Mit dem Göttinger Fahrradlenker Lärchen setzen

Landwirtschaft

Aufforstung mit Lärchen in der Försterei Peitz

Der Wald ist voller Geschichten, Sagen und Mythen. Manchmal sogar schon lange bevor der erste Schatten der Bäume auf die Erde fällt. Beim Pflanzen beispielsweise. So wurde am Mittwoch in Pinnow, einem kleinen Ort nördlich von Cottbus zwischen Lieberose und Guben, mit dem Göttinger Fahrradlenker ein Maisfeld mit Lärchen aufgeforstet.

Rudern für eine Lärche

Begonnen hatte alles auf der Internationalen Grünen Woche. Am Stand des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR) konnten Besucher in diesem Jahr mit einem Rudergerät eine virtuelle Flussstrecke zurücklegen. Alle Hundert Meter wurde ein zunächst virtueller Baum „errudert“. In zehn Messetagen kamen unter dem Motto „Nachhaltige Forstwirtschaft“ 7.621 Bäume zusammen. Nun wurden die virtuellen Bäume in der Oberförsterei Peitz mit einer Baumpflanzaktion Realität.
Im letzten Jahr hatte noch ein Pächter Mais auf der 10 Hektar großen Fläche angebaut. Die hohen Stoppeln sind auf dem kargen Boden mit vielen kleinen Steinen noch vorhanden. Im Verlauf von 14 Tagen wird die Fläche, die der Försterei Peitz gehört, mit Eichen, Kiefern und Robinien aufgeforstet. Und mit den 7.621 Lärchen, die sich der DFWR für das Einlösen des Versprechens aus dem Ruderwettbewerb ausgesucht hat. Die Europäische Lärche (Larix decidua) ist der Baum des Jahres 2012 und der einzige heimische Nadelbaum, der auch noch als einziger Nadelbaum seine Nadeln im Herbst abwirft. Die Europäische Lärche ist ein Pionierbaum und daher für karge Flächen wie bei Pinnow oder auch für die nahen Tagebauflächen geeignet. Larix decidua ist ein Baum der Mittel- und Hochgebirge und schließt oftmals die Baumgrenze nach oben ab.

Mehr Wald

Nach DFWR-Präsident Georg Schirmbeck steht die Pflanzaktion als Symbol, die Waldfläche in Deutschland zu mehren. Nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern durchaus auch aus wirtschaftlicher Perspektive. Forst und Holz sind ein großer Wirtschaftssektor mit rund 160.000 Betrieben und zwei Millionen Privatbesitzern, die einen Umsatz von 168 Milliarden Euro erzielen und 1,2 Millionen Menschen beschäftigen. Wald wird mit seinem Rohstoff Holz zum wichtigen Träger der Energiewende. Das bedeutet aber auch, dass der Wald genutzt werden muss, weswegen sich der DFWR gegen eine übertriebene Ausweitung der Schutzgebiete ausspricht. Die oft zitierte Holzlücke von 20 bis 40 Millionen Kubikmeter sei auch eine Frage der Definition, erklärte Schirmbeck gegenüber Herd-und-Hof.de. Derzeit werden rund 10 Prozent weniger Holz geschlagen als nachwachse. Wenn allerdings große Sägewerke steigenden Bedarf anmelden, müsse mit waldbaulicher Planung oder Baumartenwahl reagiert werden. Oder mit einer Aufforstung wie im Pinnower Wald.

Förster lieben Wälder

Steigende Holzpreise geben dem Wald neue Werte. Ginge es rein um wirtschaftliche Aspekte, könnte die Oberförsterei Peitz auch eine Kurzumtriebs-plantage (KUP) auf den zehn Hektar Land anlegen. Schnell wachsende Pappeln und Weiden könnten etwa alle vier bis fünf Jahre gehäckselt werden und der Acker steht nachher wieder der landwirtschaftlichen Nutzung offen. Die Aufforstung widmet das Land in Wald um, dass nur noch in Ausnahmefällen wieder landwirtschaftliche genutzt werden darf. Dennoch haben sich die Förster für den Mischwald entschieden. Olaf Magritz vom Landesbetrieb Forst Brandenburg erläutert gegenüber Herd-und-Hof.de, das die Förster keine „Energiewirte“ seien, sondern den Wald mit allen seinen wirtschaftlichen und ökologischen Funktionen bevorzugen1). Zudem braucht die Anpflanzung einer KUP die Verflechtung mit einer ganzen Verarbeitungskette. Sonst könne die KUP nicht vollständig genutzt werden, ergänzte Schirmbeck.

