Milchforum in Polen

Landwirtschaft

15. Forum der Milchgenossenschaften in Warschau

Milchforum Polen

In seiner Rede hat EU-Agrarkommissar Phil Hogan die polnische Milchwirtschaft mit mehr als 130.000 mehrheitlichen Familienbetrieben als „Kraftwerk“ der europäischen Milcherzeugung bezeichnet. In Serock bei Warschau fand zwei Tage lang das 15. Forum der Milchgenossenschaften statt. Die EU habe mit ihren Milchpaketen über die Milchkrise hinweggeholfen. Dazu zählt die private Lagerhaltung für Butter und Magermilch. Von den mehr als einer Milliarde Euro Agrarhilfen wurden 51,5 Millionen Euro zwischen Oktober 2015 und Juli 2016 an polnische Milchbauern ausgezahlt. Für die freiwillige Reduktion der Milchproduktion standen 150 Millionen Euro zur Verfügung, die den Markt um 1,07 Millionen Tonnen entlastet haben. In Polen haben 3.400 Milcherzeuger für ihren Beitrag 5,2 Millionen Euro erhalten.

Hogan betont gerade in Polen die Unterstützung Europas, weil er ihr den positiven Preiseffekt der letzten Wochen zuschreibt. Seit August 2017 liegt der durchschnittliche Hofpreis mit 35,1 Cent pro Kilo Milch neun Prozent über dem Niveau der letzten fünf Jahre. Und das, obwohl die EU gegenüber Juli 2016 rund 1,7 Prozent mehr Milch, auch in Polen (+ 4,5 Prozent), erzeugte. Das ist durchaus kritisch, denn die EU wird ihre Magermilchbestände nicht los. Zur Marktentlastung wurden bislang 350.000 Tonnen eingelagert. Zehn Prozent davon in Polen. „Die Herausforderung besteht darin, einen Kunden zu finden, der Pulver zu einem Preis kauft, der den Markt nicht stört, erklärte Hogan. Allein in der letzten Septemberwoche wurden erneut 11.500 Tonnen für die Einlagerung angeboten. Wenn sich in den nächsten Monaten nichts ändere, wird die EU ab März 2018 weitere 109.000 Tonnen zu einem Festpreis einlagern müssen, so Hogan. Mehr werde es aber nicht geben. Die Verantwortung liege beim Agrarrat. Für Hogan stellt die Lagerhaltung die letzte Möglichkeit der Marktstabilisierung sein.

Butterpreise

Milch-Rundblick

In Italien steigt die Milchproduktion bei ebenfalls steigenden Preisen und bieten sich neue Chancen für den Export. In zwei Monaten soll ein Herkunftslabel italienische Milch kennzeichnen. In Deutschland stagniert der Absatz an Konsummilch. Die Nachbarländer zeigen sich besorgt über den neuen Trend „GVO-freie Milch“, der allein durch den Handel vorangetrieben wird. Sorgen bereitet auch der Brexit. Großbritannien ist Nettoimporteur von Milch und Molkereiprodukten; hauptsächlich aus Frankreich, gefolgt von Irland und Deutschland. Sollten Zölle eingeführt werden, führe das zu einem Marktungleichgewicht, weil die Absatzmengen sich neue Wege suchen müssten. Kuba hat 30 polnischen Molkereien die Exportlizenz für Molkereiprodukte im Sommer 2017 verlängert.

Teurer wird für Konsumenten jetzt die Trinkmilch in Deutschland. Nach Angaben der Lebensmittel-Zeitung haben Aldi Nord und Aldi Süd bei den Trinkmilchverträgen Preiserhöhungen der Molkereien akzeptiert. Damit wird der konventionelle Liter Milch mit 3,5 Prozent Fett in der Kartonverpackung wieder deutlich mehr als 70 Cent kosten. Inzwischen verfügen aber praktisch alle Discounter über höherpreisige Alternativen. Gerade hat Aldi Süd „Meine Landmilch“ in der PET-Flasche mit 3,8 Prozent für 89 Cent pro Liter eingeführt.

