Milchpreise werden neu verhandelt

Landwirtschaft

BDM beendet den Lieferboykott

MilchdemoMehr als 7.000 Milchbauern haben sich am Donnerstag Nachmittag vor dem Brandenburger Tor versammelt und damit den zehntägigen Lieferboykott bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) mit einem Medienhöhepunkt ausklingen lassen. Der BDM rief zum Ende des Lieferstreiks auf. Bayerns Agrarminister Josef Miller zeigte sich „erleichtert“ und erwartet nun, dass die angekündigten Preiserhöhungen auch an die Bauern weiter gegeben werden.
Parallel zur Veranstaltung haben alle Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels angekündigt, die Milchpreise neu verhandeln zu wollen. Derweil ruderte Lidl ein wenig zurück: Gegenüber dem Fokus äußerte sich Klaus Gehring, Chef der Schwarz-Gruppe, dass Lidl die höheren Preise nur dann dauerhaft zahlen könne, wenn die anderen Discounter mitziehen.

Milchviehhalter der Nation
Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Europaabgeordneter der Grünen, ehrte Romuald Schaber vom BDM als „obersten Milchviehhalter der Nation“, denn „friedlich, ruhig und mit eiserner Konsequenz“ hat er das erreicht, was die Bauern schon seit Jahrzehnten einmal tun wollten: Mit einem massiven Streik auf sich und ihre Nöte aufmerksam machen. Der Streik ist nicht nur für die Bauern wichtig gewesen, so Baringdorf, sondern für die ganze Gesellschaft: „Eine Gesellschaft, die mit ihren Bauern Schlitten fährt, macht es nicht mehr lange.“
Baringdorf erinnerte jedoch daran, dass mit dem Erfolg, 43 Cent für den Liter Milch zu bekommen, nur ein Etappenziel erreicht ist. „Der Kampf ist noch nicht zu Ende.“ Angesichts der solidarischen Lieferstreiks in Luxemburg, Belgien und den Niederlanden könne die Politik nicht mehr zur Tagesordnung übergehen, Die bayrischen CSU-Politiker kämen schon vor der Landtagswahl 2009 bereits heute nicht mehr aus dem Kuhstall heraus. „Ohne die Bauern“, ist sich Baringdorf sicher, erziele die CSU die absolute Mehrheit mehr. So käme auch die EU durch die Vorarbeit des deutschen Lieferstreiks nicht mehr darum herum, über eine Verlängerung der Quotenregelung nachzudenken.
Entscheidend sei, dass in den nächsten Jahren daran gearbeitet werde, welche bäuerlichen Strukturen bei welchen Produktionsbedingungen welche Preise brauchen.

Angebot und Nachfrage balancieren
Herd-und-Hof.de sprach auf der Veranstaltung mit Hans Foldenauer, Sprecher des BDM und Geschäftsführer des European Milk Board über die langfristigen Perspektiven des Streiks. Schließlich fand im vergangenen Jahr die Hausse des Milchpreises nach sechs Monaten bereits ein Ende. Und genau da müsse man aufpassen, dass es nicht wieder so läuft, sagte Foldenauer. Das langfristige Ziel, ist die Balance zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen. Das heutige Preisziel ist nur eine Etappe.
Agrarminister Horst Seehofer will so schnell wie möglich auch den BDM zu einem Milchgipfel einladen. Derzeit haben, so Foldenauer weiter, die Milchbauern gute Chancen auch die aktive Mengenregelung durchzusetzen. Das gilt nicht nur für Deutschalnd, sondern durch die Unterstützung in den Nachbarländern auch europaweit. Angesichts der fortschreitenden Molkereikonzentrationen, dürfe der Milchgipfel diesen Prozess nicht forcieren. Alle Milchbauern, nicht nur die bäuerlichen, bräuchten so viele Molkereien wie möglich.
Das der Milchpreis an die lagerfähigen Produkte Butter und Pulver gekoppelt ist, sei bereits ein Systemfehler, denn in Butter wird nur verarbeitet, wenn es bereits Mengenüberschüsse auf dem Markt gebe. Da helfe es auch nicht, wenn man den Käsepreis als neuen Referenzwert nehme. Der Markt müsse so geregelt werden, dass nur das produziert, was auch verbraucht wird, so Foldenauer.

Ein „bisschen besser“ geht nicht
Der Preis alleine wird den Bauern auf Dauer nicht helfen. Bislang haben sich Strukturen eher nach den Preisen und nicht die Preise nach den Strukturen gerichtet. Alles steht und fällt mit der Fortführung oder Etablierung der bestehenden oder einer veränderten Mengenregelung, sagte ein französischer Vertreter zu Herd-und-Hof.de. Hinter der Preisforderung steht viel mehr auf dem Spiel, was BDM-Mitglied Gabriele Stockhoff formulierte. Es geht um lebendige Dörfer, um Läden in den Dörfern, das Leben auf dem Land.

Roland Krieg

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