Der Göttinger Fahrradlenker

Bäume können auf vielfältige Arten gepflanzt werden. Wenn es wie nach dem Orkan Kyrill eilt, große Flächen schnell mit Setzlingen zu versehen, können die Wurzeln auch schon mal bloß mit dem Schuhwerk in die Erde gedrückt werden.
Doch zu Beginn einer ordentlichen Anpflanzung steht ein Pflanzloch. Das kann mit verschiedenen Arbeitswerkzeugen vom Spaten bis zur Wiedehopfhaue ausgehoben werden. Sie alle erfordern Schwungkräfte oder mehrteilige Arbeitsgänge. Der Göttinger Fahrradlenker allerdings ist eine Innovation des Instituts für Arbeitswissenschaften der Universität Göttingen und vereint auf raffinierte Weise das Ausheben des Pflanzloches und Andrücken der Erde an die Wurzel. Dabei muss das Gerät nicht über die Schulter geschwungen werden, sondern wird überwiegend mit der Schwerkraft des eigenen Körpers bedient.
Wie ein Spaten wird das Gerät mit dem eigenen Körpergewicht in den Boden getrieben und mit einer vorwärts gerichteten Bewegung am Lenker ein Pflanzspalt erzeugt. Mit einer anschließenden Drehung am Lenker wird daraus das Pflanzloch. Der Forstarbeiter nimmt aus seinem Hüftköcher ein Pflänzchen und setzt es in das Pflanzloch hinein. Beim herausziehen des Göttinger Fahrradlenkers rutscht das Bäumchen noch weiter nach unten auf seinen endgültigen Platz. Etwa 600 Bäumchen können an einem Arbeitstag gesetzt werden.
Der zweite Clou: Rund zehn Zentimeter hinter dem Pflanzloch wird das Gerät ein zweites Mal in den Boden getrieben und am Lenker erst zu sich und dann in Richtung Bäumchen bewegt. Dadurch wird der so genannte „Pflanzkeller“, der noch immer vorhandene Hohlraum unter der Wurzel, mit Erde befüllt und verdichtet. Das sorgt für den Bodenschluss der Wurzel, die dann mit der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen aus dem Bäumchen einen wertvollen Rundstamm machen.

Das dauert seine Zeit – aber Förster planen in längeren Zeiträumen.


300 Jahre Nachhaltigkeit

Schon jetzt bereitet sich der DFWR auf das kommende Jahr vor. Dann jährt sich zum 300. Mal die Begriffsbildung „Nachhaltigkeit“. Heute inflationär genutzt formulierte Hans Carl von Carlowitz 1713 als erster in seinem Buch über die Ökonomie der Waldkultur den Begriff „…kontinuierlicher, beständiger und nachhaltender Nutzung…“2). Der DFWR will das Jubiläumsjahr nutzen, den Forst mit seinen wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen: „Die deutschen Wälder wachsen in Qualität und Quantität“, so DFWR-Präsident Georg Schirmbeck.

Lesestoff:

www.dfwr.de

Frühe Diskussion zur Waldstrategie 2020

Waldstrategie der Bundesregierung mit weiterführenden Links zum Projekt klimaplastischer Wälder und einer Reportage über die Waldkalkung im Harz

Im Wald ist nicht nur der Förster, sondern auch der Jäger. Jagdansichten auch zum Wald-Wild-Konflikt

1) Gerade erst haben Nabu und das BfN eine Naturschutzbewertung für Kurzumtriebsplantagen veröffentlicht

2) „Von den Wurzeln der Nachhaltigkeit“; LWF aktuell 87/2012: www.lwf.bayern.de/waldoekologie/standort-bodenschutz/aktuell/2012/43671/linkurl_1.pdf

Roland Krieg; Fotos: roRo; Große Lärche: A. Roloff (www.baum-des-jahres.de)

Zurück