Skepsis gegen Konzernlabel

Mit Coca Cola, Mars, Mondelez, Nestlé, Pepsico und Unilever haben sich sechs namhafte Lebensmittelkonzerne zu einer „Evolved Nutrition Label Initiative“ zusammengeschlossen. [1]. Am Ende soll eine im März 2017 gegründete TaskForce eine robuste Nährwertkennzeichnung als Orientierungshilfe für Verbraucher gefunden haben. Basis soll das in Großbritannien eingeführte Ampel-System sein. Pünktlich zur polnischen Tagung hat die European Dairy Association (EDA) die Ziele als wenig hilfreich kritisiert. Die britische Ampel kennzeichnet portionsabhängig und nicht nur auf der Basis von 100 Gramm, bewertet ausschließlich die Gehalte an Fett, gesättigtem Fett, Zucker und Salz und ignoriert dabei wichtige Bestandteile wie Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. Solche selektiven Parameter seien als Orientierung für eine ausgewogene Ernährung falsch angelegt. Gerade Milch und Molkereiprodukte sind nach EDA-Generalsekretär Alexander Anton wichtige Bestandteil der Ernährung in ganz Europa. Die Aktion der Unternehmer würde die Produkte der Milchwirtschaft mit ihren qualitativen Proteinen falsch deklarieren. „Es geht ordentlich etwas schief, wenn ein System Sodawasser besser als Milch bewertet“, so Anton.

Erzeugungskosten Milch

Milch-Markt

In den ersten acht Monaten 2017 ist die Erzeugung von Butter und Magermilchpulver um fünf und 8,5 Prozent zurückgegangen. Die Produktion von Käse hat in der EU um nahezu zwei Prozent zugenommen. Neben Polen haben vor allem Rumänien und Bulgarien ihre Milchanlieferungen deutlich erhöht. Ab März 2017 liegt die Anlieferung auch saisonal betrachtet über dem Niveau der letzten drei Jahre. Im zweiten Quartal lagen EU-weit die Erzeugungskosten erstmals seit dem dritten Quartal 2014 wieder unter dem Milcherlös. Auf dem Weltmarkt gilt China als Treiber steigender Nachfrage. Gegenüber der Vorjahresperiode 71.000 t Butter (+ 19 Prozent), 79.000 t Käse (+ 23), 185.000 t Magermilchpulver (+ 29) und 373.000 t Vollmilchpulver (+ 11 Prozent) in das Reich der Mitte. Bei Mager- und Vollmilchpulver hat in den ersten acht Monaten Algerien (113.000 t, +47 % und 192.000 t, + 29%) zugeschlagen.

Künftig noch besser?

In Warschau war das Thema Lieferverträge nicht das entscheidende Thema. Doch in Brüssel zeichnet sich ab, dass es auch bei den genossenschaftlichen Verträgen künftig Änderungen geben kann. Die Kommission hat sich nach Angaben von MEG Milch Board schon ab dem 01. Januar 2018 auf verpflichtende Lieferverträge inklusive Angaben von Mengen und Preise geeinigt. Dann bräche für die Milchwirtschaft eine neu „Ära“ an, freut sich Vorstandsvorsitzender Peter Guhl. Guhl appelliert an den Bundeslandwirtschaftsminister: „Wir gehen davon aus, dass Deutschland klare Rahmenbedingungen für die zukünftigen Vertragsverhandlungen vorgibt.“

„Das sich die Bundesregierung entgegen ihrer ursprünglichen Vorbehalte dafür in Brüssel stark gemacht hat, ist sehr zu begrüßen“, ergänzt Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM). Die Reform des Sicherheitsnetzes solle dadurch aber nicht ersetzt werden.

Der Bund hat in der Zeit der Regierungsfindung eine neue Aufgabe: Er muss eine nationale Regelung für die Umsetzung finden, damit einzelne Milcherzeuger nicht den Klageweg beschreiten. Wird es eine Spannbreite von Preisen und Mengen geben? Was ist mit Übermilch und fehlender Liefermenge?

Lesestoff:

[1] http://evolvednutritionlabel.eu/

Roland Krieg; Foto: Konferenzseite; Grafiken: EU-Kommission

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