Millionen Dollar für sauberes Trinkwasser

Landwirtschaft

Giftige Algenblüte in Lake Champlain

Südlich von Montreal liegt der Lake Champlain und ist der achtgrößte Binnensee der USA. Vor exakt 200 Jahren, am 11. September 1814 warf Commodore Thomas Macdonough von der amerikanischen Flotte auf dem Lake Champlain die von Montreal aus eindringenden Engländer zurück.

Die wirklichen Ungeheuer

Weltweit bekannt wurde der See, nachdem ein „Seeungeheuer“ in ihm entdeckt wurde, das heute eine Touristenattraktion ist. Die Region um den See wirbt auch aktuell um die Gunst für den nächsten Herbsturlaub mit Fischen und Schwimmen sowie Boot fahren. Doch die wirklichen Ungeheuer im Lake Champlain sind fädig und von blau-grüner Farbe. Lateinisch sind sie den Anabaena-Arten zuzuordnen. Das sind Cyanobakterien, von denen einige Arten das Nervengift Anatoxin bilden können. Und von denen bilden Milliarden Algen blau-grüne Teppiche in den Buchten des Lake Champlain, so dass der Staat Vermont einen Algenticker für die Besucher und Bewohner eingerichtet hat [1].


45 Millionen US-Dollar

Die Reinigung des Lake Champlains hat derzeit die höchste Priorität in Vermont. In den nächsten fünf Jahren wird das amerikanische Landwirtschaftsministerium mit 45 Millionen US-Dollar so viel Geld bereit halten, wie während der letzten zehn Jahre zusammen, verkündete US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack bei einem Ortstermin Anfang September. Vilsack hat auch die Hauptschuldigen ausgemacht: Phosphor aus Wirtschafts- und Mineraldünger, der aus den Böden in den See ausgewaschen wird. Vilsack will den Farmern helfen, den Abfluss von Phosphor in den See zu unterbinden. Dafür sollen Pufferbecken für Erosionswasser gebaut, die Bewässerungssysteme modernisiert werden und die Farmer sollen Deckfrüchte anbauen, damit es überhaupt nicht erst zur Erosion komme.

Die Maßnahmen bleiben eine freiwillige Aufgabe der Farmer, was in den letzten vier bis fünf Jahren schon zu Verbesserungen geführt habe. Clark Hinsdale vom Farmer-Büro in Vermont unterstützt den Ansatz. Die Bauern wollen dem See helfen, sind aber von den wirtschaftlichen Bedingungen abhängig. In guten Jahren setzen sie Maßnahmen um. Effektiver sei die Hilfe, wenn der Staat die Maßnahmen unterstütze.

Larry Myott hingegen ist skeptisch, dass der freiwillige Ansatz hilft. Er ist Mitglied beim Franklin County Wassersystem-Komitee. Er arbeitet seit mehr als 50 Jahren an diesem und dem Nachbarsee Lake Carmi. So schlimm wie jetzt sei es in dieser Zeit noch nie gewesen.

St. Albans Bay

Aktuell zeigt die Bucht St. Albans im Algenticker die höchste Warnstufe. Das Wasser gilt als nicht verwendbar für die Bewässerung. Die Menschen sollen den Kontakt mit dem Algenwasser vermeiden. Vergleichbares geschieht in Toledo im US-Bundesstaat Ohio nahezu an jedem Wochenende. Dort hat der Governor einen Notstand ausgerufen und die Nationalgarde hat Trinkwasser in Flaschen verteilt. David Mears vom Vermont Umwelt Department sieht vergleichbare Risiken für die Bucht von St. Albans und macht ebenfalls den Phosphor aus der Landwirtschaft dafür verantwortlich.

Phosphor-Rückgewinnung

Diese Bucht und die allgemeine Algenblüte sind in dieser Region sind nichts Neues. Schon im letzten Jahr haben die Cyanobakterien Badeurlaubern das Schwimmen vermisst, wie ein Rückblick im „Rutland Herald“ aufzeigt. Jedes Mal, wenn die Sonne das nährstoffreiche Wasser erwärmt, blühen die Algen.

Tim Camisa aus St. Albans hat sich rund 10.000 Seiten Berichte über die Wasserqualität aus den letzten 50 Jahren angesehen. Am Ende hat er mit seinem Partner Mike Rooney die Vermont Organics Reclamation Inc gegründet. Auf dem Grundstück gleich neben der weltberühmten Eisfabrik von Ben & Jerry.

Camisa und Rooney begannen mit der Milchfarm von Rolland Rainville in Franklin und kauften ihm seinen Wirtschaftsdünger ab. Rainville nimmt an einem Programm zur Verbesserung des Wirtschaftsdüngers teil. Dieser wird separiert, getrocknet und gepresst. Rund 20 Prozent des Phosphors kann auf diesem Weg wieder gewonnen werden. Zusammen mit Mutterboden wird dieser wertvolle Dünger an eine Gärtnerei verkauft. Zwischen 8.000 und 30.000 US-Dollar kann Rainville pro Jahr aus seinem Kuhmist extrahieren. In den nächsten Jahren will Camisa rund 10 Tonnen Phosphor pro Jahr als Wertstoff vom Lake Champlain fernhalten und verkaufen [2].

Ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Staat Vermont hat in den letzten Jahren bereits Millionen US-Dollar für einen sauberen Lake Champlain ausgegeben – und leidet aktuell noch immer an der Algenblüte.

Lesestoff:

[1] https://webmail.vdh.state.vt.us/vttracking/bluegreenalgae/d/

[2] www.vermontorganics.com

Roland Krieg, Foto: USDA

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