Milchhygiene beim Automaten

Landwirtschaft

Leitfähigkeit statt Augenschein

>Der Milchausstoß bei Kühen wird hormonell geregelt. Ganz früher wurde dabei das Euter durch die Melkerhände stimuliert, heute reicht den Kühen das Geräusch der Melkmaschine. Bevor die Milch in den Eimer kam oder das Melkgeschirr angelegt wird, streichen die Bauern einen Strahl Milch auf die Handfläche. Damit wird die erste Milch, die im Strichkanal steht und mit den Bakterien der Außenwelt in Berührung kommt, abgemolken und per Augenschein wurde die Qualität erfasst: Farbe, Konsistenz und ob Flocken zu sehen sind, die auf eine veränderte Milch hinweisen könnten. Mit diesen Schritten werden Qualitätskontrolle, Eutergesundheit und Tierpflege beim so genannten ?Vormelken? zusammen gefasst.

Milchhygiene bei AVM
Bei den automatischen Melkverfahren (AVM) in den großen Beständen bleibt für diese intensive Betreuung meist keine Zeit. Veränderungen der Milch werden meist über ihre elektrische Leitfähigkeit bestimmt - seltener über Farbveränderungen. Die Messungen jeden Euterviertels sind allerdings in ihrer Empfindlichkeit noch unzureichend, wie der aid Infodienst aus Bonn jetzt berichtete. Neue Verfahren sind noch in der Erprobungsphase. Ein weiteres Problem ist die Zitzenreinigung nach dem Melken. Bei AVM erfolgt sie über Bürstensysteme oder separate Reinigungsbecher. Allerdings lässt sich dieses System nicht an den individuellen Verschmutzungsgrad der Kuh anpassen, noch gibt es eine Überprüfung des Reinigungseffektes. Die Reinigungserfolge sind je nach Herstellerfirma und Betriebsführung unterschiedlich. Unzureichende Erneuerung der Bürsten, kaltes statt warmes Wasser, ungenügende Melkfrequenz, sowie Kühe, die sich an Melkroboter nicht gewöhnen können, haben genauso negative Auswirkungen auf die Sauberkeit der Kühe, wie eine unzureichende Anzahl an Liegeboxen für die Tiere, zu seltene oder zu wenig Einstreu. Es kann auch an fehlender Selektion auf Eutergesundheit während der Zucht liegen.
Hohe Keimgehalte in der Milch können sich zudem aus der unzureichenden Reinigung der Melkanlage ergeben. Dazu gehört auch der Milchtank und seine Leitungen.
Insbesondere Keime, die auch Wärme überstehen, thermodure Keime, können die Pasteurisierung überleben und die Haltbarkeit von Milchprodukten beeinträchtigen.
In einem Beitrag des Instituts für Hygiene und Produktsicherheit der Forschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in den Kieler Milchwissenschaftlichen Forschungsberichten wird ausgeführt, dass die Systemreinigung in den Betrieben noch verbessert werden kann. Deshalb gilt es, vor der Hauptreinigung den Milchfilter zu entfernen und nach der Reinigung einen neuen Filter einzusetzen. Bei Einhaltung sämtlicher Reinigungsparameter können dauerhaft niedrige Keimzahlen erreicht werden. Als Parameter gelten dabei Zeitdauer, Temperatur, Reinigungslösung und auch Turbulenzen im Rohrsystem.
Aus hygienischer Sicht muss ?früher? nicht automatisch alles besser gewesen sein. Sauberkeit und Hygiene ist vornehmlich eine Managementaufgabe des Betriebsleiters. Ein Schmutzfink wird keine sauberen Tiere halten und keine einwandfreie Milch an die Molkereien liefern.

Keime und Zellen in der Milch
Der Keimgehalt der Milch gibt an, wie viele Mikroorganismen in einem Milliliter Milch vorhanden sind. Das sind in der Regel Bakterien, aber auch Hefe und Pilze. Milch in gesunden Eutern ist keimfrei. Die unerwünschten Mikroben kommen von außen in die Milch, wobei schmutzige Zitzen die ergiebigste Quelle sind. Aus dem Strichkanal oder aus erkrankten Eutern gelangen die wenigsten Keime in die Milch. Zellen in der Milch sind natürlich. Das milchbildende Gewebe des Euters ist aus Zellen aufgebaut, die sich wie unsere Körperzellen ständig erneuern. Daher gehören Zellgehalte zwischen 20.000 und 120.000 je ml Milch zu einem gesunden Euter.
Zellgehalt und elektrische Leitfähigkeit können als Qualitätsmerkmal für Milch hinzugezogen werden. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Zellgehalt, bakteriologischem Befund und Eutergesundheit.
Die elektrische Leitfähigkeit wird in Siemens gemessen (mS/cm) und resultiert aus den in der Milch vorhandenen Elektrolyten. Deren Konzentration wird durch die Blut-Euter-Schranke geregelt und ist abhängig vom Fettgehalt der Milch, von der Temperatur und dem Laktationsstadium. Bei einer Entzündung des Gewebes verändert sich die Durchlässigkeit dieser Schranke und die Anzahl der Natrium- und Chlorid-Ionen steigt - und damit die Leitfähigkeit.

roRo

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