament und dem Rat noch bestätigt werden.

Marktstärkung

Im Wesentlichen geht es um die Marktstärkung der einzelnen Milchbauern gegenüber den Molkereien. Vor allem für die Zeit ab 2015, wenn die Milchquote wegfällt. Die neuen Regeln sehen vor, dass Erzeugergemeinschaften mit den Molkereien Verträge aushandeln können. Die Mitgliedsstaaten dürfen frei entscheiden, ob solche Verträge erlaubt sind.
Die Erzeugergemeinschaften dürfen nicht mehr 3,5 Prozent der europäischen Milchmenge bündeln oder nicht mehr als 33 Prozent der national produzierten Milchmengen. In Ländern, die weniger als 500.000 Tonnen Milch produziert wird, dürfen die Erzeugergemeinschaften bis 45 Prozent der nationalen Milchmenge bündeln.
Die Verträge müssen vor der ersten Lieferung ausgehandelt sein und den Milchpreis, das Zahlungsziel und Vereinbarungen über die Milchsammlung beinhalten. Im Februar 2012 soll das Parlament abschließend über diese Regeln abstimmen.

Überholspur…

Der europäische Bauern- und Genossenschaftsverband Copa-Cogeca begrüßt die Regeln. Die Marktsituation würde sich für die Milchbauern verbessern. Copa-Cogeca-Generalsekretär Pekka Pesonen erinnert an die letzte Milchkrise, die dem Milchmarkt rund 10 Milliarden Euro Verlust eingebracht hat. Mit den neuen Regeln würden die Milchbauern nicht nur einen Bruchteil des Marktpreises erhalten. Dazu müssen Erzeugerzusammenschlüsse gestärkt werden, die Mindestanforderungen aufstellen können.
Henri Brichart, Vorsitzender der Copa-Cogeca-Milchabteilung
, warnt jedoch, dass die Regeln nicht alle Probleme des Milchsektors werden lösen können. Man müsse weiterhin auf Intervention und private Lagerhaltung zur Marktregulierung zurückgreifen müssen. Diese Werkzeuge müssten flexibler als bisher eingesetzt werden können.

… oder Abstellgleis?

Auf ein Abstellgleis geschoben sieht Romuald Schaber, Präsident des European Milk Boards (EMB), die Milchbauern: „Die europäischen Milchbauern sind sehr enttäuscht“, kommentierte er die Regeln. Die Bauern würden nicht gestärkt in die quotenfreie Zeit gehen. Zum einen liege das daran, dass die Verträge nicht europaweit verbindlich sind. Wenn jedes Land selbst entscheidet, ob die Verträge verpflichtend sind, könne die Position der Milchbauern nicht verbessert werden. Auch Mitglieder von Genossenschaften dürfen solche Verträge nicht abschließen, so dass nur ein Teil in den Genuss der Regeln komme.
Zum anderen sei die Bündelungsgrenze zu niedrig. „Denn der Marktanteil vieler Molkereien übersteige diese Bündelungsgrenzen bereits um ein vielfaches“, so Schaber. So stehen weiterhin große Molkereien kleinen Erzeugergemeinschaften gegenüber.
Das EU-Parlament hatte eine Bündelungsgrenze von 40 Prozent vorgeschlagen und EU-weite-Verpflichtung der Verträge. „Die Vorschläge des EU-Parlaments habe bei diesem so genannten Kompromiss mit Kommission und Ministerrat unglaublich viele Federn lassen müssen“, erklärte Schaber weiter.
Die Regeln sehen auch vor, dass mit der „geschützten Ursprungsbezeichnung“ oder der „geschützten geografischen Angabe“ das Angebot geregelt werden könne. Das hält Schaber für ein Feigenblatt, denn eine Angebotsregulierung müsse den ganzen Markt betreffen, sonst wirke sich nicht, und „sonst rasen insbesondere die Erzeuger – ungebremst der nächsten Krise entgegen.“

roRo

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